
© Stiftung Warentest
Die hybride Spielekonsole Nintendo Switch vereint stationäres und mobiles Gaming. Zu Hause nutzt sie den Fernseher als Bildschirm. Auf Reisen wird die rund 330 Euro teure Konsole zum Spiele-Tablet. Unsere Tester sind lieber im Büro geblieben und haben dafür mit vollem Körpereinsatz das letzte aus ihr rausgekitzelt. Der Schnelltest verrät, warum die Hybridkonsole vor allem was für Partys und Kindergeburtstage ist – und warum die Spieler manchmal mit den Ohren schauen müssen.
Das Beste aus zwei Welten
Dramatische Szenen spielen sich zur Urlaubszeit in Wohnzimmern und Kinderstuben ab: Heiße Tränen benetzen die Playstation, zitternde Hände umklammern die Xbox. Der wochenlange Abschied von der geliebten Spielekonsole schmerzt. Mobile Geräte wie die Playstation Vita oder Nintendos 3DS lassen sich zwar auf Reisen mitnehmen, doch sie haben dann wiederum zu Hause einen Nachteil: Ihre Bildschirme sind mickrig im Vergleich zu den Fernsehern, mit denen stationäre Konsolen oft verbunden sind. Nintendos neue Konsole Switch (rund 330 Euro) will das Beste aus diesen beiden Welten vereinen – sie fungiert als Brücke zwischen stationärem und mobilem Gaming. Daheim verbindet sie sich per HDMI-Kabel mit dem Fernseher. Fährt der Spieler in den Urlaub oder auch nur per Bus zum Sport, kann er die Tablet-Einheit aus der Dockingstation entnehmen und damit unterwegs zocken. Das Tablet kommt samt der zwei mitgelieferten Controller auf ein Gewicht von 402 Gramm. Das lässt sich auch bei längerem Spielen gut aushalten. Wem es doch zu schwer wird, der kann das Tablet dank eines eingebauten Ständers auch aufstellen.
Mit Freunden oder gegen das System

Knochenjob: Die Arbeit bei der Stiftung Warentest kann sehr anstrengend sein. Hier veranstalten die Tester ein virtuelles Strandrennen.
Am meisten Spaß macht das Spielen mit Freunden oder gegen sie, wie unsere Tester herausgefunden haben. Das funktioniert über drei verschiedene Wege: Die Freunde treffen sich und spielen mit mehreren Controllern – den „Joy-Cons“ – an einer Konsole. Alternativ lassen sich auch bis zu acht Konsolen per Funk miteinander verbinden, wenn sie sich im selben lokalen Netz befinden. Zusätzlich gibt es einen Online-Modus, bei dem die Spieler per Internet zueinanderfinden. Ab Herbst 2017 wird diese Funktion allerdings kostenpflichtig sein, einen konkreten Preis hat Nintendo noch nicht genannt. Natürlich kann der Konsolenbesitzer auch allein spielen, gegen den Computer.
Ausgeswitcht – Konsole mit Startschwierigkeiten
Am allerwenigsten Spaß macht die Konsole, wenn sie sich nicht einschalten lässt. Online klagen viele Nutzer über diesen Fehler – und auch wir stolperten im Test darüber. Beim ersten Mal lief alles glatt, beim zweiten Versuch ging dann aber gar nichts. Weder am TV noch per Tablet. LED-Leuchte tot, nichts rührte sich. Die Recherche im Netz führte uns zu einem Tipp: 20 Sekunden lang den Einschaltknopf gedrückt halten. Und tatsächlich erwachte die Switch damit wieder zum Leben. Beim ersten Auftreten kann dieser Fehler die Freude am geplanten Spieleabend trüben, zumal die Switch unerfreulicherweise ohne jegliche Anleitung geliefert wird, sodass sich der Besitzer online informieren muss, wie er das Problem lösen kann. Generell führt das Fehlen einer Anleitung dazu, dass sich der Nutzer einiges durch Versuch und Irrtum erschließen muss.
Kühe melken, auf dem Catwalk laufen, Rasieren

Unsere Rasierer-Experten zeigten sich von der Switch wenig beeindruckt: Nach dem Spiel trugen die beiden Tester immer noch Bart. © Stiftung Warentest
Spiele muss der Nutzer zusätzlich zur Konsole kaufen – entweder im Laden oder als Download in Nintendos eShop. Wer den Online-Kauf bevorzugt, sollte dringend den internen Speicher des Geräts (32 Gigabyte) per SD-Karte erweitern, da heruntergeladene Spiele viel Kapazität beanspruchen. Das Angebot an Spielen ist derzeit noch sehr mager. Zum ersten Kennenlernen der Konsole und der Controller eignet sich das Spiel „1-2-Switch“ (ca. 30 Euro). Es umfasst rund 30 Mini-Games. Eines davon simuliert das Melken von Kühen, bei einem anderen darf man als Model die Hüften schwingen, ein weiteres dreht sich ums Rasieren ohne Spiegel.
Mit den Ohren sollst Du schauen

Kurz nach dem Luftgitarren-Spiel erhielt der Kollege links im Bild ein lukratives Angebot der Band Metallica. © Stiftung Warentest
Durch die Verrenkungen und Gorilla-Grunzlaute, die „1-2-Switch“ einfordert, dürfte das Spiel auf Partys für viel Spaß sorgen. Es birgt aber auch Frustpotenzial: Die Erklärvideos sind langatmig und nicht immer hilfreich. Einige Demos und Hinweise lassen sich auch dann nicht überspringen, wenn man sie schon kennt. Zudem wird nicht immer klar, wann die Instruktionsphase endet und das Spiel beginnt. Etwas paradox: Zwar handelt es sich bei der Switch um ein visuelles Unterhaltungsmedium. Dennoch fordert die Konsole Gamer immer wieder auf, einander anzusehen statt auf den Bildschirm zu schauen. Teilweise sollen sie mit den Ohren arbeiten: Beim Tischtennis-Spiel etwa wird der Ball mitten im Ballwechsel unsichtbar, macht aber weiterhin Geräusche. Die Programmierer sind offenbar der Meinung, Pingpong mache am meisten Spaß, wenn man es rein nach Gehör spielt. Die Tischtennisfreunde unter unseren Testern begeisterte diese Idee wenig.
Kaum Hits für die Konsole in Sicht

So sieht Magie aus: Beide Tester richten einen unsichtbaren Zauberstrahl aufeinander. © Stiftung Warentest
Mit dem bisher wohl prominentesten Switch-Titel, dem Rollenspiel „The Legend of Zelda: Breath of the Wild” (ca. 60 Euro), hatten unsere Tester mehr Spaß, da es hier um die Entdeckung einer vielfältigen, offenen Welt geht. Grafisch fielen uns aber einige Treppeneffekte negativ auf: Dabei werden Umrisse von Figuren und Objekten zu kantig und gezackt dargestellt. Für den langfristigen Erfolg der Switch wird ausschlaggebend sein, wie sich das Spieleangebot entwickelt. Ohne Titel, die sich schon auf vorherigen Konsolen als Kassenschlager erwiesen haben, dürfte sich kaum ein Gamer von seinem bisherigen Gerät verabschieden, um auf die Switch umzusteigen. Gegen den Umstieg spricht auch, dass die Switch im Vergleich zur Konkurrenz von Sony und Microsoft keine Multimediakonsole ist: Sie bietet keinen Browser, kann keine Mediendateien aus dem Heimnetz abrufen und auch nicht auf Netflix oder Maxdome zugreifen (zu unserem Test Onlinevideotheken).
Controller für Menschen mit kleinen Händen
Unsere Tester empfanden die Controller, auch „Joy-Cons“ genannt, als recht klein. Auch in Onlineforen wird deren Größe beklagt. Kein Wunder, kommen die Handteile doch nur auf rund ein Viertel der Größe eines Playstation-Gamepads. Zwar befindet sich im Lieferumfang eine Halterung, in die sich die Joy-Cons so einsetzen lassen, dass der Nutzer sie wie ein gewöhnliches Gamepad verwenden kann. Doch selbst dann sind die Maße immer noch deutlich geringer als bei Playstation und Xbox. Nintendo scheint das Problem bewusst zu sein: Der Konzern bietet separat ein größeres Gamepad an. Dieser Nintendo Switch Pro Controller kostet aber satte 70 Euro. Für Kinder und andere Menschen mit kleinen Händen dürfte die Größe der Joy-Cons kein Problem sein.
Wie bei der Wii: Immer schön bewegen
Die Controller registrieren ihre Lage sowie Bewegungen des Nutzers. Ähnlich wie bei der Wii lassen sich Spiele daher nicht nur über Knöpfe steuern, sondern oft auch durch Körperbewegungen. Mit Vibrationen geben die Joy-Cons dem Spieler Hinweise – zum Beispiel, was er tun soll oder wie erfolgreich seine letzte Aktion war. Für den Kontakt der Controller zur Konsole sorgt eine Bluetooth-Funkverbindung. Aufgeladen werden sie, indem der Nutzer sie am Tablet feststeckt, während dieses selbst gerade mit Strom versorgt wird. In der Halterung, die aus den zwei Joy-Cons ein Gamepad macht, ist kein Laden möglich. Auch für dieses Problem bietet Nintendo eine kostenpflichtige Lösung: die 30 Euro teure Joy-Con-Aufladehalterung.
Verklemmte Controller
Ein Defizit, das sich selbst finanziell nicht beheben lässt, ist die etwas unpraktische Bauweise der Controller. Sie verfügen über eine seitliche Schiene für eine Kappe, an der eine Handgelenkschlaufe befestigt ist, welche bei schnellen Bewegungen verhindern soll, dass der Controller quer durch den Raum fliegt, Mitspieler k.o. schlägt oder die herumstehende Ming-Vase zerstört. Leider lässt sich diese Kappe auch falsch herum einsetzen – dabei wäre es für Nintendo kein Problem gewesen, das mechanisch zu verhindern. So aber kann es passieren, dass Controller und Kappe sich ineinander verklemmen und nur mit viel Kraft oder Werkzeugeinsatz wieder voneinander getrennt werden können. Bei solchen Reparaturversuchen sind Beschädigungen des Controllers nicht auszuschließen.
Die Grafik: Comic statt Realismus
Während sich viele Spiele auf der Playstation und der Xbox um eine möglichst naturalistische Darstellung der Welt bemühen, deuten die ersten Eindrücke von der Switch auf einen anderen Weg hin: Die ausprobierten Spiele versuchen gar nicht erst, mit Fotorealismus zu protzen, sondern arbeiten mit reduzierteren, teils comicartigen Stilmitteln. Im Vordergrund steht hier weniger die Grafikleistung als das körperlich aktive Spielen, im Idealfall mit Freunden. Bei der Nutzung am TV-Gerät hängt die Darstellung natürlich stark vom Fernseher ab – maximal unterstützt die Switch Full HD (1920 x 1080 Pixel). Die aktuelle UHD-Technik mit 3840 x 2160 Pixeln beherrscht sie nicht. Die Tableteinheit hat eine Bildschirmdiagonale von 15,7 Zentimetern (6,2 Zoll), was selbst im Vergleich zu kleinen Tablets relativ wenig ist. Auch die Auflösung von 1280 x 720 Pixeln ist kein bombastischer Wert. Die Helligkeit des Bildschirms regelt das Tablet automatisch. Beim Spielen im Park stören die starken Spiegelungen des Displays. Da das Tablet regelmäßig aus der Dockingstation gezogen und wieder hineingesteckt wird, kann es leicht zu Bildschirmkratzern kommen.
Nach drei Stunden Zelda ist Schluss
Zu Hause wird die Konsole direkt übers Stromnetz versorgt, unterwegs läuft die Tableteinheit mit einem Akku. Im Heim-Modus verbrauchte die Switch bei unserem Schnelltest rund 11,5 Watt, wenn die Tester Zelda spielten – das ist sehr sparsam im Vergleich zu von uns geprüften Playstation- und Xbox-Varianten. Im Standby kommt die Switch auf rund 0,3 Watt. Weniger erfreulich ist die Akkuleistung des Tablets: Nach nur drei Stunden Zelda war Schluss, manche hochwertigen Tablets schaffen beim Gaming deutlich mehr. Die Tableteinheit kann entweder direkt via USB-C aufgeladen werden – oder der Nutzer steckt sie ins Dock und lässt sie dort Energie tanken. Im Tisch-Modus, bei dem das Tablet per Ständer aufgestellt wird, kann es nicht geladen werden. Die USB-C-Buchse befindet sich an der Unterkante, auf der das Gerät dann steht.
Fazit: Zukunftsweisendes Konzept – an der Umsetzung hapert es noch
Das Konzept einer stationär und mobil nutzbaren Spielekonsole ist zukunftsweisend: Ein im Wohnzimmer begonnenes Spiel kann auf der Bahnfahrt und im Campingzelt fortgesetzt werden. Die Umsetzung überzeugt allerdings noch nicht. Bislang gibt es nur sehr wenige Spiele, grafisch vollbringt die Switch keine Höchstleistungen und ihr fehlen Multimediafunktionen, die schon seit Jahren Standard sind. Den Umstieg von der Playstation oder Xbox auf die Nintendo Switch werden wohl nur wenige wagen. Die Switch ist eher situativ interessant: etwa für Kindergeburtstage oder Partys von kindgebliebenen Erwachsenen, die gerne mit vollem Körpereinsatz spielen, statt nur auf Tasten zu drücken. Die Stärke der Konsole ist nicht so sehr die technische Performance, sondern ihr aktivierendes Potenzial und das vergnügte Miteinander, für das sie sorgt – ein Gefühl wie beim Karaoke-Abend.
Newsletter: Keinen Schnelltest verpassen
Mit den Newslettern der Stiftung Warentest sind Sie stets bestens informiert über neue Schnelltests. Sie haben die Möglichkeiten, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen test.de-Newsletter bestellen.
-
- Alle sechs VR-Brillen im Test bieten spektakuläre Erlebnisse. Doch einige brauchen dafür einen PC – und eine fällt im Umgang mit persönlichen Daten besonders negativ auf.
-
- Die Sprösslinge kleben oft regelrecht am Handy oder Tablet. Hier erfahren Eltern, wie sie Konflikte entschärfen und ihrem Nachwuchs einen guten Medienumgang beibringen.
-
- Computerspiele im Abo streamen: Die Cloud-Gaming-Anbieter im Test könnten noch besser werden. Mal fehlen bekannte Spiele, mal trüben Aussetzer den Spaß.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Naja, grundlegend trifft das hier gefällte Urteil zwar auf jede Nintendoplattform seit sicher 10-15 Jahren zu aber die gewählte Wortwahl geht mir da doch etwas zu hart mit dem Potential ins Gericht, auch wenn man sagen muss, dass gerade Gimmick-lastige Plattformen natürlich von der Kreativität der Entwickler selbst profitieren. Jetzt 1 Jahr später kann man aber zumindest den Erfolg des Konzeptes bereits gut einschätzen, der sich ja doch wieder ordentlich eingestellt hat und nicht nur etwa Partyspiele bietet. Durch den Wegfall des dezidierten Handhelds, hat man auch mehr Inhoise-Potential frei, um eine einzelne Plattform besser zu supporten als 2 halbherzog. Insofern würde ich sagen, der Karaoka-Vergleich ist nicht falsch aber das sonstige Gesamtangebot ist doch weitaus ansprechender als in früheren Jahren.
Für mich ist die Konsole optimal - ich kann unterwegs oder am Fernseher spielen. Das Spieleangebot ist zwar noch nicht wirklich umfangreich, hier bin ich aber, gerade im Hinblick auf die kommende Weihnachtszeit, optimistisch. Und parallel gibt's ja auch noch immer den PC mit Spielen.
Die Mobilität der Konsole finde ich richtig gut - mit Spielen auf dem Smartphone bin ich nie richtig warm geworden. Mit der Switch habe ich aber die Möglichkeit meine zu Hause begonnenen Spiele nahtlos weiter zu spielen.
Ich für mich kann sagen, dass nach PS2, Wii und XB360 die Switch meine bislang liebste Konsole ist.