Professor Manfred Anlauf, Cuxhaven, auf Nierenerkrankungen spezialisierter Internist und Fachgutachter der Stiftung Warentest, warnt: Auch rezeptfreie Medikamente können die Niere schädigen.
Wie gefährlich können Medikamente für die Niere sein?
Die Niere reagiert sehr empfindlich auf Medikamente, unter anderem weil der Harn mit den darin enthaltenen Medikamentenresten stark konzentriert wird. Medikamente können auch aufgrund einer allergischen Reaktion zu einer Entzündung der Nierenröhrchen mit dem umliegenden Gewebe führen, was wir als interstitielle Nephritis bezeichnen. Sie können die Filtereinheiten so verändern, dass die Entgiftungsleistung der Niere sinkt. Dies kann zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen. Die nierentoxischen Effekte von Medikamenten können akute oder dauerhafte Folgen haben. Im günstigen Fall verschwinden die von Medikamenten verursachten Schäden, wenn das Medikament abgesetzt wird. Im ungünstigsten Fall führt es zu akutem oder chronischem Nierenversagen.
Welche Medikamente können die Niere schädigen?
In vielen Medikamentengruppen gibt es Substanzen, die für die Nierengesundheit kritisch sind und die teilweise auch rezeptfrei erhältlich sind, wie etwa Parazetamol. Besonders hervorzuheben sind auch nichtsteroidale Antirheumatika, zu denen beispielsweise auch Schmerzmittel wie Ibuprofen und Azetylsalizylsäure gehören. Diese Medikamentengruppe vermindert unter anderem die Produktion hormonähnlicher Substanzen, der Prostaglandine. Ohne sie wird das Organ nicht mehr richtig durchblutet. Kritisch sind auch Kombinations-Schmerzmittel, die aus Parazetamol, Azetylsalizylsäure und Koffein bestehen. Bestimmte Antibiotika können der Niere ebenfalls zusetzen. Zu den bei einzelnen Patienten nierenschädigenden Antibiotika zählen Amoxicillin, Cephalosporine, Fluorchinolone, Sulfonamide sowie Cotrimoxazol, das ein Sulfonamid enthält. Die negativen Effekte können vorübergehender Natur sein. Sie können aber auch eine Entzündung des Nierengewebes verursachen. Diese Nebenwirkung haben auch die sogenannten Protonenpumpenhemmer. Sie werden bei häufigem Sodbrennen sowie zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren verschrieben. Einige gibt es inzwischen sogar rezeptfrei.
Galten Protonenpumpenhemmer nicht lange als weitgehend nebenwirkungsfrei?
Ja, sie sind ein Paradebeispiel dafür, dass es mitunter Jahre braucht, um Klarheit über etwaige Nebenwirkungen eines Medikaments zu haben, und dafür, dass Medikamente nicht nur dort wirken, wo sie sollen, sondern auch an anderen Stellen im Organismus. Hierzulande dürften jährlich etwa 500 bis 1 000 Fälle einer Nierenfunktionsstörung auf das Konto der Protonenpumpenhemmer gehen. Schäden können bereits kurz nach der Einnahme oder erst nach wenigen Monaten auftreten.
Was raten Sie Patienten, die auf Medikamente angewiesen sind?
Ganz wichtig ist, dass man begleitend viel trinkt, damit Medikamente zügig aus den Nieren gespült werden. Bei fortgeschrittenen Nieren- und Herzerkrankungen können hohe Flüssigkeitsaufnahmen allerdings auch verboten sein. Weiterhin ist auf die Dosierung zu achten. Sie muss bei einer Reihe von Medikamenten von der Nierenfunktion abhängig gemacht werden. Wie immer, aber vor allem bei jeder Erkrankung von Niere und Leber, sollte man sich fragen, ob es nicht doch eine medikamentenfreie Behandlungsmöglichkeit gibt. Das gilt insbesondere für Befindlichkeitsstörungen wie gelegentliche Kopfschmerzen oder Sodbrennen.
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