
Jeder Zentimeter ein Sechzger: Dieser Fußballzwerg braucht keine Genehmigung. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Seit den 80er-Jahren haben Gerichte sechsmal Nachbarschaftszoff rund um Gartenzwerge entschieden. Im Februar 2018 gab es nun einen siebten Fall. Das Amtsgericht München hatte zu klären, ob ein Wohnungseigentümer in seinem Garten einen Fan-Zwerg des Fußballvereins TSV 1860 München aufstellen darf. Ja, sagte das Gericht. In der Vergangenheit gab es aber auch Fälle, in denen Gerichte das Aufstellen einer Figur im Garten untersagt haben.
Was Wohnungseigentümer in ihrem Garten tun dürfen
Wer eine Eigentumswohnung mit eigenem Gartenstück hat, also ein sogenanntes Sondernutzungsrecht an dem Garten, darf die ihm zugeteilte Fläche grundsätzlich nutzen, wie er will. Er darf zum Beispiel Beete anlegen, Sträucher pflanzen und eine Kinderschaukel aufstellen. Auch traditionelle Gartenzwerge sind erlaubt. Burkhard Rüscher, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht aus München: „Ausnahmen gelten aber, wenn das Gesamtbild der Wohnanlage beeinträchtigt wird oder der Zwerg eine beleidigende Wirkung hat.“
Fan-Gartenzwerg vom TSV 1860 München erlaubt
Ein 28 Zentimeter großer Fan-Gartenzwerg vom Fußballverein TSV 1860 München fällt nicht in diese Kategorie. Der Eigentümer darf ihn ohne Zustimmung der Nachbarn in seinem Garten aufstellen. Das hat das Amtsgericht München entschieden (Az. 481 C 793/17). In dem Rechtsstreit hatte der Eigentümer einer Erdgeschosswohnung einer Wohnanlage gegen die anderen Eigentümer geklagt. Er wollte vom Gericht festgestellt haben, dass er für das Aufstellen des Zwerges keine Zustimmung der Nachbarn braucht. Das sah das Gericht auch so. Die Nachbarn müssen den 1860-Zwerg dulden – auch wenn sie FC-Bayern-Fans oder Fußballhasser sind.
Eigentümergemeinschaft muss Fahnenstange genehmigen
Der Gartenzwerg war aber nicht der einzige Stein des Anstoßes. Der 1860-Fan wollte vor Gericht außerdem geklärt haben, ob er für weitere Vorhaben die Zustimmung der anderen Eigentümer einholen muss. Er plante, in seinem Garten einen 4 Meter hohen Fahnenmast mit einer Hissfahne des TSV 1860 München aufzustellen, einen 2,50 hohen Fahnenmast mit einer Bannerfahne des Vereins und einen Garten-Pavillon mit Metallgestänge. Außerdem wollte er einen Teich anlegen. Das Amtsgericht München musste die Fragen nicht entscheiden, weil dem Kläger ein Verfahrensfehler unterlaufen war. Er hätte seine Pläne vor der Klage wenigstens einmal in der Eigentümerversammlung zum Thema machen müssen. Da er das nicht getan hatte, konnte das Amtsgericht seine Anträge zu Fahnenmast, Teich und Pavillon als unzulässig verwerfen. Das Gericht deutete in den Urteilsgründen aber an, dass es diese Gartengestaltungen als „bauliche Veränderung“ einstuft, für die die Zustimmung aller Eigentümer nötig sei.
„Frustzwerge“ müssen entfernt werden, wenn sie Nachbar beleidigen
„Fuck-you“-Zwerg provoziert. Ein Gartenzwerg kann aber rechtlich zum Problem werden, wenn sein Aussehen Nachbarn beleidigt. Das Amtsgericht Grünstadt untersagte im Jahr 1994 dem Besitzer einer umfangreichen Zwergenkollektion das Aufstellen sogenannter Frustzwerge im Garten (Az. 2a C 334/93). Die Zwerge waren 30 bis 35 Zentimeter groß. Die Kollektion war für den Nachbarn gut zu sehen und bestand unter anderem aus einem Zwerg mit herausgestreckter Zunge und erhobenem Mittelfinger („Fuck-you“-Zwerg), einem gebeugten Zwerg mit heruntergelassener Hose und entblößtem Hinterteil, einem Zwerg als Scharfrichter mit Kapuze und Beil („Henkerzwerg“) und einem Zwerg, der erhängt im Garten des Zwergenliebhabers von einem Ast baumelte.
Stellvertretende Beleidigung. Der Nachbar fühlte sich durch die Figuren beleidigt, in seiner Ehre verletzt und klagte auf Unterlassung. Das Amtsgericht Grünstadt wertete das Aufstellen als Beleidigung. Es führte aus: Es mache keinen Unterschied, ob sich jemand selbst vor das Nachbarhaus stelle und dem Nachbarn die Zunge herausstrecke, den Mittelfinger zeige, sein Hinterteil davor entblöße oder ob er die Zwerge aufstelle und für sich „handeln“ lasse. Das Gericht verurteilte den Zwergenbesitzer, die Figuren zu beseitigen und in Zukunft nicht mehr aufzustellen.
Trick: Stinkefinger verbinden
Im Jahr 1999 landete wieder ein „Fuck-you“-Zwerg vor Gericht. Doch das Amtsgericht Elze entschied nun zugunsten des Gnoms. Der Besitzer des Zwergs war schlau. Er hatte den Mittelfinger verbunden, die Figur mit einer Blume verziert und damit freundlicher gemacht. Damit, so das Gericht, habe er die beleidigende Wirkung beseitigt. Die Figur könne deshalb stehen bleiben (Az. 4 C 201/99).
Exhibitionistischer Gartenzwerg muss weg
Störender Blickfang. Im Jahr 1999 hatte das Amtsgericht Essen-Borbeck über einen einzigen 50 Zentimeter großen Zwerg zu entscheiden, der in exhibitionistischer Pose seinen Mantel öffnete und die männlichen Genitalien (allerdings in nicht erigiertem Zustand) zeigte (Az. 19 II 35/99 WEG). Entbrannt war der Streit in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Ein Eigentümer hat den „Exhibitionisten“ auf das Dach einer Garage gestellt. Dadurch fühlte sich ein anderer Eigentümer gestört, denn sowohl von seiner Wohnungseingangstür als auch vom Badezimmerfenster aus blickte er auf den Zwerg.
Nicht ohne Zustimmung. Die Figur muss weg, entschied das Gericht. Es handele sich um eine nicht nur unwesentliche Änderung des Erscheinungsbildes der Hausfront. Da in der Teilungserklärung der Gemeinschaft stand „Änderungen an der Außenfront sind nicht gestattet“, brauche der Zwergenliebhaber fürs Aufstellen der Figur die Zustimmung aller Eigentümer.
Normale Gartenzwerge: Kommt drauf an
Riesenzwerg erlaubt. Aber auch „normale“ Gartenzwerge wurden in den 80er- und 90er-Jahren von Gerichten noch durchaus unterschiedlich behandelt. Das Amtsgericht Recklinghausen zum Beispiel nahm im Jahr 1995 keinen Anstoß an vier 75 Zentimeter hohen Gartenzwergen, die ein Eigentümer gegen den erklärten Willen der anderen in seinem Garten aufgestellt hatte (Az. 9 II 65/95). Im Jahr 1985 hatte bereits das Amtsgericht Hamburg-Harburg zwei herkömmliche, etwa 20 bis 25 Zentimeter große Gartenzwerge im Gemeinschaftsgarten einer Wohnanlage für zulässig erachtet (Az. 610a II 17/85).
Rote Zipfelmütze anstößig. Zwei Jahre später beurteilte das Oberlandesgericht Hamburg einen herkömmlichen Gartenzwerg im Gemeinschaftsgarten allerdings anders: Auch ein kleiner Zwerg mit „leuchtend roter Zipfelmütze“ in einem gut einsehbaren Garten könne „ästhetisch kontrovers“ aufgenommen werden. Außerdem könne der optische Gesamteindruck der Wohnanlage beeinträchtigt sein. Da der Gartenzwergbesitzer fürs Aufstellen der Figur nicht die Zustimmung der übrigen Eigentümer hatte, musste er die Figuren aus dem gemeinschaftlich genutzten Garten entfernen (Az. 2 W 7/87)
Fazit: 4:3 für den Gartenzwerg
Eine Gesamtauswertung der veröffentlichten sieben Gartenzwerg-Entscheidungen seit den 80er-Jahren zeigt damit: Die Gartenzwerg-Befürworter unter den deutschen Richtern sind knapp in der Mehrheit.
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Ich finde, jeder sollte Fan-Gartenzwerge in seinem Garten aufstellen können oder gar die Flagge seines Vereins hissen können. Denn wer stört sich an so einem kleinen Gartenzwerg oder an einer Vereinsflagge?? Ich persönlich finde das nicht schlimm und finde, dass solche Konflikte einfach nur unnötig sind.
Es ist normal, dass man sich Mal Streitet. Doch ich finde es echt schade, wenn sich Nachbarn so sehr in die Haare kriegen, dass sie sogar kleinste Streitigkeiten vor einem Gericht austragen müssen. Und einen Streit wegen "Gartenzwergen die im Garten aufgestellt wurden" vor das Gericht zu tragen, finde ich schon ziemlich grenzwertig. Besonders wenn man bedenkt, dass es sich dabei um ausgewachsene Menschen handelt, die keinen Weg finden, erneut auf einander zuzugehen, einander zu verzeihen und sich zu vertragen. Vielleicht kann man nicht jede Beziehung heilen - aber man kann zumindest versuchen, Ruhe zu finden und einen Streit beiseite zulegen.
Ich finde diese Zwerge immer wieder echt putzig und es macht Spaß, sich diese anzusehen. Am liebsten sind mir die, die man eher selten sieht und die viel Schabernack anstellen. Daher finde ich es schade, das wegen diesen drolligen Genossen Streitigkeiten entstehen können. Man sollte diese doch eher mit einem gewissen Augenzwinkern wahr nehmen.
Ich bin kein Fußballfan, und mich hätte der Zwerg nicht gestört. Ich habe aber volles Verständnis für jeden, der sich daran stört, da Fußball nunmal für manche Religionsersatz ist und entsprechend polarisiert, sobald damit Emotionen verbunden sind. Ich finde das Verhalten des Klägers querulantisch, rücksichtslos und asozial. Man muss anderen Menschen nicht bewusst auf den Wecker gehen, er kann in seiner Wohnung ja nach belieben Fußballzimmer einrichten, einen Schrein für seinen Lieblingsverein einrichten oder was auch immer. Das stört niemandem, und er geht niemandem auf die Nerven. Menschen wie der Kläger sind es, die anderen Leuten regelmäßig das Leben schwer machen. Und das Gericht hätte wirklich anders entscheiden sollen. Ich hoffe, hier gibt es eine Revision mit einem anderen Urteil, das stärker auf gesundem Menschenverstand basiert.