
Der Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentralen berichtet über Briefe des Lebensversicherers Neue Leben, in denen Kunden vorgeschlagen wird, sich von alten Versicherungsverträgen zu trennen. Die Kunden sollten jedoch vorsichtig sein: Alte Lebensversicherungen bieten teilweise gute Konditionen, die Kunden heute so nicht mehr bekommen würden. Der Marktwächter bittet Verbraucher um Mithilfe. [Update 09.01.2017]: Die Neue Leben will künftig keine Briefe mehr verschicken, in denen Kunden die Kündigung alter renditestärkerer Verträge nahegelegt wird. Damit reagiert das Unternehmen unter anderem auf die Kritik der Marktwächter. [Ende Update]
Hohe Zinsen gesichert
Lebensversicherer sind nicht glücklich mit Verträgen, die sie selbst vor Jahren beworben haben. In bis zum Jahr 2000 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen wurden Kunden zum Beispiel garantierte Zinsen von 4 Prozent auf ihre Sparbeiträge zugesagt. Damals waren das keine Zinsen, die Jubelstürme verursachten – heute sind die Konditionen jedoch konkurrenzlos gut für sichere Geldanlagen. Das Problem für die Anbieter: Ihre eigenen Geldanlagen werfen durch die niedrigen Zinsen immer weniger ab. Es fällt ihnen dadurch immer schwerer, die hohen garantierten Zinsansprüche ihrer „alten“ Kunden zu bedienen.
Altverträge loswerden

Die ersten Versicherer scheinen daher Maßnahmen einzuleiten, um die unbeliebten Altverträge loszuwerden. Das Unternehmen Neue Leben Versicherungs AG etwa schickt seinen Kunden aktuell Briefe, in denen Kunden nahegelegt wird, sich von den Verträgen zu trennen, berichtet der Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentralen. In dem Schreiben heißt es: „Ihre persönliche Situation, Ihre Ziele sowie Ihre finanziellen Wünsche haben sich vielleicht während der Vertragslaufzeit geändert. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich Ihr Guthaben früher auszahlen zu lassen?“. Unter dem Anschreiben nennt der Anbieter die Summe, die Kunden sofort stornoabschlagsfrei erhalten würden, wenn sie den Vertrag jetzt kündigen.
Neue Leben betont Service
Viele Verbraucher erhalten in diesen Tagen Post von der Neue Leben. Der Anbieter sieht darin ein Service-Angebot für seine Kunden: „Eine Auswertung der Kundenkommunikation der letzten Monate hat ergeben, dass sich unsere Kunden vermehrt mit den Flexibilitäten ihrer Versicherungsverträge beschäftigen“, erklärt das Unternehmen gegenüber test.de den Anlass des Schreibens. Daher habe man Kunden mit klassischen kapitalbildenden Verträgen und fondsgebundenen Verträgen angeschrieben, die einkommensteuerfrei über das eingezahlte Kapital verfügen können. „Sofern wir keine Rückmeldung erhalten, führen wir den Vertrag wie vereinbart fort“, erklärt das Unternehmen. Das Team des Finanzmarktwächters sieht das skeptischer: „Wir nehmen an, der Anbieter will mit Schreiben wie diesem teure Kunden loswerden. Das Interesse an der persönlichen Lebenssituation ihrer Versicherten scheint uns vorgeschoben“, sagt Sandra Klug, Leiterin des für Versicherungen zuständigen Hamburger Marktwächter-Teams.
Nicht voreilig kündigen
Kunden sollten sich jedoch sehr gut überlegen, ob sie ihren alten Vertrag wirklich vorzeitig beendigen wollen. Ein großes Plus einer Lebensversicherung, die Kunden vor 2005 abgeschlossen haben: Sie können die Beiträge großteils als Sonderausgaben steuerlich absetzen. Lassen Sie sich das Kapital später auf einen Schlag auszahlen, müssen Sie die Erträge nicht versteuern – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So müssen Sie fünf Jahre lang Beiträge gezahlt haben, der Vertrag muss seit mindestens zwölf Jahren laufen und die Todesfallsumme muss mindestens 60 Prozent der Beiträge betragen. In Altverträgen bekommen Kunden außerdem deutlich höhere Garantiezinsen als heute: Für Verträge, die zwischen 1994 bis 2000 abgeschlossen wurden, liegen die Garantiezinsen bei 4 Prozent, bei Vertragsabschluss bis 2004 bei 3,25 und bis 2007 immerhin bei 2,75 Prozent. Auch wenn damit nur der Teil Ihres Beitrags verzinst wird, der bleibt, wenn der Versicherer seine Kosten abgezogen hat. Vergleichbar sichere und hohe Zinsen sind heute bei Geldanlagen nicht zu haben, zumal der Hauptteil der Kosten bezahlt ist. Eine alte Lebensversicherung kann ein guter Baustein der Altersvorsorge sein. Ist die Versicherung mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung verbunden, sollten Kunden den Vertrag behalten. Eine neuer Vertrag erfordert eine erneute Gesundheitsprüfung.
Finanzmarktwächter bittet um Mithilfe
Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Hamburg will herausfinden, ob und welche weiteren Versicherer derartige Schreiben verschicken und bittet Verbraucher um Mithilfe: Verbraucher, die ein Angebot für eine vorzeitige Vertragsbeendigung von ihrem privaten Lebens- oder Rentenversicherer erhalten haben, werden gebeten, ihre Erfahrungen zu schildern und entsprechende Briefe der Versicherungsgesellschaft einzusenden – wahlweise:
- per E-Mail an fmw@vzhh.de,
- per Fax an (0 40) 2 48 32–21 05 oder
- auf dem Postweg an:
Verbraucherzentrale Hamburg, Marktwächter Finanzen, Kirchenallee 22, 20099 Hamburg.
Über den Marktwächter Finanzen
Mit dem Marktwächter Finanzen beobachten und analysieren die Verbraucherzentralen den Finanzmarkt aus Sicht der Verbraucher. Grundlage der Arbeit sind Informationen aus der Verbraucherberatung in den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.
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