Jeder dritte Deutsche nimmt Nahrungsergänzungsmittel ein – das ergab eine Umfrage der Verbraucherzentralen. Doch was viele nicht wissen: Die Pillen, Kapseln und Pulver werden – anders als Medikamente – nicht auf Wirkung und Sicherheit geprüft und durchlaufen kein behördliches Zulassungsverfahren. Sie müssen aber beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) angemeldet werden. test.de sagt, welche Regeln für Nahrungsergänzungsmittel gelten.
Präparate sind beliebt: Von Vitamin C bis Zink
Vitamine, Mineralstoffe, Omega-3-Fettsäuren oder Pflanzenstoffe wie Artischocken- und Sojaextrakt sind beliebt. Der Umsatz mit Tabletten, Kapseln und Pulver, die solche Inhaltsstoffe enthalten, ist im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um 0,6 Prozent gestiegen: 177 Millionen Packungen wurden von April 2015 bis März 2016 verkauft. Das belegen Daten einer Analyse des Marktforschungsinstituts Insight Health im Auftrag des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Am häufigsten greifen die Deutschen demnach zu Magnesium, Vitamin C, B und B12, Multivitamin-Packungen, Kalzium, Kalium, Zink und solchen Präparaten, die den Säure-Basen-Haushalt regulieren sollen.
Viele versprechen sich eine heilende Wirkung
Doch die Deutschen wissen nach Einschätzung der Verbraucherzentralen (VZ) oft nur wenig über die Mittel, die sie einnehmen. Fast 40 Prozent derjenigen, die sich seit Januar an das VZ-Portal Klartext-nahrungsergaenzung.de gewandt haben, erwarten eine lindernde oder heilende Wirkung – wie von Arzneimitteln. Dieser Trugschluss sei aus Sicht der Verbraucherschützer kein Wunder, denn die Mittel kämen „wie Medikamente als Pillen und Pulver daher“, so ist auf der Webseite der Verbraucherzentrale Brandenburg zu lesen. Auf klartext-nahrungsergaenzung.de informieren die Verbraucherschützer und beantworten Fragen zu Produkten sowie ihren Risiken und möglichen Nutzen.
Nahrungsergänzungsmittel sind keine Medikamente
Rechtlich ist die Situation klar: Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel. Sie müssen nicht in Studien erprobt werden und kein Zulassungsverfahren durchlaufen. Während bei Medikamenten die deutsche oder europäische Arzneimittelbehörde prüft, ob klinische Studien an Patienten die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit belegen, kommen Nahrungsergänzungsmittel ohne behördliche Prüfung auf den Markt.
Anmeldung beim Bundesamt reicht
Für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften sind in der Regel allein Hersteller, Händler oder Importeure zuständig. Sie müssen ihre Produkte aber beim BVL anzeigen. Dafür müssen sie den Namen des Präparats und des Verantwortlichen angeben sowie ein Muster des Etiketts einreichen. Das BVL prüft ausschließlich, ob die Anzeige vollständig ist und leitet sie an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden weiter. Diese prüfen in Stichprobenkontrollen, ob Nahrungsergänzungsmittel die für sie geltenden Vorschriften des Lebensmittelrechts einhalten.
Wann gesundheitsbezogene Angaben erlaubt sind
Auf den Packungen darf nicht dafür geworben werden, dass die Mittel Krankheiten lindern oder heilen können. Gesundheitsbezogene Aussagen („Health Claims“) dürfen – wie bei allen Lebensmitteln – dort nur stehen, wenn die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa sie bewilligt hat. Beispiel: Mittel für die Sehkraft enthalten häufig die Pflanzenstoffe Lutein und Zeaxanthin. Ob die Zusatzzufuhr dieser Stoffe in Pillenform etwas für die Sehkraft bringt, ist aber nicht ausreichend belegt. Die Efsa genehmigte entsprechende Werbeslogans nicht. Dagegen kommen Vitamin A, Vitamin B2 und Zink der Sehkraft nachweislich zugute. Für diese Stoffe hat die Efsa die Auslobung „zum Erhalt der Sehkraft“ bewilligt.
Nutzen ist oft nicht ausreichend belegt
Die Stiftung Warentest nimmt immer wieder Nahrungsergänzungsmittel unter die Lupe und prüft dabei, ob aussagekräftige Studien die Wirksamkeit belegen. Bei den Tests von Präparaten für Schulkinder und für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden fanden unsere Experten beispielsweise keinen ausreichenden Nachweis für den gesundheitlichen Nutzen, den die Mittel bringen sollen. Unsere Tests zeigen auch: Risiken lassen sich bei manchen Präparaten nicht ausschließen – vor allem, wenn Menschen sie lange Zeit einnehmen. So stehen Phytohormone aus Soja und Rotklee im Verdacht, das Risiko für Schilddrüsenerkrankungen und Brustkrebs zu erhöhen.
Zu hohe Dosierungen können problematisch sein
Negative gesundheitliche Folgen können aber auch durch eine Überversorgung mit manchen Vitaminen und Mineralstoffen entstehen. Dazu kann es etwa kommen, wenn Menschen mehrere Produkte gleichzeitig einnehmen. Im Einzelfall können auch zu hohe Dosierungen problematisch sein. Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen ergab etwa, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Magnesium oft zu hoch dosiert sind. Das kann je nach Konzentration zu Nebenwirkungen wie Durchfall führen.
Mit dem Arzt sprechen
Bevor Verbraucher Nahrungsergänzungsmittel dauerhaft einnehmen, sollten sie mit ihrem Arzt darüber sprechen. Eine Blutuntersuchung kann zum Beispiel klären, ob ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel vorliegt. Die meisten Deutschen sind allerdings allein durch die Nahrung ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Krankheiten, die aufgrund von Vitaminmangel auftreten, kommen bei ansonsten gesunden Erwachsenen in Deutschland nur äußerst selten vor.
Wann Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind
Für bestimmte Personengruppen jedoch können manche Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein – etwa Folsäure für Schwangere. Das Vitamin ist wichtig, damit sich das Baby im Mutterleib optimal entwickeln kann. Für Veganer beispielsweise kann eine Nahrungsergänzung mit Vitamin B12 notwendig sein. Denn dieser Nährstoff ist fast nur in tierischen Lebensmitteln enthalten. Und die Einnahme von Tabletten mit Vitamin D ist für verschiedene Risikogruppen angebracht, um die Knochen zu stärken – etwa für Babys oder Personen mit sehr wenig Sonnenkontakt. In jedem Fall gilt aber: Die Einnahme sollte mit dem Arzt abgesprochen sein.
Tipp: Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, braucht meist keine Nahrungsergänzung. Hilfreich sind Vollkorn- und Milchprodukte, fetter Seefisch mit Omega-3-Fettsäuren, Pflanzenöle sowie fünfmal täglich Obst und Gemüse.
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Man hat hier in Mitteleuropa bei «normaler Ernährung» keine Chance, genug Jod auszunehmen. Das Jodsalz reicht nicht und auch die empfohlene maximale Dosis von 200 µg/d reicht nicht aus. Ich habe das bei mir durchexerziert. Seit ich deutlich mehr schlucke, funktioniert die Verdauung endlich wieder jeden Tag und ich schlafe deutlich besser. In Japan liegt die tägliche Dosis bei etwa 12 mg, was ich auch problemlos vertrage. Dort ist die Krebsrate viel niedriger und es gibt kaum Schilddrüsenerkrankungen. Ganz viele Leute haben einen Vitamin B12 Mangel, der aber nicht erkannt wird, weil holo-tc nicht getestet wird. Vitamin D ist auch so ein Thema. Ohne massive Substitution schafft man gute Werte ab 50 ng/ml im Blut einfach nicht. Ich finde diese Propagandaartikel einfach unseriös. Durch das peer review wird auch wirksam verhindert, daß Studien mit anderen Ergebnissen veröffentlicht werden, auch wenn sie richtig sind. StiWa sollte dem Medizin Establishment viel kritischer begegnen.
@Yogameister: Experten empfehlen täglich fünf Portionen Obst und Gemüse zu verzehren – roh oder zubereitet. Diese Empfehlung im Alltag umzusetzen ist gar nicht so schwer. Eine Portion ist eine Handvoll, auch ein Glas Obst- oder Gemüsesaft gilt als eine Portion. Die empfohlenen zwei Portionen Obst lassen sich z.B. mit einem Apfel im Frühstücksmüsli und einer Handvoll Erdbeeren am Nachmittag gut realisieren. Die Gemüsebeilagen zum Mittag- und Abendessen und ein Glas Gemüsesaft zwischendurch liefern die empfohlenen täglichen drei Gemüseportionen. (spl)
DANKE für diesen Artikel zur Wirksamkeit von Nahrungsergänzung. Für mich als Verbraucher stellt sich immer die Frage, was sinnvoll und gut ist ... und was nicht. Dass Billigstprärate an der Supermarktkasse und Noname-Produkte aus dem Internet nicht viel taugen, ist für mich noch einfach nachvollziehbar. Aber was ist mit qualitativ hochwertigen Produzenten, die Präparate gezielt für bestimmte Zwecke selbst entwickeln (z.B. sowas wie Anti-Stress-Präparate von neurolab-vital.de)? Zur gesunden Ernährung: Das Problem ist, dass man normal fast unmöglich auf 5 Portionen Obst und Gemüse jeden Tag kommen kann. Da muss man schon sehr diszipliniert sein ... ich schaffe das gerade in stressigen Zeiten jedenfalls nicht!