
Die Smartphone-Bank N26 wächst und wächst. Der Kundenservice wird der steigenden Kundenzahl anscheinend nicht Herr. Online häufen sich die Beschwerden. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) stellt viele Mängel bei N26 fest und ordnet Reformen an.
Bafin rügt Mängel: N26 muss Auflagen erfüllen
„Banking. Aber ohne Bullshit“: N26, die junge mobile Bank ohne Filiale, wirbt damit, dass sie auf überflüssigen Schnickschnack verzichtet. Zur Zeit bricht die Bank dieses Versprechen: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin), die die deutschen Finanzmärkte beaufsichtigt und kontrolliert, ärgerte sich schon 2018 über zahlreiche Mängel bei dem Banken-Startup, berichtete das Handelsblatt. Die Bafin monierte etwa die Personalausstattung, Technik und das Management von ausgelagerten Aufgaben. Nun hat sie nachgelegt und Maßnahmen verordnet, die Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erschweren sollen. Eine entsprechende Anordnung veröffentlichte die Bafin Ende Mai auf ihrer Internetseite – unter den Druckmitteln, über die die Bafin verfügt, gehört eine veröffentlichungspflichtige Anordnung zu den drastischeren Maßnahmen.
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Nur per Mail und Chat: Tote Leitung beim N26 Kundensupport
Auch ein anständiger Kundensupport scheint für N26 in die Kategorie „überflüssiger Bullshit“ zu gehören. Zwar beschäftigt die Smartphone-Bank nach eigenen Angaben (Stand: Mai 2019) rund 400 interne und 200 externe Mitarbeiter im Kundenservice, diese sind jedoch nur per Live-Chat und Mail erreichbar. Chat-Anfragen beantwortet das Team angeblich innerhalb von durchschnittlich 30 Sekunden – wenn man sich an die Öffnungszeiten hält. Telefonisch kamen Kunden bei N26 zuletzt gar nicht durch, eine Hotline wurde im vergangenen Jahr eingestellt. In dringenden Fällen – bei solchen mit Verdacht auf Betrug oder bei Sicherheitsbedenken – bietet N26 ihren Kunden an, sie innerhalb einer Stunde zurückzurufen. Doch auch das scheint in der Praxis nicht zu funktionieren: Auf Bewertungsportalen und in sozialen Netzwerken häuften sich die Beschwerden enttäuschter Kunden.
Kundenservice lässt Kontoinhaber warten
Ein Leser berichtete test.de von einer besonders unangenehmen Erfahrung mit dem Kundensupport von N26: Als er am 19. Februar Rechnungen begleichen wollte, stellte er fest, dass er sich nicht in die Banking-App auf seinem Handy einloggen konnte. Er versuchte, N26 telefonisch zu erreichen, doch die Kundenhotline existierte nicht mehr. Unser Leser probierte es per E-Mail. Als nach Tagen eine Antwort kam, fiel diese unbefriedigend aus: Weil die E-Mail-Adresse des Kunden nicht mit der bei der Bank hinterlegten Adresse übereinstimme, könne seine Identität nicht verifiziert werden. Er solle sich Hilfe im Live-Chat holen.
Leere auf dem N26-Geschäftskonto
Da die Chat-Funktion für den Kunden auf der N26-Webseite nur schwer auffindbar ist, erreichte er erst Anfang März eine Mitarbeiterin im Chat. Dort stellte sich heraus: Dem Mann wird der Zugriff auf sein Konto verweigert, weil alle Personendaten geändert wurden. Vermutlich hatten Betrüger das Konto gehackt und das Guthaben gestohlen – 80 000 Euro waren weg, ein Schock für den Unternehmer. Der Support riet ihm, umgehend die Polizei zu informieren. Doch obwohl der Mann Strafanzeige stellte, zog sich die Aufklärung des Vorfalls weiter in die Länge: Selbst nachdem die Rechtsanwältin des Kunden N26 kontaktiert hatte, gab die Bank das Konto erst am 21. März wieder frei.
Reaktion auf Beschwerden: 24-Stunden-Support und Notfallservice
Auf Anfrage teilte N26 der Finanztest-Redaktion mit, dass unserem Leser „bereits geholfen wurde und der Fall gelöst ist“. Einer Stellungnahme zum generellen Problem der Erreichbarkeit des Kundenservices wich die Bank aber auch auf erneute Nachfrage aus – und verwies auf Informationen auf der N26-Webseite. Dort hat die Bank Anfang April vermeldet, dass sie verstärkt in den Support investieren will: „Unser Ziel ist es, weltweit den verlässlichsten Kundenservice in der Finanzindustrie anzubieten.“ Demnach sei der Live-Chat die einfachste und bequemste Art, mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten. Trotzdem nehme man Feedback und Kritik sehr ernst. Deshalb sollen Kunden, die Hilfe benötigen, zukünftig rund um die Uhr Mitarbeiter der Bank erreichen können. N26 wolle außerdem den Rückrufservice ausbauen und einen automatisierten Notfallservice einrichten, über den Kunden ihre Karten sperren lassen können, ohne den Kundendienst zu kontaktieren und auch, wenn sie aus der App ausgesperrt sind.
Besänftigt N26 die Finanzaufsicht?
Ob die angestrebten Maßnahmen der richtige Weg sind, damit bei N26 alles rund läuft, bleibt abzuwarten – und auch, ob sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) damit zufrieden gibt. Vielleicht hat auch der Fall unseres Lesers dazu beigetragen, dass die Bafin aktuell bei der Smartphone-Bank N26 genauer hinschaut. Auf Anfrage von Finanztest wollte sich die Finanzaufsicht dazu nicht äußern und verwies auf ihre „Verschwiegenheitspflicht“.
Diese Meldung ist erstmals am 17. April 2019 auf test.de erschienen. Sie wurde am 12. Juni 2019 aktualisiert.