Für Kakao schuften Kinder, für Palmöl verbrennt Urwald. Was tun die Anbieter, damit solch bittere Ernten nicht in ihre Brotaufstriche kommen?
Testergebnisse für 21 Nuss-Nougat-Cremes 04/2016
Jedes Jahr das gleiche Trauerspiel: Gegen Ende der Trockenzeit steht Indonesiens Regenwald in Flammen. Nicht die Dürre ist schuld, sondern von Menschenhand gelegte Brände. Vergangenen Herbst wüteten die Feuer besonders heftig, erfassten Tausende Quadratkilometer Wald. Der Smog brachte selbst in Malaysia und Thailand das öffentliche Leben zum Erliegen.
Die Bilanz des letzten Jahres: Urwaldflächen so groß wie Sachsen gingen verloren, eine halbe Million Menschen erlitten Atemwegserkrankungen, Unmengen Kohlendioxid entwichen in die Atmosphäre. Das Ziel dieser Umweltkatastrophe: Anbauflächen für Ölpalmen gewinnen. Ihre Früchte liefern Palmöl, eine Zutat fast aller Nuss-Nougat-Cremes im Test.
Das rötliche Gold ist Fluch und Segen zugleich. Für Indonesiens Landwirtschaft ist es eine der wichtigsten Einnahmequellen. Die Welt giert nach Palmöl. Es ist günstig, lange haltbar, vielseitig verwendbar. Nicht nur aus dem Fruchtfleisch, auch aus den Kernen lässt sich Öl gewinnen: das Palmkernöl. Allein die deutsche Industrie importiert pro Jahr rund 1,5 Millionen Tonnen Palm- und Palmkernöl. Es fließt etwa in Kosmetika, Kerzen, Biosprit – vor allem in Margarine, Fertigkost, Backwaren, Süßes.
Antworten von Aldi bis Zentis
Palmöl ist nicht die einzige Zutat von Nuss-Nougat-Cremes, die es in sich hat. Für den Anbau von Kakao arbeiten allein in der Elfenbeinküste und Ghana über zwei Millionen Kinder zwischen 5 und 17 Jahren, ergab eine Studie der Tulane Universität in New Orleans. Die allermeisten müssten gefährliche Arbeit verrichten, etwa Kakaoschoten mit scharfen Macheten aufschlagen.
Über Erntebedingungen von Haselnüssen im Hauptanbauland Türkei ist wenig bekannt. Menschenrechtler berichten über schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Löhne für Wanderarbeiter.
Bekommen wir in süßen Brotaufstrichen Früchte aus bitteren Ernten? Wir haben die Anbieter der Nuss-Nougat-Cremes gefragt, woher sie ihre Rohstoffe beziehen, ob sie Umweltanforderungen an den Anbau der Ölpalmen stellen und was sie gegen Menschenrechtsverletzungen im Kakaoanbau tun. Das Echo war groß: Von Aldi bis Zentis haben alle geantwortet.
Nicht jeder hat zu allen Zutaten gleich viel preisgegeben. Bei Haselnüssen sah es mau aus, hier legten nur Bioanbieter Zertifikate für nachhaltigen Anbau vor. Für Palmöl, die derzeit am meisten diskutierte Zutat, fällt unser Fazit aber positiv aus: Alle Hersteller und Händler sind in ihren Bemühungen relativ weit (Tabelle: 21 Anbieter im CSR-Test).
Seit Ende 2014 müssen Anbieter Pflanzenfette in Lebensmitteln genau benennen. Das setzt Hersteller unter Druck. Wer sich nicht vorwerfen lassen will, zur Zerstörung des Regenwalds beizutragen, kontrolliert die Herkunft seines Palmöls.
Standards vom Runden Tisch
Von 21 Nuss-Nougat-Cremes im Test enthalten 19 Palmöl. Alle Anbieter legten uns schriftlich Belege dafür vor, dass ihr Palmöl zumindest die Forderungen des Runden Tischs für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil, RSPO) erfüllt. Diese Organisation hat Kriterien entwickelt, die den Anbau nachhaltiger gestalten sowie Natur und Anwohner schützen sollen. Mitglieder verpflichten sich, die Regeln (Initiativen für nachhaltiges Palmöl) einzuhalten und das nachzuweisen. Am Runden Tisch sitzen Palmöl-Produzenten, Verarbeiter, Einzelhändler und Nichtregierungsorganisationen.
„Wer jetzt noch nicht im RSPO ist, hat etwas verschlafen“, sagt die Agrarökonomin Fausta Borsani. Die Schweizerin berät seit über zehn Jahren Unternehmen und Labelorganisationen zu nachhaltig erzeugtem Palmöl. Die Mitgliedschaft im RSPO ist für sie der erste wichtige Schritt. Der nächste sei, einen der anspruchsvollen Lieferwege mit hoher Rückverfolgbarkeit zu wählen.
Der strengste Lieferweg für RSPO-Palmöl heißt Identitätssicherung. Das Öl kann bis zur einzelnen zertifizierten Plantage zurückverfolgt werden. Beim Weg „Segregation“ kommt es von mehreren zertifizierten Plantagen und wird vermengt. Beide Wege sind laut Borsani zu bevorzugen: „Nur so wird sichergestellt, dass im Produkt kein Palmöl aus dubiosen Quellen ist.“ Weniger streng ist „Massenbilanz“: Zertifiziertes Palmöl darf in der Verarbeitung mit konventionellem gemischt werden. Es kommt zwar so viel nachhaltiges Palmöl in den Handel, wie der Anbieter gekauft hat. Im konkreten Produkt muss es aber nicht sein.
18 Anbieter von Nuss-Nougat-Cremes wiesen nach, dass sie einen der zwei strengeren RSPO-Lieferwege nutzen. Ausnahme ist Nudossi mit Palmöl aus Massenbilanz.
Kritiker fordern mehr Engagement
Der RSPO ist nicht unumstritten. Umweltorganisationen zweifeln an der Wirksamkeit des Runden Tischs. Tatsächlich kommt es zu Verstößen gegen Richtlinien. Kritiker fordern vom RSPO zudem, den Anbau von Ölpalmen auf Torfböden zu stoppen – durch Roden oder Trockenlegen wird enorm viel Kohlendioxid freigesetzt. Der Runde Tisch hat dazu zwar neue Regeln eingeführt und nennt sie „RSPO Next“. Sie einzuhalten ist für Mitglieder freiwillig.
Perfekt ist der RSPO also nicht. Aus Sicht vieler Experten bleibt er aber der einzige gangbare Weg, um in den Hauptanbauländern etwas zu erreichen. Derzeit ist gerade mal ein Fünftel der Weltproduktion RSPO-zertifiziert. Was fehlt, ist die Nachfrage großer Käuferländer wie China und Indien.
Bio-Palmöl und fairer Handel

Palmöl. Es wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen.
Haselnüsse. Sie werden von Hand vom Strauch gepflückt oder vom Boden aufgelesen.
Kakao. Die Früchte wachsen am Baum. Die Bohnen im Inneren ähneln Mandeln. © Thinkstock
Einige Unternehmen engagieren sich für strengere Kriterien, als sie der RSPO etabliert hat. So beteiligen sich etwa Edeka, Ferrero und Rewe an Initiativen wie dem Forum Nachhaltiges Palmöl oder The Forest Trust (Initiativen für nachhaltiges Palmöl).
Alnatura, Ecofinia, Gepa, Leha und Rapunzel verarbeiten Bio-Palmöl. Das Biosiegel verspricht: Für das Öl wurde kein Wald gerodet und die Palmen wurden nicht mit chemischen Pestiziden behandelt.
Das Palmöl von Gepa und Rapunzel kommt zudem aus fairem Handel, steht damit für direkte Lieferbeziehungen und gerechte Löhne. Um das zu finanzieren, kosten ihre Nuss-Nougat-Cremes das Drei- bis Vierfache eines Discounterprodukts.
Haselnuss-Projekte am Anfang
Wie sieht es bei der Nachhaltigkeit von Haselnüssen aus? Hier hat sich noch nicht viel getan. Fast alle Anbieter beziehen ihre Nüsse ausschließlich aus der Türkei. Es seien oft Familien, heißt es, die im Sommer an die Schwarzmeerküste fahren, um ihre Bäume abzuernten. Eine Studie des Südwind-Instituts sieht das nicht so idyllisch: Es gebe viele Wanderarbeiter, die schlecht bezahlt würden, kurdische Beschäftigte würden darüber hinaus oft diskriminiert.
Nachhaltigkeitsnachweise sind Mangelware. Kein konventioneller Anbieter im Test legte uns ein Zertifikat für seine Haselnüsse vor. Ferrero hat immerhin ein eigenes Rückverfolgbarkeitsprogramm gestartet, Rewe unterstützt den Aufbau eines Standards der Label-Organisation Utz.
Fortschritte bei Kakao
Größer ist das Engagement bei Kakao. Für 17 der 21 Schoko-Cremes belegten die Anbieter, dass ihr Kakao aus nachhaltigem Anbau stammt. Siegel wie Fairtrade und Utz sollen das garantieren. Bei Kakao ist es üblich, ihn als massenbilanzierten Rohstoff einzukaufen.
Gegen das größte Problem in der weltweiten Kakaoproduktion, die ausbeuterische Kinderarbeit, haben sich Firmen zusammengetan, ähnlich wie bei Palmöl. Hinter dem Forum Nachhaltiger Kakao stehen neben dem deutschen Lebensmittelhandel und der Süßwarenindustrie auch zwei Bundesministerien. Ein Projekt des Vereins ist Pro-Planteurs. Es hat das Ziel, die Bauern zu schulen und so höhere Ernten und Einkommen zu erreichen. Es unterstützt die Ausbildung von 20 000 Kakaobauern in der Elfenbeinküste.
Die große, komplizierte Welt im Schokoglas – nur ein Teil der Anbieter im Test weist auf ihren Produkten darauf hin, sei es über Nachhaltigkeitslogos oder Links ins Internet. Marktführer Ferrero etwa verzichtet bei Nutella komplett darauf, obwohl er sich breit engagiert. Es reiche die „Fülle von Informationen, die das Produkt aufgrund gesetzlicher Vorgaben aufweisen muss“, so ein Sprecher. Eines ist sicher: Viele Verbraucher wüssten gern mehr.
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konsument18: Hätten wir unsere Verkostung als eine Beliebtheitsprüfung angelegt, dann wären tatsächlich 5 Prüfpersonen deutlich zu wenige gewesen. Hier gehen wir von mindestens 60 Prüfpersonen aus. Für Beliebtheitsprüfungen kommen ungeschulte Verbraucherinnen und Verbraucher zum Einsatz, die ihre rein subjektive Bewertung abgeben ohne diese begründen zu müssen. (Sie müssen regelmäßige Verwender der Produktgruppe sein aber dürfen keine Markenpräferenz haben. Solche zu finden wäre bei dieser Produktgruppe auch ein schwieriges Unterfangen gewesen.) Hier hatten wir allerdings keine Beliebtheitsprüfung durchgeführt, sondern eine beschreibende Prüfung durch geschulte Prüfpersonen. Das heißt, die Prüfpersonen sehen von ihren persönlichen Geschmackspräferenzen ab und beschreiben die Intensitäten der Geruchs- und Geschmackseindrücke möglichst objektiv. Also z.B. wie intensiv die Schokoladen- oder Haselnuss-Note ist und wie aromatisch der Gesamteindruck. Aber auch, ob Fehler erkennbar sind, wie z.B. ein Geschmack nach alten Nüssen. Bei dieser Art der Fragestellung genügen üblicherweise 5 Prüfpersonen. Und an dieser Stelle möchten wir Sie gerne auf unser Spezial zum Thema „Wie testet man Geschmack?“ hinweisen: www.test.de/Sensorische-Tests-Wie-testet-man-Geschmack-5401508-0/
Um es vorweg klarzustellen, wie ich es an anderer Stelle auch schon getan habe: Ich unterstelle Stiftung Warentest keine unlauteren Testmethoden. Allerdings ist auch bei strikter Anonymisierung der Produkte gegenüber den Prüfern die Anzahl von nur 5 Prüfern arg klein. Was hier schon vermutet wurde, nämlich eine geschmackliche Vorprägung durch den Testsieger, kann man wohl tatsächlich nicht ausschließen. Deshalb hätte man hälftig westdeutsch und ostdeutsch aufgewachsene Prüfer engagieren müssen, damit das ungleich nussreichere Nudossi eine faire Chance gehabt hätte, besser abzuschneiden:-). Von diesem gibt es mittlerweile (zum Zeitpunkt des Testes noch nicht) auch eine palmölfreie Variante. Aber im Ernst, auch mich überzeugt der Sieger geschmacklich trotz bester Note im Test nicht. Allerdings gehöre ich auch eher zur Mandelcreme-Faktion.
@Peppapig: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Testarbeit der Stiftung Warentest auf einer anderen Testphilosophie als die Untersuchungen der Zeitschrift Öko-Test basiert. Sie werden Bewertungsunterschiede in nahezu allen Produktsparten finden. Während Öko-Test sich in seinen Untersuchungen im Großen und Ganzen auf die Bewertung der Inhalts- und Schadstoffe beschränkt, geht unserer Bewertung weit darüber hinaus. Unsere Testkriterien sind vielschichtiger und umfassender. Schwerpunkt z.B. unserer Lebensmitteltests sind die ernährungsphysiologische Qualität sowie ein sensorisches Urteil. Selbstverständlich müssen die Produkte frei von Schadstoffen und Keimen sein. Auch Verpackung und Deklaration spielen bei der Vergabe des Qualitätsurteils eine Rolle.
Versichern dürfen wir Ihnen, dass wir – falls es Verdachtsmomente hinsichtlich problematischer Inhaltsstoffe in nennenswerter Dosierung geben sollte – diesen natürlich mit der gebotenen Sorgfalt nachgehen würden. Wir schnüren also ein umfangreiches Testpacket rund um jedes Produkt. (bp)
Sehr geehrte Damen und Herren,
hat Öko Test strengere Testmaßstäbe? Öko Test kam bei Nuuella zu schwerwiegenden Mängeln betreffend die Schadstoffe. Oder hat sich die Qualität verschlechtert?
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Sandra L.
Wir lieben Nudossi in der ohne Palmöl Variante. Man muss das frisch geöffnete Glas einfach einmal umrühren... und dann startet der Genuss!
Einziger Nachteil: Nudossi ist nicht flächendeckend erhältlich, sodass wir dann auf den Versand des 6er-Packs zurückgreifen, ca. 19 Euro inkl Porto.