Viel Öl will die OGI AG fördern – und dafür viel Geld einsammeln, mit TV-Star Guido Maria Kretschmer als Vehikel. Wenn dazu auch noch der Firmenchef Investoren den Rückkauf der Anlage plus Zinsen von 9 bis 12 Prozent verspricht – was kann da schon schiefgehen? Finanztest nennt sechs Gründe, warum Anleger dennoch die Finger von dieser Geldanlage lassen sollten.
Anleger haben bereits für 7 Millionen Euro gezeichnet
Schöner geht es kaum. Anlegern, die der Oil & Gas Invest AG (OGI AG) in Frankfurt am Main Geld für die Erschließung von Ölquellen in den USA geben, garantiert OGI-Vorstand Jürgen Wagentrotz höchstpersönlich die Rückzahlung ihrer Einlage plus Zinsen zwischen 9 und 12 Prozent im Jahr. Bürgen will Wagentrotz mit seinem Privatvermögen, falls etwas schiefgeht. Doch das kann aus seiner Sicht nicht passieren, da die OGI AG im Süden der USA über Erdölvorräte von 120 Millionen Barrel im Wert von 6 Milliarden US-Dollar verfüge, die nur kapitalisiert werden müssen, erklärt die Firma im Februar in einer Presseerklärung. Überzeugt von der OGI-Anlage ist auch Mode- und TV-Star Guido Maria Kretschmer, der sonst Shopping-Queens kürt. Er hat bei der Firma investiert. Auch Finanztest-Leser haben nach dem Angebot gefragt. Seit dem Herbst 2014 haben Anleger bereits Nachrangdarlehen in Höhe von sieben Millionen Euro gezeichnet. Jetzt hoffen sie, dass die OGI AG ihre Zusagen einhält. Das ist jedoch wenig wahrscheinlich. Denn die Anlage birgt viele Risiken.
Risiko 1: Nachranggläubiger gehen im Pleitefall leer aus
Die Nachrangdarlehen, die Anleger für mindestens zwei Jahre schon für kleine Beträge zuzüglich einer Gebühr von 2 Prozent zeichnen können, sind riskant. Zwar sind ihre Einlagen durch „Erdöl-Wertbriefe“ abgesichert, die sie ab 1 000 Euro mit „9 % Festzins-Rendite“, ab 5 000 Euro mit „10 % Festzins-Rendite“ oder ab 10 000 Euro mit „12 % Festzins-Rendite“ an den Ölvorkommen beteiligen. Der Wertbrief garantiert, dass die 100-prozentige OGI-Tochter, die amerikanische OGI Holding Corp., künftige Zahlungsansprüche gegen Dritte aus der Ölförderung an den Anleger abtritt. Die Absicherung ist aber wertlos, wenn die Ölbohrungen keinen Erfolg haben und die OGI AG pleitegeht. Dann würden die OGI-Investoren als Nachranggläubiger bei der Verteilung von Vermögen vermutlich leer ausgehen, weil zuerst alle „vorrangigen Gläubiger“ vollständig ausbezahlt werden.
Risiko 2: Garantiegeber im Ausland
Bliebe noch die Garantie von OGI-Vorstand Wagentrotz. Doch auch deren Werthaltigkeit ist fraglich. Zwar hat Wagentrotz nach eigenen Angaben ein Nettovermögen von zurzeit mehr als 100 Millionen Euro. Sein Wohnsitz liegt aber im Ausland. Sollte sich Jürgen Wagentrotz im Pleitefall der OGI AG nicht an seine Garantien gebunden fühlen, dürfte es für Anleger kompliziert und teuer werden, dort ihre Ansprüche durchzusetzen. Unklar ist außerdem, wo der tatsächliche Wohnsitz des Firmenchefs ist. Finanztest erklärte er, sein Wohnsitz befinde sich in Zürich in der Schweiz. Auf der Insel Santa Lucia in der Karibik besitze er lediglich ein Ferienhaus, um schneller zu seinen Ölfeldern in die USA fliegen zu können. Auf unsere Nachfrage, warum im Handelsregister Santa Lucia als Wohnsitz eingetragen sei, reagierte Wagentrotz nicht.
Risiko 3: OGI AG im Visier der Bafin
Ärger wegen ihres Geldanlageangebots mit Festzinsgarantie könnte die OGI AG auch mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bekommen. Wir fragten dort nach, ob es sich bei der Annahme von Nachrangdarlehen mit Festzinsgarantie um ein unerlaubtes Bankgeschäft handeln könnte. Wir erfuhren, dass die OGI AG keine Erlaubnis zum Betreiben von Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäften hat. Bafin-Sprecherin Anja Schuchhardt erklärte dazu, dass die Firma der Bafin bekannt sei. „Die Finanzaufsicht darf sich jedoch nicht zu Einzelheiten laufender Verfahren äußern.“
Risiko 4: Zu wenig Öl im Boden
Es ist auch keinesfalls sicher, dass die OGI AG tatsächlich auf 120 Millionen Barrel Erdöl in den US-amerikanischen Bundesstaaten Alabama, Kentucky, Tennessee und Mississippi stößt. Zwar soll die Schweizer Firma White Falcon Petroleum Technologies AG aus Zug, die im Prospekt als einer der Weltmarktführer im Bereich Entdeckung, Messung und Erschließung von Erdöl beschrieben wird, die Ölvorkommen bestätigt haben. Das Bohren nach Erdöl ist aber immer auch ein bisschen Glückssache.
- Das OGI-Projekt „Turkey Creek“ ist zum Beispiel eine „Wildcat Exploration“. Davon sprechen Fachleute, wenn eine Firma an einem Ort nach Öl bohren will, an dem noch keine kommerzielle Ölproduktion durchgeführt wurde. Das heißt, dass man sich einzig und allein auf das Versprechen von Geologen verlässt.
- Das Projekt „North Sardine“ ist bisher noch gar nicht erschlossen. Beim Projekt „Jerningan Mill“ soll ein vor Jahren stillgelegtes Bohrloch wieder in Betrieb genommen und weitere neu eröffnet werden, um dort 200 Barrel Öl pro Tag zu fördern. Das ist aus Expertensicht zu wenig, um Gewinne zu machen.
Wagentrotz erwartet dennoch hohe Reingewinne aus allen Projekten. Der seit einem Jahr stark gesunkene Ölpreis sei für ihn irrelevant. Marktgerecht sei ein Ölpreis von 50 US-Dollar pro Barrel. Die Gesamtkosten bis zur Raffinerie lägen aber nur bei maximal 26,30 US-Dollar pro Barrel.
Zwar ist ein Erfolg des Geschäftsmodells nicht ausgeschlossen, wenn die Firma bei ihren Ölbohrungen Glück hat. Es sind aber auch 2,5 bis 3 Millionen US-Dollar teure Fehlbohrungen möglich. Hinzu kommen Mietkosten für die Grundstücke, die die OGI AG nur geleast hat. Stößt sie auf Öl, muss sie die Leasinggeber am Gewinn beteiligen.
Misslich ist schließlich, dass die OGI AG anders als amerikanische Ölfirmen nicht gegen Ölbohrrisiken versichert ist. Nach Angaben eines OGI-Sprechers konnte die Firma bisher keinen deutschen Versicherer finden. Man versuche es aber weiter.
Risiko 5: Gewinne nicht sicher
Finanztest hat sich gefragt, warum die OGI AG seit Herbst letzten Jahres auch noch Geld von Anlegern einsammelt und dafür sogar Garantien gibt. Angesichts der zu erwartenden hohen Gewinne und eines Eigenkapitals von 26 Millionen Euro wäre es doch einfacher und billiger, die Ölbohrungen selbst zu finanzieren. Auch könnte Wagentrotz, der seiner Firma ein Nachrangdarlehen in Höhe von 2 Millionen Euro gegeben hat, die Finanzierung übernehmen und die Gewinne selbst einstreichen.
Grundsätzlich sei die OGI AG in der Lage, aus eigenen Mitteln erfolgreich Öl in den USA zu fördern. Geld von Anlegern sammle man nur, um Bohrungen schneller realisieren zu können. Aktuell sei das Eigenkapital so auf 33 Millionen Euro aufgestockt worden. Damit seien die beiden laufenden Bohrungen finanziert. Mehr Geld brauche man derzeit nicht, heißt es auf der Internetseite.
Risiko 6: Unterstützer springen ab
Seit 2010 habe sich der seit 50 Jahren selbstständige und mit vielen Unternehmen erfolgreiche Kaufmann Wagentrotz intensiv in das Ölgeschäft eingearbeitet. Zuletzt habe er 140 Millionen Euro Gewinn mit Online-Casinos gemacht, erklärte ein OGI-Sprecher. Um mit dem Ölgeschäft erfolgreich zu sein, habe man ein hochqualifiziertes Beraterteam zur Verfügung.
Die Roland-Berger Unternehmensberatung gehört inzwischen nicht mehr dazu. Sie hat offenbar kalte Füße bekommen und möchte nicht mehr, dass in der OGI-Broschüre steht, sie begleite die gesamte Wertschöpfungskette der Firma. Modezar Kretschmer fehlt ebenfalls in der neuesten Broschüre. „Beruhigt auf den Ruhestand freuen“ können sich Anleger entgegen der OGI-Werbung wohl nicht.
Tipp: Einen Überblick über dubiose, unseriöse oder sehr riskante Geldanlage-Produkte finden Sie in unserer Warnliste Geldanlage. Sie wird regelmäßig aktualisiert.
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Kommentarliste
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Gut dass Sie vor solchen Geldanlagen mit dubiosen Konzepten warnen. Andere Medien nehmen ihre Aufgabe nicht so ernst: Eine bekannte überregionale Wirtschaftszeitung, die sich auch online präsentiert, nimmt es damit nicht so genau. Unter den Serviceangeboten findet man oh wunder auch diesen Anbieter wieder. Und das seit längerem und trotz Hinwies.
Die gleiche Zeitung nimmt freudig jede Gelegenheit wahr, Mehmed Göcker mit angeblichen Neuigkeiten zum ach so bösen Versicherungsgeschäft zu präsentieren.
Wenn das Geld lacht, fehlt jede Moral.
Ein sehr interessanter Artikel. Bin gespannt, ob wirklich Öl und damit Geld an die Anleger fließt. Ob die Zusage des Vorstands Wagentrotz, er würde für die Geldanlage garantieren, wird sich dann zeigen. Antigua und die Schweiz, wo Wagentrotz offensichtlich wohnt, sind nicht gerade bekannt dafür, dass geschädigten deutschen Anlegern geholfen wird. Warten wir es ab.