Heizstrom für Nachtspeicher: Vergleichen und gewinnen
Finanztest veröffentlicht die erste Anbieter- und Tarifübersicht für Kunden, die Haushalts- und Wärmestrom gemeinsam messen.

Rainer Ratajczak aus Marl will wechseln. Seine Nachtspeicherheizung und sein Haushaltsstrom laufen über einen Zählerkasten. Durch einen Anbieterwechsel spart er bis zu 273 Euro pro Jahr.
Erst 2 Prozent der 1,6 Millionen Haushalte mit Nachtspeicherheizung haben ihren Stromanbieter gewechselt. Rainer Ratajzcak aus Marl im Ruhrgebiet gehört bald zu ihnen. Er hat eine Nachtspeicherheizung mit gemeinsamer Messung, einem Zweitarifzähler, und ist gerade dabei, von seinem Grundversorger RWE zu Eon zu wechseln.
Die Motivation des 34-Jährigen ist klar: „Ich wollte in erster Linie weg von RWE. Mein Strompreis hat sich seit 2007 um rund 67 Prozent erhöht, obwohl die Marktpreise teilweise gefallen sind. Ich habe deswegen Preiserhöhungen boykottiert.“ Jetzt hat er den Wechsel zu Eon eingeleitet. Für ihn kommt der Tarif „Eon Wärmestrom öko 2018 – gemeinsame Messung“ infrage. Der Eon-Tarif bringt Ratajzcak rund 120 Euro Ersparnis – bei seinem Verbrauch von 1 500 Kilowattstunden (kWh) in der Hochtarifzeit (HT) und 6 200 kWh in der übrigen Zeit. Viel mehr könnte er sparen, wenn er zum Energiehandel Dresden wechselt: 273 Euro im Jahr.
Ersparnis von 1 000 Euro möglich

Zieht viel Strom. Die Nachtspeicherheizung von Rainer Ratajzcak.
Mit unseren Testergebnissen können Kunden wie Rainer Ratajczak leicht einen neuen Anbieter finden. Wir haben untersucht, wie viel ein Musterhaushalt sparen kann, wenn er vom günstigsten Tarif des örtlichen Grundversorgers zu einem neuen günstigeren Anbieter wechselt. Außerdem wollten wir wissen, welche Anbieter überregionale Angebote für Heizstromkunden mit gemeinsamer Messung haben. Wir haben deswegen mehr als 1 300 Energieunternehmen angeschrieben und sie nach ihren Preisen für unseren Musterhaushalt in 44 Städten befragt So haben wir getestet.
Die Ergebnisse haben uns selbst überrascht. In Würzburg erzielte unser Musterhaushalt die höchste Ersparnis: 1 001 Euro kann er im Jahr sparen, wenn er vom örtlichen Grundversorger, den Stadtwerken Würzburg, zum Energiehandel Dresden wechselt. In Neuss waren es immer noch 812 Euro, Tabelle: Tarife für Wärmepumpen 3/2015. Auch hier war der Energiehandel Dresden der günstigste Anbieter. Den Tarif können Kunden aber nur online abschließen.
Kartellamt erzwingt Marktöffnung
Doch wie kommt es eigentlich zu diesen hohen Ersparnissen? Zum einen liegt es an der hohen Abnahmemenge. Bei der gemeinsamen Messung werden schließlich Haushalts- und Heizstrom über einen Zähler abgerechnet. Zum anderen übten die Kunden wenig Druck auf die Preise aus. Noch immer sind 98 Prozent aller Nutzer von Nachtspeicherheizungen Kunde bei ihrem örtlichen Grundversorger.
Fabian Fehrenbach von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz erklärt: „Es gibt praktisch keinen Wettbewerb. Die Unternehmen haben deswegen wenig Hemmungen, hohe Preise zu verlangen, weil die Kunden sowieso nicht abwandern.“
Dass es überhaupt alternative Angebote am Markt gibt, verdanken die Verbraucher dem Bundeskartellamt. Erst die Missbrauchsverfahren der Behörde veranlassten die Grundversorger, Zutrittsbarrieren für andere Anbieter abzubauen. Sie verpflichteten sich beispielsweise, die Preise ihrer Heizstromtarife zu veröffentlichen und temperaturabhängige Verbrauchskurven zur Verfügung zu stellen. Seit 2010 öffnet sich langsam der Markt. Dazu kommt: Ohne Preisübersichten können Kunden nicht vergleichen. Sie wissen gar nicht, welche Firmen in ihrem Versorgungsgebiet überhaupt Tarife anbieten, weil es für die gemeinsame Messung keine Tarifrechner im Netz gibt. Die Tabelle ist die erste bundesweite Marktübersicht. Nur die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat günstige Tarife für ihr Bundesland unter vz-nrw.de/heizstrom veröffentlicht.
Wechseln ist kinderleicht
Der Wechsel des Stromanbieters geht schnell und ist unkompliziert Checkliste. Niemand kommt in die Wohnung. Es werden keine Stromzähler ausgetauscht. Besonders komfortabel: Der neue Anbieter kündigt sogar den alten Vertrag. Energie-Expertin Uta Büchel von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zieht Bilanz: „Bisher saß kein Kunde im Dunkeln oder im Kalten.“