
© Stiftung Warentest
Siegel sind nicht einfach Stempel auf dem Papier. Hinter den bunten Logos, die auf Produkten prangen, steht eine komplexe Welt: Es gibt Organisationen, die sie vergeben. Es gibt Prüfer, die dafür Kontrollen bei Erzeugern machen. Und es gibt Unternehmen, die mit dem Siegel werben wollen. test.de erläutert am Beispiel der Nachhaltigkeitssiegel im Test wichtige Begriffe und Abläufe.
Testergebnisse für 5 Nachhaltigkeitssiegel für Lebensmittel 05/2016
Was ist eine Labelorganisation?
Hinter dem Logo von Fairtrade steht beispielsweise Transfair, hinter dem Logo Hand in Hand die Naturkostfirma Rapunzel. Als Siegel vergebende Organisation legen sie fest, welche Anforderungen hinter dem Siegel stehen. Je nach Label werden dabei die Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt. Bei einem Nachhaltigkeitslabel müssen das soziale, ökologische und ökonomische Kriterien sein. Die Labelorganisation definiert damit einen Standard, den die Erzeuger und alle, die die Rohware verarbeiten, erfüllen müssen. Die Labelorganisation muss zudem kontrollieren, dass ihre Kriterien eingehalten werden. Sie vergibt außerdem Lizenzen an die Unternehmen, die ihr Logo auf bestimmten Produkten abdrucken wollen.
Was ist unter „Standard“ zu verstehen?
Gemeint ist das Regelwerk, das Basis eines Siegels ist. Es handelt sich um einen Kriterienkatalog, den – je nach Anspruch der Labelorganisation – verschiedene Akteure in der Lieferkette umsetzen und einhalten müssen. Die meisten Organisationen im Test haben eigene Standards. Eine Ausnahme bei den Nachhaltigkeitssiegeln ist Gepa. Hinter „Gepa fair+“ stehen Standards anderer Organisationen. Generell gibt es Standards für einzelne Produktgruppen wie Kakao und Tee, manche Organisationen unterscheiden zudem auch nach Produzentengruppen. Fairtrade hat beispielsweise separate Standards für Kleinbauern, die sich in Kooperativen organisieren, und für Bauern, die auf größeren Plantagen Angestellte beschäftigen.
Wie wird ein Standard entwickelt?
Den Standard entwickeln die Labelorganisationen, meist mit Unterstützung verschiedener Interessensgruppen. Das können beispielsweise Produzenten, Wissenschaftler und Verbraucher sein. Die Labelorganisationen hinter den Siegeln im Test orientierten sich bei der Standardentwicklung an allgemein anerkannten Regelwerken wie den Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO), dem Sozialstandard SA 8000 und dem Fair Trade-Standard der World Fair Trade Organization (WFTO). Fairtrade, Rainforest Alliance und Utz sind außerdem Mitglied bei ISEAL, einer Dachorganisation für Entwickler von Umwelt- und Sozialstandards. Das hilft ihnen, ihre Arbeit zu hinterfragen und zu verbessern. Wichtig: Ein Standard sollte niemals in Stein gemeißelt sein, vielmehr sollten Anforderungen und Wirkung regelmäßig überprüft und, wenn nötig, überarbeitet werden.
Was ist mit Zertifizierung gemeint?
Die Zertifizierung ist eine Bescheinigung darüber, dass ein Produzent oder Lieferant die Anforderungen der Labelorganisation erfüllt. Dazu muss dieser kontrolliert und überprüft werden. War die Zertifizierung erfolgreich, kann der Produzent oder Lieferant seine Ware umgehend als zertifizierte Ware anbieten und weiterverkaufen. Nach einem bestimmten Zeitraum – meist sind es ein bis zwei Jahre – muss er erneut kontrolliert werden.
Wie laufen Zertifizierungen und Kontrollen ab?
In der Regel sind es nicht die Labelorganisationen selbst, die Produzenten in den Anbauländern zertifizieren und kontrollieren. Sie beauftragen dafür unabhängige Prüfstellen: Bei Fairtrade beispielsweise macht das Flocert, bei Rainforest Alliance RA-Cert. Die Überprüfung eines Betriebs, etwa einer Kakao-Kooperative, wird in der Fachsprache Audit genannt. Es gibt angekündigte und nicht angekündigte Audits. Dabei kontrolliert der Prüfer vor Ort, ob die im Standard vorgeschriebenen Kriterien eingehalten werden und ob es Abweichungen gibt. Der Prüfer muss Unstimmigkeiten und Verstöße dokumentieren und bei kommenden Audits kontrollieren, ob die Probleme behoben wurden. Die Auditergebnisse werden meist an eine Zertifizierungsstelle übermittelt. Diese entscheidet, ob die Ergebnisse der Überprüfung ausreichen, um ein Zertifikat auszustellen.
Wer darf ein Siegel auf sein Produkt drucken?
Die sogenannten Lizenznehmer. Das können zum Beispiel Lebensmittelhersteller sein, die zertifizierte Rohware wie Kaffee oder Kakao einkaufen und anbieten. Offiziell gelten sie als „Inverkehrbringer“. Sie schließen vorab Verträge mit der verantwortlichen Labelorganisation und verpflichten sich, bestimmte Informationen rund um das Logo richtig auf dem Produkt abzubilden. So schreibt beispielsweise Utz vor, dass Lebensmittel, die weniger als 90 Prozent des zertifizierten Rohstoffs enthalten, den genauen Mengenanteil angeben müssen. Auf dem Produkt steht dann unter dem Utz-Logo eine Zahl: etwa 30 Prozent.
-
- Große oder kleine, aus Zucht oder Wildfang – der Test der Stiftung Warentest kürt die besten Garnelen und die vertrauenswürdigsten Siegel.
-
- Wissenschaftlich belegt ist: Unser Essen trägt zum Klimawandel bei. Genießen geht aber auch klimafreundlich. Die Ernährungsexperten der Stiftung Warentest zeigen, wie.
-
- Ein neues, von der Bundesregierung initiiertes Textilsiegel soll es Verbrauchern erleichtern, nachhaltige Mode zu erkennen. Vergeben wird es an Anbieter, die auf die...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Es ist immer wieder schade, dass Nachhaltigkeit nur auf das Produkt bezogen wird. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir doch schauen, was ein Unternehmen insgesamt um Bezug auf Nachhaltigkeit macht. Der CSE-Standard (Nachhaltigkeitsstandard der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsethik) schreibt vor, dass das gesamte Unternehmen geprüft wird, inklusive der Produkte. Erst dann können Verbraucher zu einem wahrhaft nachhaltigem Produkt greifen. Wenn ein Unternehmen einen MEHRWERT in allen Bereichen erbringt, kann von echter Nachhaltigkeit gesprochen werden. Bei erfolgreicher Zertifizierung dürfen die Produkte der Unternehmen das CSE-Qualitätssiegel tragen und somit echte Nachhaltigkeit ausweisen.
Wir laden dazu ein das Thema Nachhaltigkeit neu zu überdenken und nicht inflationär zu verwenden. Im Artikel geht es um bio und fair, nicht um nachhaltig.
Ihre Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsethik
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Unangemessener Umgangston
Es gibt auch fairen Edelkakao. Nicht nur deshalb ist ihre Aussage Unsinn. Der Markt verlangt nicht nur nach Edelkakao. Wenn es so einfach wäre, wie sie schreiben würde alle Kakaobauern nur noch hochwertige Produkte herstellen. Das ist weltfremd. Zudem gibt es auch fairen Edelkakao, also der Preis für Edelkakao + Fairtrade-Zuschläge. Zudem macht Fairtrade weit mehr als nur der Preis. Neben langsfristen Verträgen, die dann auch sichere Einnahmen garantieren (anders als der Weltmarkt), wird durch Fairtrade auch in soziale Projekte, Schulungen etc. investiert.
Wer als Verbraucher etwas weiter blickt und für den die Produktions- und Handeslbedingungen und die Produzenten wichtig sind, schaut doch bestimmt auf diese Produkte.
Leider hat test ein paar namhafte Organisationen im Artikel nicht berücksichtigt. Neben der Gepa gibt es z.B. dwp Ravensburg; eine Genossenschaft, die Ihre Produkte hier von sozial benachteiligten Menschen abfüllen lässt ... und so klar macht, wir sind ebenso entwicklungsbedürftig.
Eben fair und sozial. Die Kriterien bei dwp gehen weit über die "transfair-Regelchen" hinaus. Mitglieder in dieser Genossenschaft können neben den Erzeugern in Übersee, Kunden, Läden oder Organisationen sein und so mitbestimmen.
Das nenne ich konsequent.
Am meisten verdient der Einzelhandel, danach kommt die Org. Der Kaffee-Test der Stiftung hat die insgesamt unterdurchschnittliche Qualität bestätigt. Lediglich beim Darboven Kaffee ist die Qualität normal. Produkte wie fair gehandeltes Speiseeis, das bestimmt nicht aus einem Entwicklungsland kommt, sind fragwürdig.