
Die Zeiten für Autokäufer sind optimal. Der Markt kriselt, Händler überbieten sich mit Rabatten. Internetportale erhöhen den Druck.
Der neue Passat soll es sein – und möglichst billig. Mit diesem Vorsatz gehen wir in mehrere Berliner VW-Autohäuser. Lassen die Händler mit sich reden? Wie viel Rabatt ist drin?
Schnell zeigt sich: Jeder Verkäufer ist verhandlungsbereit, wenn auch zögernd. „Setzen Sie sich doch erstmal“, heißt es oft. Zwar wissen wir genau, welches Modell, welche Farbe, welche Ausstattung – es geht wirklich nur um den Preis. Dennoch werden uns die Extras genau erklärt. Unsere erste Erkenntnis: Einfach reingehen, den Rabatt erfragen und zum nächsten fahren, geht nicht. Wer es billig möchte, muss Zeit mitbringen.
Geduldige Händler erklären uns, dass das Basismodell „nackt“ sei, ohne Extras. Doch damit gebe es später beim Weiterverkauf herbe Abschläge. Kein Problem für uns, wir wollen ohnehin kein Basismodell, sondern den Variant Comfortline, 1,6 Diesel, plus Metalliclack, Tempomat und Ganzjahresreifen.
Bald reift die zweite Erkenntnis: Man sollte wissen, was man will und sich nichts aufschwatzen lassen. Ein Händler legt uns einen Fahrersitz mit Massagefunktion nahe, ein anderer Edelstahlkappen für die Pedale – teure Extras von zweifelhaftem Wert. Auch ohne sie landen wir bei 31 085 Euro Listenpreis plus 385 Euro für das, was Verkäufer „Überführung“ nennen: Wir müssen dasAuto im Werk abholen. Es beim Händler in Empfang zu nehmen, wäre noch teurer.
Wir beginnen zu verhandeln: „Derzeit gibt es doch so hohe Rabatte.“ Ungerührt starrt der Verkäufer auf seinen PC. Wir beugen uns vor und staunen: Er hat Carneoo.de aufgerufen, einen Internethändler. Offenbar will er sehen, wie viel Rabatt wir dort bekämen.
20 Prozent Rabatt im Internet
Das ist die dritte Erkenntnis: Es lohnt sich, im Internet bundesweit Preise zu recherchieren. Dafür bieten sich dutzende Portale an. Kunden können dort ihr Wunschauto individuell konfigurieren wie auf der Internetseite des Herstellers: Modell, Motorleistung, Farbe, Ausstattung, Extras. Das Portal stellt dann dem Listenpreis den eigenen, niedrigeren Preis gegenüber. Oft kann der Kunde verschiedene Hersteller vergleichen. Einen Kredit oder ein Leasingangebot liefern viele Portale gleich mit.
Die Nachlässe sind beachtlich, hat das Center Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg-Essen ermittelt: Große Portale wie APL-Priceoptimizer, Autohaus24, Carneoo und Meinauto boten Privatkunden für die 30 meistverkauften Pkw Ende 2012 im Durchschnitt Nachlässe von fast 20 Prozent. Einzelne Rabatte sind weit höher:
- NetCar warb am Jahresende für einen Opel Zafira mit knapp 39 Prozent Nachlass.
- MeinAuto.de bot einen Peugeot Boxer Kasten für 38,5 Prozent unter Listenpreis.
Die Portale beschränken sich aufs Vermitteln. Den Kaufvertrag schließen die Kunden per E-Mail oder Post mit dem Händler. Die Angebotsunterlagen sollten sie sorgfältig prüfen, besonders Modell, Ausstattung, Liefertermin. Abholen können sie das Auto im Werk, gegen Aufpreis auch beim Händler.
Gut 20 Portale sind derzeit aktiv. Viele vermitteln nur für den deutschen Markt gebaute Pkw, einige wie Take-your-car auch EU-Importe. Meist muss der Kunde weder eine Provision zahlen noch eine Anzahlung oder Vorkasse leisten. MeinAuto ging 2007 online und gibt 57 500 vermittelte Pkw an. Carneoo ging 2008 ans Netz und nennt 20 000 Pkw – Tendenz „rasant steigend“.
Günstige Händler bundesweit
Die Portale haben Verträge mit Händlern verschiedener Marken bundesweit. Gibt ein Kunde sein Wunschauto ein, sucht das Portal einen günstigen Händler.
„Für die Vermittlung erhalten wir 1 bis 1,75 Prozent Provision vom Händler, in der Regel etwa 400 bis 500 Euro pro Auto“, berichtet Carneoo-Geschäftsführer Hermann Josef Wolters. Über die Portale kann beispielsweise ein Händler im sauerländischen Olpe einen Käufer aus Osnabrück finden. Dass er dabei auf einen Großteil der Gewinnmarge verzichtet, kann er verkraften. Schließlich bekommt er zusätzliche Kunden – oft Leute, die sonst gar nicht kämen. Außerdem zählt nicht nur die Marge, sondern auch das Volumen: Händler, die bestimmte Absatzzahlen schaffen, erhalten Boni vom Hersteller.
Absatzzahlen sinken
Doch hohe Absatzzahlen zu erreichen, wird immer schwieriger. Im Jahr 2012 wurden 2,9 Prozent weniger Neuwagen zugelassen als 2011, gibt das Kraftfahrtbundesamt an: nur 3,08 Millionen. Für 2013 rechnet der Verband der Automobilindustrie mit nur noch 3 Millionen, sagt Präsident Matthias Wissmann. Das Durchschnittsalter der Pkw stieg von 8,3 auf 8,5 Jahre. „Wir erleben ein Überangebot an Autos und einen Rückgang der Nachfrage“, stöhnt Ulrich Köster vom Bundesverband Kfz-Gewerbe.
Der Handel hält mit Rabatten dagegen. Das Ergebnis sind „halsbrecherische Schleuderpreise“, so Köster. Die Preisnachlässe liegen auf Rekordniveau. Im Durchschnitt betrugen sie im Dezember 13,6 Prozent – mehr als je zuvor, so CAR. Die Nerven liegen blank: VW richte bei den Margen ein „Blutbad“ an, schimpfte Fiat-Chef Sergio Marchionne.
Was die Händler quält, freut die Kunden. Rabatte, Zubehör, günstige Kredite: Vieles gibt es sogar ungefragt. Die Autohersteller starten jeden Monat 300 bis 400 Sonderaktionen, bei denen sich Vorteile aus Rabatt, Extras, Sonderzinsen oft auf 30 Prozent des Listenpreises addieren. Das soll neuen Modellen bei der Markteinführung helfen oder den Verkauf älterer Baureihen ankurbeln.
So half Chevrolet dem Cruze-Kombi beim Marktstart mit 4 000 Euro Rabatt auf die Beine, 26 Prozent auf den Listenpreis. Citroën machte den leicht angegrauten Berlingo sogar 30 Prozent billiger. Auch auf Ford Focus und Opel Astra gab es laut CAR knapp 30 Prozent. BMW machte für den Dreier ein Leasingangebot mit 26 Prozent Vorteil.
Weitere Beispiele sind Seat Ibiza (27 Prozent), Honda Jazz und Chevrolet Orlando (26 Prozent), Citroën C3 Picasso und C 4 (25 Prozent), so CAR. Das alles sind Rabatte, die jeder Kunde bekommt, ohne zu handeln.
10 Prozent Nachlass im Autohaus
Wer es noch billiger will, kann versuchen, im Autohaus noch mehr herauszuholen. So erklärt unser Berliner Verkäufer nach langem Blick ins Internet: „Ein wenig ist beim Preis schon möglich.“ Wir weisen darauf hin, dass wir die Marke wechseln, von Toyota zu VW. Es geht hin und her, bis er erklärt: „28 745 Euro, das ist wirklich mein letzter Preis.“ Zur Erinnerung: Ausgangspunkt waren 31 085 Euro, plus 385 fürs Abholen ab Werk.
Doch der Rabatt reicht uns nicht, also ab ins nächste Autohaus. Da geht ein Kollege bis 28 520 Euro runter. Mehr ist auch bei anderen Händlern nicht drin, selbst als wir alle Register ziehen: Ein Ford gefalle uns auch gut, der Opel sei preislich günstiger, ein Freund habe mit seinem VW auch mal Pannen. Immerhin raunt uns ein Verkäufer beim Abschied an der Tür zu: „Wenn es hilft, habe ich 400 Euro als letzten Spielraum.“ Er läge dann bei 28 300 Euro, 10 Prozent Rabatt.
Das ist nicht wenig, aber kein Vergleich zu dem, was im Internet möglich ist. In einer Stichprobe fanden wir unseren Passat dort noch einmal rund 3 000 Euro billiger: bei MeinAuto.de für 25 303 Euro, allerdings war die Aktion bis 28. Januar begrenzt. Die anderen Portale lagen eng beieinander:
- Autoaid 26 511 Euro,
- Intercar24 26 576 Euro,
- APL 26 339 Euro,
- Carneoo 26 415 Euro,
- Autohaus24 26 436 Euro.
Für diese Preise müssen wir das Auto in Wolfsburg abholen. Eingerechnet ist, dass wir bisher eine andere Automarke fuhren. Für Schwerbehinderte, Selbstständige, teils auch für Fahranfänger und einige Berufe wie Journalist gibt es noch mehr Rabatt.
Rundumservice im Autohaus
Klar ist: Wer vor allem auf den Preis achtet, kommt um die Onlineportale nicht herum. Doch manchen Kunden ist die persönliche Beziehung zum Händler und zu „ihrer“ Werkstatt wichtig.
Die Testkäufer bekamen eine ausführliche Beratung plus Probefahrt und einen bequemen Rundumservice mit Zulassung, teils Versicherung, dazu die unkomplizierte Inzahlungnahme des Gebrauchten und sogar eine persönliche Einweisung in die Bedienung des neuen Wagens – Annehmlichkeiten, die vielen Kunden wichtiger sind als der reine Preis.
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Solche Konfiguratoren, ebenso wie die dazugehörigen detaillierten Fahrzeugdaten, kann man fertig kaufen (herstellerungabhängig). Also ist es nicht erstaunlich, dass verschiedene Plattformen den selben Konfigurator anbieten.
Die Transparenz wird überigens nicht mit einem Konfigurator erreicht. Der muss nur sicherstellen, dass das Fahrzeug am Ende so zusammengestellt ist, dass ein Händler es auch so liefern kann. Informationen kann man sich auch auf den Herstellerseiten oder im Laden holen.
Falsch! Es gibt Hersteller (Citroen, Ford, ...) die ihre Listenpreise überhoch ansetzen und dann mit Rabatten von 20% und mehr locken. Letztendlich zählt aber nicht der Rabatt, sondern der Preis und die dafür angebotene Leistung, also das Auto und die Dienstleistung (z.B. Garantieabwicklung).
Hier muss man vorsichtig sein und seine Entscheidung auf Basis des rabattierten Preises treffen. Dabei halte ich es für äußerst lästig, dass man überall erst einmal herumfeilschen muss, bevor man eine Entscheidungsgrundlage hat.
Was ich allerdings für sehr kritikwürdig halte, ist dass im Ausland deutsche Fabrikate um 20% und mehr billiger angeboten werden als hierzulande. Die Hersteller kassieren gern deutsche Preise, aber lassen im Ausland fertigen, weil's ja billiger ist...
Immer dasselbe man liest, von tollen Rabattaktionen der Autohersteller. Jeder der mal zum VW oder AUDI -Händler geht wird, feststellen dass es mit den angeblichen "Super-Rabatten" die durch die Presse geistern, nicht weit her ist. Außerdem hören die Verkäufer das Wort Rabatt sehr ungern. Hauspreis ist das Stichwort.
Evtl. bei ausländischen Hersteller aber bei Deuteschen wurde mir noch nie ein "Super-Rabatt" angeboten....
Eins ist sehr verdächtig: Die von Ihnen beschriebenen Internet Portale
Mein Auto.de, - Carneoo;- + Autohaus 24.de, haben fast den gleichen
KONFIGURATOR !!
Wo ist da die Transparenz ?
Die höchsten Rabatte bekommt man nur für Autos von gestern. Wer ein Auto V2.0 kaufen möchte, dass über Hybrid- oder Elektroantrieb verfügt, bekommt kaum Rabatt und noch monatelange Lieferzeiten.
Wären die Autohersteller wirklich fortschrittlich (und nicht nur in der Werbung), hätten Sie auch weniger Absatzprobleme.