
Regelmäßiges Eincremen ist bei Babys mit Neurodermitis wichtig. Es ist dagegen nicht erwiesen, dass es bei gesunden Säuglingen hilft, der Hauterkrankung vorzubeugen. © AdobeStock / Markus W. Lambrecht
Verschiedene Pflegemittel schützen die Haut bei Neurodermitis. Sie gelten als wesentliche Säule der Therapie – in Form teurer Badeöle sind sie aber laut einer britischen Studie unnötig. Auch das häufige prophylaktisch Eincremen von Säuglingen, damit sie nicht an Neurodermitis erkranken, hat offenbar keinen Nutzen: Studien sprechen dafür, dass sich damit nicht vorbeugen lässt. test.de fasst die neuen Studienergebnisse zusammen und gibt Bade- und Hautpflegetipps für Kinder mit Neurodermitis.
Neurodermitis – ein quälendes Hautleiden
Neurodermitis hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Fast jedes fünfte Kind leidet an dem juckenden Hautausschlag. Meist beginnt Neurodermitis im Säuglings- oder Kleinkindalter und verläuft schubweise. Häufig hat die Erkrankung komplexe Gründe: Erblich bedingt ist die Haut sehr trocken und reagiert mit Entzündungen auf an sich harmlose Auslöser wie Pollen oder bestimmte Nahrungsmittel.
Hautausschlag an Wangen, Armen und Beinen
Es bilden sich juckende, nässende, entzündete Hautbezirke; bei Säuglingen sind häufig die Wangen sowie die Außenseiten der Arme und Beine betroffen. Der Juckreiz ist oft unerträglich stark, vor allem nachts, so dass die Kinder die betroffenen Stellen aufkratzen. Oft bessert sich der Ausschlag vorübergehend, um dann plötzlich wieder heftig aufzublühen.
Die gute Nachricht: Oft verschwindet das Leiden wieder
Bei mehr als der Hälfte der Babys verschwindet die Erkrankung innerhalb weniger Jahre wieder, bei weiteren 20 Prozent vor der Pubertät.
Haut gut pflegen und im Akutfall behandeln
Besonders wichtig ist es, die meist sehr trockene Haut gut zu pflegen. Für diese Basispflege eignen sich fetthaltige, wirkstofffreie Cremes oder Salben am besten, die die Haut feucht halten und vor Reizungen bewahren sollen. Je trockener die Haut, desto fettreicher sollte das Hautpflegeprodukt sein. Bei Bedarf kann ein Eincremen auch mehrmals täglich angebracht sein. Durch die Basispflege wird die Hautbarriere gestärkt, Schübe werden seltener und verlaufen insgesamt milder. Für die Behandlung von Ausschlag und Juckreiz im Akutfall stehen entzündungshemmende Arzneimittel bereit.
Zusätzliche Badeöle bringen keinen Vorteil
Zur Basispflege kommen neben Cremes und Salben auch Badeöle zum Einsatz. Zusätzlich angewendet bringen sie aber keinen Vorteil, wie eine britische Studie von 2018 namens BATHE belegt. Es nahmen 482 Kinder mit Neurodermitis teil. Alle bekamen ihre gewohnte Therapie, inklusive einer Basispflege zum Cremen. Etwa die Hälfte erhielt zusätzlich übliche Badeöle für Hautleiden wie Neurodermitis, die mit entsprechenden Mitteln in Deutschland vergleichbar waren.
Cremen reicht
Die Kinder, die regelmäßig im Ölbad saßen, hatten in den ersten vier Monaten keine bessere Haut als die Vergleichsgruppe. Nach einem Jahr zeigte sich ebenfalls kein Unterschied, auch nicht bei weiteren Aspekten wie der Häufigkeit von Schüben. Cremen allein reicht also. Das spart den Eltern beziehungsweise Krankenkassen Geld und mögliche Probleme: von ölverschmierten Badetüchern bis hin zu rutschenden Kindern in der glitschigen Wanne. Falls Ihr Kind sich nicht gerne eincremen lässt, können Badeöle aber eine Option sein. Sie überziehen die Haut mit einem hauchdünnen Fettfilm. Deshalb die Haut nach dem Baden nur vorsichtig trocken tupfen.
So pflegen Sie die Haut von Kindern mit Neurodermitis
- Schonend reinigen.
- Kinder mit Neurodermitis können mit oder ohne Ölzusatz baden, am besten nicht zu lange und nicht zu heiß. Reinigungsprodukte sollten einen leicht sauren oder neutralen pH-Wert von etwa 5,5 bis 7 haben. Die Haut danach trocken tupfen und sofort gut eincremen.
- Tägliche Hautpflege.
- Wenden Sie grundsätzlich zweimal täglich die Basispflege an – auch in schubfreien Zeiten. Klären Sie mit dem behandelnden Arzt, welche Hautpartien zu cremen und welche Mittel zu nutzen sind. Handelt es sich rechtlich um Medikamente, nicht um Kosmetika, kann er sie Kindern auf Kassenkosten verordnen. Ausführliche Informationen sowie Bewertungen zu rezeptfreien und rezeptpflichtigen Neurodermitis-Arzneien finden Sie in unserer Datenbank Medikamente im Test.
Intensive Hautpflege hilft nicht vorbeugend ...
Besonders gefährdet eine Neurodermitis zu entwickeln, sind Neugeborene, deren Eltern oder Geschwister an der Krankheit leiden. Zwei kleinere Studien nährten die Hoffnung, dass prophylaktisches Cremen Risikokinder vor einer Neurodermitis schützen könnte. Das widerlegen nun zwei groß angelegte Präventionsstudien mit Kindern im ersten Lebensjahr: Sie sprechen zusammen eindeutig dafür, dass eine intensive Hautpflege zur Vorbeugung einer Neurodermitis nicht geeignet ist. Sobald sich jedoch erste Neurodermitiszeichen zeigen – zum Beispiel trockene Haut –, ist der Nutzen einer regelmäßigen, rückfettenden Hautpflege nachweislich nützlich.
... könnte aber Infektionen begünstigen
Britische Studie. In der vom Fachmagazin Lancet veröffentlichten BEEP-Studie wurden knapp 1 400 neugeborene Kinder, die aufgrund familiärer Vorbelastung besonders gefährdet für Neurodermitis sind, zufällig aufgeteilt: Die eine Hälfte wurde im ersten Lebensjahr täglich sowie nach jedem Bad von Kopf bis Fuß mit einer rückfettenden Pflegecreme eingeschmiert (außer auf der Kopfhaut). Die andere Gruppe erhielt nur die üblichen Ratschläge zur Hautpflege – etwa milde Reinigungsprodukte zu verwenden und Schaumbäder sowie Feuchttücher zu vermeiden. Nach dem ersten Geburtstag des Kindes war keine intensive Hautpflege mehr vorgesehen.
Flechte und Pilzinfektionen. Im Alter von zwei Jahren hatten in der Hautpflegegruppe 23 Prozent der Kinder eine Neurodermitis entwickelt, in der Kontrollgruppe 25 Prozent – also fast genau so viele, was statistisch keinen signifikanten Unterschied darstellt. In der Hautpflegegruppe traten aber vermehrt Hautinfektionen wie Impetigo (Grindflechte) oder Pilzinfektionen auf, nämlich bei 15 Prozent der Kinder. In der Kontrollgruppe war dies nur bei 11 Prozent der Fall.
Was eine zweite Studie sagt
Skandinavische Studie. Auch die PreventADALL-Studie, durchgeführt in Norwegen und Schweden, untersuchte unter anderem, was eine regelmäßige Hautpflege bringt. Es nahmen rund 2 400 neugeborene Kinder teil, die im Unterschied zur BEEP-Studie nicht vorbelastet waren. Ein Teil der Kinder sollte ab der zweiten Lebenswoche bis zum achten Lebensmonat mit einem öligen Badezusatz und einer rückfettenden Gesichtscreme an mindestens vier Tagen pro Woche behandelt werden. Im Alter von 12 Monaten litten 11 Prozent der Kinder in der Hautpflege-Gruppe an Neurodermitis, in der Kontrollgruppe waren es sogar nur 8 Prozent.
Weniger Kinder erblich vorbelastet. Dass hier insgesamt weniger Kinder die Erkrankung entwickelten als in der britischen Studie war zu erwarten, denn nicht alle Kinder hatten ein besonderes Neurodermitisrisiko. In dieser skandinavischen Studie wurden keine vermehrten Hautinfektionen beobachtet, allerdings waren die Hautpflegemaßnahmen auch weniger intensiv als bei der britischen Studie – und die Eltern hielten sich mehrheitlich nicht vollständig an die geforderten Hautpflegemaßnahmen.
Diese Meldung ist erstmals am 22. Juli 2018 auf test.de erschienen. Sie wurde am 22. Juli 2020 aktualisiert.
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