Wer den Singvögeln im Garten oder auf dem Balkon etwas Gutes tun will, hat jetzt die beste Gelegenheit. Zum Beispiel durch Anbringen neuer Nistkästen. Im Experteninterview mit test.de erklärt Heinz Kowalski vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu), worauf dabei zu achten ist. Sein Rat: Der beste Kasten nützt wenig, wenn nicht auch der Garten vogelfreundlich gestaltet ist.
Nistkästen sorgen für Ersatzlebensraum
Warum empfiehlt der Nabu, am Haus oder im Garten Nistkästen aufzuhängen?
Kowalski: Da gibt es zwei Gründe. Zum einen fehlen hier oft natürliche Höhlen. Die könnte zum Beispiel der Specht in alte Bäume und in Totholz hämmern, aber das findet sich in Gärten und in der Umwelt immer seltener. Die Nistkästen sorgen hier für einen Ersatzlebensraum. Der andere Grund ist, dass Nistkästen im Garten schöne Naturbeobachtungen ermöglichen. Viele Vogelarten, vom Hausrotschwanz bis zum Mauersegler, suchen gern die Nähe zum Menschen. Und übrigens sind es nicht nur Höhlen, die fehlen, sondern auch Nischen. Spatzen zum Beispiel nisten gerne hinter Dachrinnen oder in Zwischenräumen am Schuppen. Wilde Gärten mit alten Schuppen werden auch immer seltener.
Im Frühjahr einzugsbereit
Wann ist der beste Zeitraum, um neue Nistkästen anzubringen?
Im zeitigen Frühjahr ist die optimale Zeit. Aber grundsätzlich gibt es keinen Monat, in dem man das nicht machen sollte. Die Vögel brüten nämlich nicht nur in den Nistkästen, sondern schlafen darin auch gern. Vor allem in kalten Winternächten kuscheln sie sich dort gern zusammen.
Sollte man alte Nistkästen reinigen – und falls ja: Ist jetzt ein guter Zeitpunkt dafür?
Alte Nistkästen sollten im Herbst oder frühen Winter gereinigt werden. Im Februar ist das auch noch sinnvoll, aber man muss sich schon beeilen. Spätestens im März sollten die Kästen sauber sein. Wann die Brutzeit richtig losgeht, hängt aber auch sehr vom Wetter ab.

© mauritius images / Zen Shui / Odilon Dimier
Warum manche Kästen leer bleiben
Woran kann es liegen, dass ein Nistkasten nicht bezogen wird?
Da gibt es viele Gründe. Es kann einmal an der Konkurrenz liegen, denn in Nachbargärten werden ja auch Nistkästen aufgehängt, da ist das Angebot manchmal groß. Vielleicht gibt es auch zu wenig Vögel in der Gegend. Seit den Achtzigerjahren ging der Vogelbestand in Europa um 450 Millionen Vögel zurück. Außerdem reicht es nicht, den Vögeln nur eine Brutgelegenheit zu bieten: Ob Vögel in die Nistkästen einziehen, hängt auch vom Garten und der Umgebung ab. Wenn es dort nur Golfrasen oder gar Steinschüttung auf Kunststofffolie gibt, sieht es schlecht aus. Da finden die Vögel nicht genügend Nahrung.
Kann es auch daran liegen, dass der Nistkasten ungünstig aufgehängt wurde?
Ja. Die gröbsten Fehler sind, wenn der Kasten voll in der prallen Sonne platziert ist, wenn es reinregnen kann oder wenn Katzen und andere Vogelfeinde zu leicht rankommen.
Sollte man den Nistkasten umhängen, wenn keiner einzieht?
Wenn wiederholt kein Vogel einzieht, ist die Enttäuschung groß. Dann sollte ein neuer Standort ausprobiert werden.
Jungvögel schützen
Was empfehlen Sie, um die Vögel in den Kästen vor Katzen zu schützen?
Man sollte den Nistkasten so aufhängen, dass keine Katzen rankommen. Am besten nagelt man ihn nicht an den Baumstamm, sondern hängt ihn mit einem Draht an den Ast. Den Vögeln macht es nichts aus, dass der Kasten schaukelt und die Katzen kommen so nur schwer ran. Ansonsten gibt es auch spezielle Katzenabwehrgürtel für die Bäume, damit die gar nicht erst hochklettern können.
Hilft den Vögeln eine Anflugstange am Kasten?
Nein, viele machen den Fehler, am Nistkasten eine Stange vor dem Einflugloch anzubringen. Die erleichtert es aber vor allem Nesträubern wie Eichelhähern oder Elstern, dort zu landen und sich die Jungvögel aus dem Loch zu greifen.
Wo sollten die Nistkästen aufgehängt werden?
Am besten hängt der Kasten etwas im Schatten, vor allem nicht in der prallen Mittagssonne. Die Öffnung sollte möglichst nach Osten zeigen, weil der Regen meist von Westen kommt. Es hilft auch, wenn der Nistkasten ein wenig nach vorne geneigt ist und ein Vordach hat, damit der Regen nicht reinlaufen kann. Nässe ist sehr gefährlich für die Jungvögel.
Auch auf dem Balkon
Welche Höhe eignet sich?
Auch wenn man natürlich neugierig ist, sollte der Nistkasten nicht so hängen, dass man direkt reingucken kann. Drei Meter hoch sollte er schon hängen.
Sind Nistkästen also sogar für Balkone geeignet?
Ja. Man kann sie auch am Balkon aufhängen. Die Vögel neigen ja ohnehin eher dazu, in höher gelegene Kästen einzuziehen. Ein Balkon mit Blumenkästen wäre in dieser Hinsicht als Standort durchaus geeignet. Wenn die Vögel merken, dass es in der Nähe genug Nahrung gibt, ziehen sie dort oft gerne ein. Viele Vögel wie die Blaumeise oder der Hausrotschwanz können sich an die Menschen auf dem Balkon gewöhnen. Sobald sie gelernt haben, dass keine Gefahr droht, füttern sie ihre Jungen auch dann, wenn relativ dicht daneben jemand sitzt.
Für jeden Vogel das optimalen Heim
Welche Nistkästen empfehlen Sie für Gärten?
In größeren Gärten kann man durchaus experimentieren und verschiedene Angebote schaffen, zum Beispiel mit dem üblichen Meisen- und Starenkasten oder Halbhöhlen für den Gartenrotschwanz. Wenn das Umfeld stimmt, kann in größeren Gärten gerne auch ein Eulenkasten aufgehängt werden. Es sollte dann ein Park oder ein Waldgebiet in der Nähe sein, wo die Eulen Jagd auf Mäuse machen können.
Wie groß sollten die Einfluglöcher sein?
Was die Meisenkästen angeht, können Sie mit verschiedenen Lochgrößen variieren. Für die Blaumeise eignet sich ein Kasten mit einem kleinen Einflugloch mit 28 Millimeter Durchmesser. Die Kohlmeise ist größer und braucht ein 32 Millimeter großes Loch. Für den Kleiber sind 35 bis 38 Millimeter passend.
Aus welchen Materialien sollte der Nistkasten sein?
Der Selbstbau eines Kastens ist sehr preiswert und es macht auch Spaß, mit Kindern zusammen daran zu basteln. Gut eignet ist dafür zum Beispiel unbehandelte Fichte. Selbst einfache Kästen aus Holz halten oft viele Jahre lang. Langlebiger sind Holzbetonhöhlen, die es im Handel gibt. Eine Auswahl geprüfter Nistkästen ist zum Beispiel auch auf der Website des Nabu erhältlich.
Praxistipps vom Profi
Wovon raten Sie ab?
Einige Nistkästen, die man zum Beispiel in Baumärkten findet, sind viel zu klein. Die innere Grundfläche sollte möglichst 12 x12 Zentimeter oder mehr betragen – sonst ist zu wenig Platz für das Gelege. Außerdem sollte das Holz nicht mit Holzschutzmitteln gestrichen sein. Ungünstig sind auch glatt lackierte Oberflächen. Vogelfreunde sollten bedenken, dass die Vögel beim Anflug Halt am Kasten finden wollen und der Nachwuchs später an der Innenwand zum Ausflugloch emporklettern muss. Zu glatte Oberflächen auf Innen- und Außenseite sind hier also in jedem Fall hinderlich.
Worauf muss man beim Saubermachen des Kastens achten?
Beim Auskratzen des Kastens sollte man Handschuhe tragen und die Unterarme bedecken – wegen der Milben und der anderen Parasiten, die sich im alten Nest verbergen.
Gibt es noch weitere Ratschläge?
Eine große Gefahr besteht darin, dass es im Nest zu feucht wird. Als einfache Vorbeugemaßnahme empfehle ich, von unten Löcher in den Kasten zu bohren. Dann kann das Wasser ablaufen und die Löcher sorgen auch für Durchlüftung. Noch mehr Tipps zum Bau gibt es zum Beispiel beim Nabu.
Auf die Umgebung kommt es an
Wie kann man seinen Garten vogelfreundlich gestalten?
Da gibt es jede Menge Möglichkeiten. Man kann samenhaltige Kräuter anbauen, bunte Wiesen und Hochstauden anlegen. Buchenhecken sowie dichte Sträucher bieten gut geschützte Versteckmöglichkeiten für die Vögel. Generell sollten heimische Arten angebaut werden. Pflanzen aus dem Mittelmeerraum machen wenig Sinn. Auf Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel sollte man im Garten unbedingt verzichten. Kräuter und Samen locken viele Vögel an, aber auch Insekten, welche dann wiederum von den Vögeln gefressen werden. Wenn in dieser Ökosystemkette Boden-Kräuter-Insekt-Vogel etwas fehlt, haben die Vögel am Ende zu wenig Nahrung.
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- ja aber bitte sehr vorsichtig, weil vielleicht noch ein Untermieter da wohnt. Bei meiner Reinigungsaktion habe ich in einem der neun Kästen eine Haselmaus aufgeschreckt, die mich ganz "verwundert" angeschaut hat.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Angeblich soll man Meisen-Nistkästen reinigen, Starenkästen nicht.
Stimmt das?
RH