
Voigtländer Super Nokton. Es ist das derzeit lichtstärkste serienmäßig hergestellte Objektiv der Welt. © Stiftung Warentest / Markus Bautsch
„Bezwinger der Nacht“ nennt Voigtländer sein neues Objektiv. Der Test der Stiftung Warentest zeigt: Super Nokton kann mit einer Legende der Fotografie-Geschichte mithalten.
Eine kleine Fotosensation
Der nächtliche Sternenhimmel, das Porträt bei Kerzenschein, ein Konzert im Schummerlicht – diese Aufnahmen gelingen nur mit einem lichtstarken Objektiv. Optikexperte Voigtländer liefert nun mit dem 1800 Euro teuren Super Nokton 29 mm F0,8 ein Modell mit extrem hoher Lichtstärke bei einer sehr niedrigen Blendenzahl von 0,8. Damit stellt es alle serienmäßig produzierten Objektive in den Schatten (Objektive im Test). Ob die Bildqualität stimmt und den hohen Preis rechtfertigt, hat die Stiftung Warentest im Schnelltest geprüft.
Nur für Kameras mit speziellem Sensor
Der Begriff „Nokton“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „in der Nacht“. Die Festbrennweite eignet sich ausschließlich für Systemkameras mit Micro-Four-Thirds-Bildsensor, etwa von Olympus oder Panasonic (Digitalkameras im Test). Heranzoomen lassen sich weiter entfernte Motive damit nicht. Für seine extreme Lichtstärke ist das Objektiv recht handlich, aber mit rund 700 Gramm ziemlich schwer, denn es beherbergt elf dicke Linsen in einem metallischen Tubus. Das Super Nokton ist nicht wettergeschützt.
Nutzer müssen ohne Hilfsfunktionen auskommen
Es ist ein Objektiv für erfahrene Fotografen, die auch ohne Automatik und digitale Helferlein blendend auskommen. Denn das Super Nokton lässt sich nur manuell bedienen, es hat keine elektrischen Kontakte am Bajonettanschluss. Das Objektiv verzichtet auf elektronische oder digitale Hilfsfunktionen, wie Autofokus, Blendenautomatik oder Bildstabilisierung (ABC der Fachbegriffe). Auch Metadaten kann es nicht ans Kameragehäuse übertragen, so dass die Fotodateien keine Informationen über die verwendete Blendenzahl oder die eingestellte Entfernung enthalten. Abbildungsfehler wie Vignettierung, Verzeichnung oder Farbquerfehler werden nicht automatisch ausgeglichen.
Kleine Herausforderung beim Bedienen
Eine Bedienungsanleitung spart sich der Anbieter. Das ist ärgerlich. Nutzer müssen sich alles selbst erschließen, was zum Beispiel beim Umstellen des Blendenrings für Videoaufnahmen eine Herausforderung ist, weil der danach bei den Standardwerten nicht mehr einrastet. Insgesamt überzeugt die Handhabung jedoch. Der Fokusring lässt sich von der Naheinstellgrenze von 37 Zentimetern bis Unendlich um 180 Grad drehen und ist angenehm schwergängig, so dass der Fotograf die eingestellte Entfernung präzise wählen und sie nicht versehentlich verstellen kann.
Herausragende Bilder – selbst im Dunklen

Im Dämmerlicht. Die ersten Sterne waren beim Fotografieren der Osterglocken schon zu sehen, dennoch hat das Bild einen guten Kontrast und zeigt viele Farbfacetten. © Stiftung Warentest

Die Bildqualität ist top. Im Test lieferte das Objektiv sogar bei fortgeschrittener Dämmerung noch Bilder mit allen Farbdetails und Kontrasten. Die sehr hohe Auflösung und hervorragende Kontrastübertragung in der Bildmitte nimmt zu den Bildecken hin ab – aber auch dort ist die Auflösung erstaunlich gut, Verzeichnung ist kaum ein Thema. Selbst anspruchsvolle Aufnahmen von Sternbildern gelangen im Test.

Sternstunde. Selbst hoch aufgelöste Aufnahmen vom Sternbild Orion gelingen – mit Sternschnuppe. © Stiftung Warentest

Ein paar übliche Mankos zeigen sich
An sehr kontrastreichen Bildbestandteilen zeigen sich Farbränder (Farbquerfehler), die zu den Bildecken hin zunehmen. Den natürlichen Randlichtabfall in den Bildecken verstärkt das Objektiv aufgrund seiner Konstruktion noch ein wenig (Vignettierung) – besonders bei Offenblende. Für Makro-Aufnahmen ist das Super Nokton wegen der relativ schwachen Vergrößerung bei Nahaufnahmen nicht sonderlich gut geeignet.
Fotos mit Schärfentiefe überzeugen

Hinten verschwommen, vorn scharf. Selbst einzelne Haare bildet das Objektiv klar und deutlich ab. © Stiftung Warentest

Beliebt sind lichtstarke Objektive wie das Super Nokton auch, weil sie einen großen Spielraum für die Einstellung der Schärfentiefe lassen. Der Bildhintergrund ist unscharf, vorn werden dagegen sogar Kleinigkeiten wie einzelne Haare knackscharf abgebildet. Auch hier punktete das Super Nokton im Test und lieferte in den unscharfen Bildbereichen einen ausgesprochen gleichmäßigen und harmonisch wirkenden Bokeh-Effekt. Die hochwertige Vergütung der Linsenoberflächen sorgt für geringe Streulichteffekte und Geisterbilder.
Auch für Videografen attraktiv
Das Objektiv ist auch für Videografen interessant, die bei schlechten Lichtverhältnissen filmen wollen. Wir haben einige Videos beim Schein einer einzigen Kerze gedreht und mithilfe der sehr niedrigen Blendenzahl 0,8 überzeugende Ergebnisse erzielt. Eine weitere Option für hellere Bewegtbilder ist, den ISO-Wert hochzusetzen. Der Preis dafür ist meist starkes Bildrauschen („Grießeln“). Nicht so beim Super Nokton. Bei der Aufnahme einer Sternschnuppe am Nachthimmel war das Bildrauschen kein Ärgernis, weil sich selbst bei ISO 200 genug Licht sammeln ließ, um das lichtschwache Motiv klar und deutlich einzufangen.
Unser Video zeigt die Stärken des Super Nokton. Im Schein einer Kerze haben wir bei ISO 3 200 ein Kinder-Mobile aufgenommen: Die Auflösung ist hoch, der Bewegungsablauf bei 50 Bildern pro Sekunde flüssig und auch die Schärfentiefe kommt gut zur Geltung.
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Film ab. Das Video zeigt die Stärken des Super Nokton.
Super Nokton hält mit einer Legende mit
Das Super Nokton ähnelt dem legendären Carl-Zeiss-Objektiv Planar 50 mm f/0.7 aus dem Jahr 1966, das für das Apollo-Programm der Nasa entwickelt wurde, um die Nachtseite des Mondes zu fotografieren. Einige der wenigen Planar-Exemplare verwendete Star-Regisseur Stanley Kubrick Anfang der 1970er Jahre für Kerzenlichtaufnahmen im Film „Barry Lyndon“. Für Otto Normal war das Objektiv unerschwinglich. Abbildungsqualität und Lichtleistung des Super Nokton halten mit denen des Carl Zeiss Planar mit.

Prominentes Vorbild. Das Super Nokton kann sich mit dem Carl-Zeiss-Objektiv Planar 50 mm f/0.7 messen, das in den 60ern für die Nasa entwickelt wurde. © https://commons.wikimedia.org / Gbentinck
Fazit: Das Objektiv ist seinen Preis wert
Der hohe Preis von 1800 Euro ist gerechtfertigt. Das Voigtländer Super Nokton ist durchdacht, sehr hochwertig verarbeitet und beeindruckt mit einer erstaunlich guten Bildqualität, die trotz der extremen Lichtstärke selbst in den Bildecken stimmt. Wermutstropfen: Im Testzeitraum gab es keine Bedienungsanleitung, das Objektiv ist nicht wettergeschützt und bietet keine elektronischen oder digitalen Hilfsfunktionen.
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Nokton 0.8 enthält 11 Linsen, Leica 0.95 nur 8 Linsen. Canon RF 1.8/50 enthält 6 Linsen, Canon RF 1.2/50 hat 15 Linsen. Canon EF-M 1.4/32 enthält 14 Linsen. Bokeh (geringe Tiefenschärfe) ist besser bei Nokton 0.8 oder Leica 0.95/50 oder Canon RF 1.2/50 ?? Leica 0.95/50 ist optimal scharf erst bei Blende 5.6, sagt Leica in den technischen Daten. Leica 0.95/50 Nahbereich erst ab 1 Meter und größter Abbildungsmaßstab 1:17 = sehr schlecht. Olympus + Nokton 0.8 ist etwa gleich teuer wie Canon Eos RP + Canon RF 1.2/50
@H.Tapk: Weit gefehlt! Wir testen absolut unabhängig und berichten werbefrei. Das Super Nokton ist ein Objektiv der Spitzenklasse, seine Defizite haben wir explizit aufgeführt. Siehe z.B. die Absätze "Nutzer müssen ohne Hilfsfunktionen auskommen", "Kleine Herausforderung beim Bedienen", "Ein paar übliche Mankos zeigen sich". (Bu)
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