
Schon mal salzig-warm die Nase ausgespült? Die Methode kann medizinisch durchaus nützen – doch nur vier von zehn getesteten Nasenduschen sind gut.
Abend für Abend, kurz vorm Schlafen, erlebt Sascha Pfeifer eine Befreiung. Der 40-Jährige gibt Salz und lauwarmes Leitungswasser in einen Messbecher, verrührt das Ganze und füllt es in eine kleine Plastikgießkanne. Die hält er an ein Nasenloch, kippt Kopf und Kännchen – und schon rinnt ein Bächlein aus seinem anderen Nasenloch und plätschert ins Waschbecken. Gut eine Minute lässt Pfeifer die Schleusen offen. Nachher, sagt er, bekomme er viel besser Luft – „toll beim Einschlafen“. Und: Er fühle sich „so richtig sauber“.
Pfeifers Ritual mag manche amüsieren oder anekeln. Andere kennen es längst aus eigener Erfahrung.
Da rein, da raus. Nasenduschen spülen Salzlösung durch ein Nasenloch hinein, um die Scheidewand herum durch das andere Loch wieder hinaus. Alle funktionieren ähnlich, egal ob kannen- oder kanisterförmig.
„Nasenduschen ist auf gewisse Weise hip“, sagt HNO-Arzt Professor Dr. Ralph Mösges von der Uni Köln. Er forscht zum Thema und wirkt an Leitlinien seiner Zunft mit. Vielerlei Nasenduschen warten, etwa in Apotheken und Drogerien, auf Kundschaft. Sie erinnern meist an Kannen oder Kanister und spülen Salzwasser durch die Nase: durch ein Loch rein, durchs andere raus. Hersteller preisen sie als „Wellness“, „natürliche Hygienemaßnahme“, „wohltuend und befreiend“. „Studien belegen in manchen Bereichen einen medizinischen Nutzen“, sagt Fachmann Mösges. Anwender sollten zum Schutz ihrer Nase aber einige Regeln beachten (siehe Anwendungen).
Zehn Nasenduschen im Test
Nasenduschen müssen einwandfrei arbeiten. Spülen sie gründlich? Lassen sie sich gut füllen, reinigen, allgemein leicht handeln? Fünf Experten und zehn Nutzer ohne Vorerfahrung prüften diese Fragen, indem sie alle zehn Geräte am eigenen Leibe ausprobierten. Ferner bewerteten wir die Gebrauchsanleitung, Kennzeichnung und Verarbeitung sowie die zugehörigen Salze.
Die Salze sind einwandfrei (siehe Die richtige Spüllösung),die Geräte nicht immer. Nur vier der zehn getesteten schneiden gut ab. Ganz vorn, exakt gleichauf, liegen Modelle von Emcur und Emser. Beide erinnern an Kanister mit Nasenaufsatz. Die Flüssigkeit läuft heraus, sobald der Nutzer den Finger von einer Luftöffnung nimmt. Der Spüldruck lässt sich durch Druck auf die Wände des Geräts regulieren. Als Nächstes folgen, ebenfalls gleichauf, zwei Kannen: eine kleine, die wir als Aktionsware bei Aldi (Nord) kauften, und eine ziemlich große, das „Prof. Schmidt’s Jala Neti Set“. Es schneidet bei der Handhabung sogar am besten ab. Nachteilig ist aber die langatmige, etwas unübersichtliche Gebrauchsanleitung.
Schwächen bei sechs Geräten

Im hohen Bogen. Manche Nasenduschen beginnen zu spülen, wenn Nutzer den Finger vom Ventil nehmen
Die anderen Geräte bereiteten den Testern Unannehmlichkeiten. Manchmal gingen Deckel kaum auf, manchmal waren Luftventile mit dem Finger zuzuhalten – kraftraubend. Zudem ließ sich oft der Spüldruck nicht besonders gut regulieren, meist wegen harter Plastikwände. Am schwierigsten zu handhaben war der Rucho Nasenspüler: eine Art Strohhalm, den man an ein Glas steckt und daraus Flüssigkeit in seinen Zinken zieht – im Test nicht einfach.
Die geprüften Nasenduschen kosten 4,75 bis 15 Euro. Das Prinzip geht auf alte Yoga-Reinigungsrituale zurück. Manche Menschen saugen übrigens Salzlösung einfach aus einer Tasse oder aus der hohlen Hand. Mösges hält kommerzielle Nasenduschen aber für wirkungsvoller: „Sie schwemmen schneller und mehr Flüssigkeit durch.“
Auch Pfeifer kam durch ein Yoga-Buch zu seinem Kännchen. „Ich bin aufgeschlossen für so etwas“, sagt der Bewegungstrainer und kieferorthopädische Techniker aus Frankfurt am Main. „Ich achte auf meine Gesundheit und schätze alternative Medizin.“ Das dürfte für viele Nasenduscher gelten. Andere spülen in der Hoffnung, dass sie weniger Medikamente, also weniger Chemie in der Nase brauchen, oder weil etwa der HNO-Arzt oder Hausarzt dazu rät.
Bei Allergien und Rhinosinusitis
Die Spülkur soll die Schleimhaut befeuchten und von Schleim, Dreck und Krankheitserregern säubern. Ärzte empfehlen sie oft nach Nasen-OPs. Auf zwei weiteren Gebieten nützt sie nachweislich, bestätigen aktuelle Studienanalysen von Mösges und Kollegen: Erstens sollten Allergiker, etwa zu Pollenflugzeiten, täglich spülen, um die Nase von Allergenen zu befreien. Zweitens hilft die tägliche Dusche bei chronischer Rhinosinusitis, also dauerhafter Nasen- und Nasennebenhöhlen-Entzündung. Daran leiden etwa 5 Prozent der Deutschen. Typische Symptome: Der Geruchssinn ist schlecht, die Nase verstopft oder läuft oft, in ihrem Umfeld drückt oder schmerzt es – und das länger als drei Monate.
„Ob Nasenduschen bei akutem Schnupfen oder akuter Nebenhöhlenentzündung hilft, ist dagegen umstritten“, sagt Mösges. Betroffene sollten den Arzt fragen, bevor sie loslegen. Auch unklar: Ob die Methode Erkältungen vorbeugt. Es mangelt dazu an aussagekräftigen Studien in Fachjournalen. 2009 stellte der US-Allergologe Dr. Talal Nsouli Daten vor, wonach tägliches Spülen Infektionen sogar fördern könnte. Doch gibt es auch gegenteilige Hinweise, etwa eine Untersuchung der Krankenkasse GEK von 2003. Knapp 1 700 Versicherte duschten ein Jahr regelmäßig die Nase und plagten sich seltener als zuvor mit Erkältungskrankheiten – gaben sie zumindest an.
Auch Pfeifer meint zu merken, dass sein Kännchen ihn vor Unbill schützt. Spürt er dennoch einen Schnupfen aufziehen, zückt er es mehrmals täglich. Allabendlich nutzt er es seit sechs Jahren. Nebenwirkungen, etwa Reizungen, hatte er noch nicht.
Auch Mösges hält Nasenduschen nach dem jetzigen Wissen für unbedenklich. „Nach Nasen-OPs sollten sie nur nach ärztlicher Rücksprache zum Einsatz kommen, bei Nasenbluten gar nicht“, sagt er. Sonst dürften alle spülen, auch Schwangere und Kinder. Die Geräte sind meist ab etwa drei oder vier Jahren unter elterlicher Anleitung verwendbar und funktionieren wie bei Erwachsenen. Mösges findet die Methode insgesamt „sehr sanft, sehr verträglich, auch langfristig“.
Mit der richtigen Lösung spülen

Portiönchen. Hersteller von Nasenduschen bieten oft auchvorportioniertes Salz in Tütchen.
Aber Achtung: Die Duschen können das Riechorgan durchaus stressen – wenn sie Krankheitserreger beherbergen und in die Nase oder sogar bis tief in die Nebenhöhlen schwemmen. Daher sollten Nutzer das Gerät nach jedem Gebrauch reinigen, auch sonst auf gute Hygiene achten und nur sanft spülen – mit der richtigen Lösung: 0,9 Gramm Kochsalz (Natriumchlorid) pro 100 Milliliter Wasser. Eine etwas höhere Konzentration geht auch. „Doch deutlich zu viel oder zu wenig Salz reizt die Schleimhaut und brennt merklich“, sagt Mösges. „Solche Lösungen auf keinen Fall verwenden.“ Ein Messstrich an der Nasendusche und vorportioniertes Salz helfen beim Dosieren . Aufgefüllt wird das Ganze mit Leitungswasser – hygienisch-frisch und wohlig-lauwarm.
Selbst ein perfektes Gebräu ist für Ungeübte oft ungewohnt – „wie wenn beim Schwimmen Wasser in die Nase kommt “, sagt Pfeifer. „Und das Spülen kann alles Mögliche zutage fördern.“ Er fand das anfangs komisch, auch die gurgelnden Geräusche. Sie entstehen, weil Pfeifer Flüssigkeit, anders als üblich, teils aus dem Mund spuckt. Erst behielt er sein Ritual eher für sich. „Heute gehe ich locker damit um und empfehle es Bekannten. Aber ich missioniere nicht.“ Nasenduschen sei einfach nicht jedermanns Sache. Auch Pfeifers Freundin spült nicht gern – stört sich aber nicht weiter an seinem Treiben. Er sieht sich auch in Zukunft mit Kännchen. Er hat die Nase längst nicht voll.