Nahrungsergänzungsmittel für Kinder Bestenfalls überflüssig

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Sie sollen die Abwehrkräfte stärken, Vitaminmangel vorbeugen oder gegen Schulstress wirken: Für viele Eltern leben Kinder erst mit Vitaminpillen und Mineralstofftabletten richtig gesund. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Nahrungsergänzungsmittel sind oft überdosiert. Sie können sogar schaden. test.de sagt warum.

Zu diesem Thema bietet test.de einen aktuelleren Test: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder.

30 Millionen Euro im Jahr

Gummibärchen mit Vitaminen, bunte Kapseln mit Fischöl und Mineralstofftabletten mit lustigem Blütengesicht: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sind bei vielen Eltern beliebt. Rund 30 Millionen Euro geben die Deutschen im Jahr dafür aus, schätzen Experten. Es sind vor allem vermögende, gut gebildete Eltern, die das Wohlbefinden ihrer Kinder mit Sirup, Säften, Kautabletten oder Pillen verbessern wollen. Doch der Wunsch erfüllt sich nicht. Die Stiftung Warentest hat 23 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder untersucht. Ergebnis: Die meisten Fitmacher sind überdosiert. Sie sind bestenfalls überflüssig und können sogar schaden.

Überdosis Vitamin A

Viel hilft nicht viel. Das gilt beispielsweise für Vitamin A. Ein lebenswichtiges Vitamin, doch zu viel ist zu viel. Vitamin A ist fettlöslich. Der Körper nimmt es auf und speichert das Vitamin. Eine Überdosierung könnte eine Risiko bedeuten. Das ist auf Dauer nicht sinnvoll. Zwölf Nahrungsergänzungsmittel im Test enthalten zu viel Vitamin A. Darunter auch die bekannte Marke Sanostol. Testurteil: Für Kinder nicht geeignet. Das gilt für alle überdosierten Produkte. Ebenfalls fettlöslich sind die Vitamine D und E. Auch sie sollten nicht überdosiert werden. Zuviel Vitamin D steckt beispielsweise in den Fischöl-Kaukapseln OM 3 junior.

Überdosis Mineralstoffe

Die Stiftung Warentest orientiert ihre Bewertung an den Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Diese Empfehlungen sind relativ streng. Sie beziehen sich auf Nährstoffe, die Kinder täglich zu sich nehmen. Dabei gehen auch angereicherte Lebensmittel wie Säfte, Cornflakes und Milchprodukte in die Rechnung ein. Mineralstoffe wie Zink, Kupfer, Mangan und Eisen sollten Kinder gar nicht extra bekommen. Im Essen steckt genug davon, so die Empfehlung des BfR. Die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln halten auch diese Empfehlung nicht ein. Viele Produkte enthalten Mineralstoffe satt. 10 von 23 getesteten Produkten sind demnach überdosiert.

Ziegenkolostrum und Gelée Royale

Manches Produkt ist überdies wild komponiert. Beispiel: Der Basis Vitalstoffkomplex für Kinder. Die Kapseln, die die Tester beim NCM Versand im Internet bestellten, enthalten Ziegenkolostrum (die erste Ziegenmilch nach der Geburt des Zickleins), Gelée Royale (die Nahrung der Bienenkönigin) und Camu-Camu (ein süd-amerikanisches Myrtengewächs). Klingt nach Natur pur, ist es aber nicht. Die Präparate liefern konzentrierte Nährstoffe in einer Zusammensetzung, wie sie in der Natur nicht vorkommt. Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen sind da nicht ausgeschlossen. Vorsicht ist angesagt. Das gilt vor allem für Kinder und Jugendliche, die noch im Wachstum sind.

Algengift aus USA

Besonders bedenklich ist die wilde Mixtur bei Kids Plus Spirit Power. Diese Kapseln enthalten neben probiotischen Bakterien, Kamutgras und Alfalfagrün auch Afa-Algen. Die blaugrüne Süßwasseralge stammt aus dem Klamathsee in Oregon, USA. Afa-Algen können Giftstoffe enthalten, so genannte Microcystine. Genau die fanden die Lebensmittelchemiker der Stiftung Warentest in den Kids Plus Kapseln. Microcystine können die Leber schädigen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft sie als möglicherweise krebserregend ein. Fazit der Tester: Solche Nahrungsergänzungsmittel bringen mehr Risiken als Nutzen.

Täglich bunte Pillen

Für viele Eltern ist diese Botschaft offenbar neu. Eine Onlineumfrage von test.de zeigt, wie beliebt Nahrungsergänzungsmittel sind. 1 400 Leser klickten die Umfrage im Januar an. 60 Prozent der Eltern sagten, dass sie ihren Kindern schon mal Vitaminpillen, Sirups oder Kautabletten kaufen. Jeder zweite, der die Produkte nutzt, gibt sie seinen Kindern täglich.

Fünf sind annehmbar

Überflüssig, sagen Experten. Obst, Gemüse und Vollkorn sind die bessere Wahl. Eine ausgewogene Mischkost liefert alle Vitamine und Mineralstoffe, die Kinder brauchen. Wer trotzdem zu Pillen greifen will, findet im Test immerhin fünf Produkte, die mit Einschränkungen geeignet sind. Kinder brauchen sie nicht, aber sie schaden auch nicht. Zumindest enthalten die fünf Testsieger keine kritischen Mineralstoffe und keine Überdosis Vitamine.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 10.05.2022 um 13:32 Uhr
Sanostol Lutschtabletten

@Drstiewe: Wir schreiben nicht, dass Sanostol Lutschtabletten krebserregend sind. Im Rahmen unserer Untersuchung stellten wir allerdings fest, dass die Lutschtabletten als Nahrungsergänzung für Kinder „nicht geeignet“ sind. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Veröffentlichung.

Drstiewe am 08.05.2022 um 20:49 Uhr
Kommentat von dr. Stiewe

Sanostol Tabletten hingegen sind wahrlich nicht krebserregend im Gegenteil. Auch beim Verzehr grösserer Mengen dieser Lutschtabletten überwiegen dennoch die positiven, gesundheitsfördernden Substanzen. Gruss Dr. STIEWE

Nicole_Berlin am 20.04.2022 um 23:41 Uhr
Sirup

Ich wähle nur hochwertige und bewährte Vitamine für mein Kind, also kaufe ich Vitamama Immunotops Syrup nicht zum ersten Mal. Ich bin mit der Zusammensetzung völlig zufrieden, es gibt keine Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder künstliche Aromen drin. Dafür sind drin Pflanzenextrakte mit Vitaminen, die für den wachsenden Körper notwendig sind, und der Geschmack ist echt gut. Der Sirup ist angenehm zu trinken, leicht süß, aber dank Inulin, es gibt überhaupt keinen Zucker in der Zusammensetzung.