Viele Kosmetika kommen ohne tropisches Palmkernöl nicht aus. Große Palmölplantagen schaden Menschen, Tieren und vor allem der Natur. Was tun Kosmetikhersteller dagegen?

Palmöl erkennen. Viele Inhaltsstoffe von Kosmetika stammen aus Palmöl, haben aber komplizierte Namen. Oft sind Tenside oder Emugatoren.

Einseifen, eincremen, wohlfühlen – früher dienten Kosmetikprodukte einfach der Schönheit und Pflege. Heute wollen viele Anwender mehr. Sie fragen nach, wie sich Seifen und Cremes zusammensetzen. Sie wollen wissen, wie sie produziert werden – ob kritische Rohstoffe im Spiel sind, das Klima Schaden nimmt und Plantagenarbeiter faire Löhne erhalten.
Weshalb das wichtig ist, veranschaulicht ein Rohstoff besonders gut: Palmöl. Etwa ein Viertel des weltweit verarbeiteten Öls der tropischen Ölpalme fließt in Kosmetika, schätzt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe. Nur die Lebensmittelbranche hat einen deutlich höheren Bedarf. Kosmetika brauchen vor allem Palmöl aus den Kernen der Früchte. Es liefert Glycerin und Fettsäuren, die zu Tensiden und Emulgatoren weiterverarbeitet werden. Erst mit ihrer Hilfe kann eine Seife reinigen, ein Shampoo schäumen und eine Bodylotion die Haut geschmeidig machen.
Wald gerodet, Einwohner vertrieben

Palmöl anbauen. Palmöl wird aus der Frucht der Ölpalme gewonnen (links). Nach der Ernte müssen die Früchte schnell verarbeitet werden (Mitte). In Indonesien entstehen neue Plantagen (rechts).

Ölpalmen gedeihen nur in tropischen Gebieten. Wegen steigender Nachfrage wurde die Ölausbeute im vergangenen Jahrzehnt dort mehr als verdoppelt. Mit fatalen Folgen in den Hauptanbauländern Indonesien und Malaysia: Um neue Plantagen zu schaffen, wurden Regenwaldflächen gerodet, Ureinwohner vertrieben, bedrohte Tierspezies wie Orang-Utans dezimiert.
Für die Hersteller von Shampoos und Co. heißt das: Wer dem schlechten Ruf des konventionell erzeugten Palmöls entkommen will, muss nach Alternativen suchen. Dazu zählt Palmöl aus Bioanbau und aus fairem Handel. Bis heute ist es allerdings rar und am ehesten in Naturkosmetika zu finden.
Naturkosmetik geht Sonderwege
Überhaupt sind es Naturkosmetikfirmen, die sich stark mit Umweltfragen beschäftigen. Das hat mit der Philosophie von Naturkosmetik zu tun. Einige leisten Pionierarbeit, darunter der Seifenspezialist Dr. Bronner’s. Weil es kein faires Palmöl gab, hat er selbst in Ghana eine Plantage aufgebaut. Sie ist nach dem „fair for life“-Standard zertifiziert (siehe Dr. Bronner’s).
Naturkosmetika von Dr. Hauschka enthalten nur geringe Mengen reines Palmöl. Die Firma kauft es als Biopalmöl in Kolumbien. „Bei Tensiden und Emulgatoren ist es schwieriger“, räumt Einkaufsleiter Ralf Kunert ein. „Die Lieferanten legen sich selbst bei genauer Nachfrage nicht immer fest, ob sie Palmöl oder Kokosöl als Ausgangsstoff einsetzen.“ Dr. Hauschka forscht mit einem Lieferanten an Alternativen aus Kokosöl, das ein ähnliches Fettspektrum wie Palmöl bietet. Bio-Glycerin aus Kokosöl gibt es bereits (siehe Beispiel 3: Dr. Hauschka), an Produkten aus Bio-Fettsäuren wird weiter getüftelt.
Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl
Was tun die großen konventionellen Hersteller? Um einen nachhaltigen Anbau der Ölpalmen zu fördern, sind manche Mitglied beim Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl geworden (Roundtable on Sustainable Palm Oil, RSPO) – darunter Beiersdorf, Henkel, L’Oréal, Shiseido und Yves Rocher. Die Initiative wurde 2004 unter anderem vom Umweltverband WWF ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, Regenwälder sowie Tier- und Pflanzenarten zu schützen. Auch sollen die Landnutzungsrechte der Einheimischen nicht verletzt werden. Die Mitglieder verpflichten sich, ihre Produkte peu à peu auf nachhaltiges Öl umzustellen. Viele tun das auf indirektem Weg, indem sie Zertifikate erwerben. Der Grund: Konventionelles und nachhaltiges Palmöl werden bis jetzt nicht getrennt verarbeitet. „Wir schätzen ab, wie viel Palmöl zur Herstellung der Rohstoffe für unsere Produkte benötigt wird, und zahlen dem RSPO für diese Menge einen Zertifikatspreis“, sagt Werner Schuh, Nachhaltigkeitsmanager beim Waschmittelhersteller Henkel. „Mit dem Geld arbeitet die Organisation daran, die Bedingungen vor Ort zu verbessern.“
Nachhaltigkeitsstandard in der Kritik
Allein von 2011 bis 2012 hat sich die Produktion von zertifiziertem RSPO-Palmöl fast verdoppelt – auf 8,2 Millionen Tonnen. „Wir wollen kein Nischenprodukt schaffen, sondern den Markt verändern“, sagt Darrel Webber, Generalsekretär des RSPO in Indonesien. Umweltorganisationen wie Rettet den Regenwald oder Robin Wood ist die Arbeit des Runden Tisches nicht geheuer. Sie fordern schärfere Kriterien. Der WWF gibt zu, dass die Richtlinien derzeit Mindeststandards sind. „Im Anbau müssen gefährliche Pestizide verboten werden und Torfböden dürfen nicht in Plantagen umgewandelt werden“, sagt WWF-Referentin Ilka Petersen. Diese und andere Punkte hat sie für die Überarbeitung der Kriterien eingereicht. Die nächste Mitgliederversammlung wird entscheiden. „Die Chancen stehen schlecht. Vor allem Produzenten aus Malaysia wollen nicht mitziehen“, so Petersen. Sie blieben schon jetzt auf einem Teil des zertifizierten Palmöls sitzen. Die weltweite Nachfrage sei noch nicht groß genug.
Weniger Tenside im Shampoo
Palmöl wird auch künftig das wichtigste Pflanzenöl bleiben. Weder Raps noch Soja sind so ertragreich und günstig. Zudem hat ihr Öl nicht dieselben Eigenschaften. Verringern lässt sich der Einsatz von Palmöl dennoch. So hat Henkel die Rezepturen der Shampoo-Serien Gliss Kur, Schauma und Syoss verändert und Tenside reduziert. Das verringert den Rohstoffbedarf und Treibhausgase in der Produktion – je nach Shampoo um 8 bis 20 Prozent, so Henkel. Über einen „Ressourcen-Rechner“ will die Firma Nutzer für deren CO2-Verbrauch im Bad sensibilisieren (www.schauma.de).
Seit der Gründung gegen Tierversuche
Engagiert präsentiert sich die Kette The Body Shop. Sie hat eigene Standards definiert. Ein Beispiel ist ihr Programm „Hilfe durch fairen Handel“, über das sie derzeit 18 Inhaltsstoffe einkauft, darunter Teebaumöl aus Kenia. Um einen fairen Mindestpreis festzulegen, orientiert sich The Body Shop an den Produktionskosten der Bauern und an Mindestlöhnen vor Ort.
Seit der Gründung kämpft The Body Shop gegen Tierversuche. Das gesamte Sortiment erfüllt die Kriterien des Human Cosmetics Standard, der in Europa von der Europäischen Koalition zur Beendigung von Tierversuchen überwacht wird. Er besagt: Kein Lieferant darf in Tierversuche involviert sein. Seit 2004 hat die EU nachgezogen. Sowohl Tierversuche für kosmetische Endprodukte als auch für deren Inhaltsstoffe sind inzwischen verboten. Seit März 2013 dürfen selbst Kosmetika, deren Inhaltsstoffe außerhalb der EU an Tieren erprobt wurden, nicht mehr vermarktet werden. Auch Ausnahmen für einzelne toxikologische Tests wurden abgeschafft.
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@GoVegan: Seit Dezember 2014 gibt es eine neue EU-Verordnung zur Kennzeichnung von Palmölen. Für Lebensmittel bei denen Palmöl verwendet wird, gilt eine namentliche Kennzeichnungspflicht. Damit kann der Verbraucher Palmöl eindeutig erkennen und palmölhaltige Produkte meiden. Leider gilt diese Verordnung nicht für kosmetische Produkte. Hier sind Kennzeichnungen wie "Palmate", "Palmitate" aber auch "Pflanzenfett" oder nur "pflanzliches Öl" weiter erlaubt. Um die Wahl zu erleichtern, gibt es im Internet regelmäßig aktualisierte Listen mit palmölfreien Produkten. (BP)
Ich würde gerne wissen, ob es zwischenzeitlich Kosmetikhersteller gibt, die ganz auf Palmöl verzichten und die das auch auf dem Etikett ausloben? Wann ist damit zu rechnen?
Und ich würde mir von der Stiftung Warentest wünschen, dass sie alle Zutaten, hinter denen sich Palmöl verbirgt, veröffentlicht.
Das sind nämlich viel mehr als gemeinhin vermutet wird und die im Namen keineswegs das Wort "Palm" beeinhalten.
Der Konzern L'Oreal führt nachweislich noch immer Tierversuche an neuen Produkten / Inhaltsstoffen durch. Da Bodyshop nun zu diesem Konzern gehört, sind diese nicht mehr so "grün" wie sie meinen.
Durch den Kauf von Bodyshop Produkten werden Tierversuche mitfinanziert, da die Gelder teilweise in die selbe Kasse fließen.
Ebenso müssen Hersteller Tierversuche durchführen, wenn sie auf dem chinesischen Markt verkaufen wollen.
Somit sollte man immer zweimal schauen welche "BIO" Produkt man kauft und wer wirklich dahinter steckt.
Es ist wichtig, immer Produkte verbessern zu wollen. Es ist aber auch wichtig, nicht zu vergessen, dass Palmöl dank seiner Produktivität das einzige Öl ist, das unsere Bedarfe an Fett - auch für Kosmetika - bedecken kann. Marken schaffen es, Palmöl in kleinen Linien zu ersetzen, aber es gibt wahrscheinlich kein Öl, um es in großem Maßstab zu schaffen.