Mutmacherin Laura H. klagte die Miet­preisbremse ein

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Finanztest stellt Menschen vor, die sich durch­gesetzt und so Verbraucherrecht gestärkt haben. Diesmal: Laura H. aus Berlin. Sie zog erfolg­reich die Miet­preisbremse.

Pionierin fĂĽr Berlin

Die Straße schnur­gerade, Kopf­stein­pflaster, Ahornbäume links und rechts, drei­stöckige Häuser aus den dreißiger Jahren im Berliner Osten. Hier, ganz oben im dritten Stock, ist das Zuhause von Laura H.. Die 27-jährige Sozial­arbeiterin wohnt in einer Drei-Zimmer-Wohnung zusammen mit ihrer jüngeren Schwester, die noch studiert. Studentisch gemütlich ist die Wohnung. Knapp 530 Euro Kaltmiete zahlen die Schwestern jetzt. Das sind gut 32 Euro weniger als beim Einzug im Herbst 2015. Wie das geht? Laura H. hat auf die Miet­preisbremse getreten – als erste Berliner Mieterin über­haupt.

Höchs­tens 10 Prozent mehr

Die Mietpreisbremse gilt seit Juni 2015 in Kommunen mit angespanntem Wohnungs­markt, weil dort „auch Durch­schnitts­verdiener zunehmend größere Schwierig­keiten haben, eine für sie noch bezahl­bare Wohnung zu finden“, so die Begründung der Bundes­regierung. Vermieter dürfen bei der Wieder­vermietung vom neuen Mieter höchs­tens 10 Prozent mehr als die orts­übliche Vergleichs­miete verlangen. Doch Lauras Vermieter, das Unternehmen Deutsche Wohnen, verlangte mehr, wie die junge Frau bei einem Mietspiegel-Vergleich im Internet fest­stellte. „Zuerst habe ich den Vermieter ange­schrieben und verlangt, dass der Mietspiegel einge­halten wird“, sagt Laura H.. Doch die Deutsche Wohnen blieb stur. Laura H. klagte und bekam vom Amts­gericht Berlin-Lichten­berg in vollem Umfang recht (Az. 2 C 202/16).

Berliner Mietspiegel gilt

In der Verhand­lung verwies der Vermieter auf „angebliche metho­dische Mängel des Mietspiegels“, so das Gericht in der Urteils­begründung. Doch damit kam er nicht durch. Der Berliner Mietspiegel wird allgemein anerkannt, von den Berliner Mieter­ver­einen ebenso wie vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungs­unternehmen.

227 Euro zurĂĽck

Die Deutsche Wohnen musste die Miete mindern und das zu viel gezahlte Geld für die Monate November 2015 bis Mai 2016 zurück­zahlen, insgesamt gut 227 Euro. „Angesichts des Streit­werts war ihr Prozess­kostenrisiko über­schaubar“, sagt Anwalt Karl-Heinz Mittel­städt, den die Berliner Mieter­gemeinschaft an Laura H. vermittelt hat.

Wo kein Kläger, da kein Richter

Doch bei seinem ersten Erfolg vor Gericht ist es bisher geblieben. Einen weiteren Kläger hatte der Anwalt bisher nicht. Offen­bar kennen viele ihr Recht nicht oder trauen sich nicht, es durch­zusetzen. „Die Mieter müssen sich aufraffen, damit die Miet­preisbremse funk­tioniert“, sagt Mittel­städt. Laura H. glaubt, dass die meisten Mieter über­höhte Preise für ihre neue Wohnung akzeptieren, weil sie froh sind, über­haupt eine gefunden zu haben. „Viele können sich diese Mieten nicht leisten. Es gibt viel zu wenig bezahl­bare Wohnungen“, sagt die junge Frau. Sie kennt das Problem genau, denn sie arbeitet in der Berliner Wohnungs­notfall­hilfe.

Zweiter Fall anhängig

In der Haupt­stadt gibt es noch ein zweites Urteil, mit dem Richter den Miet­preis gebremst haben. Das Amts­gericht Neukölln urteilte in diesem Fall, dass die Kaltmiete um 221 Euro zu hoch ist (Az. 11 C 414/15). Allerdings ist das Urteil nicht rechts­kräftig. Die Vermieterin hat dagegen Berufung einge­legt. Das Urteil wird Ende März erwartet.

Tipp: Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren, erklären wir in unserem Special Mietpreisbremse.

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Kommentarliste

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  • edler67 am 05.07.2020 um 18:52 Uhr
    Wohnungsbesitzer sind die Dummen

    Wer sich eine Wohnung als Altervorsorge gekauft hat ist der Dumme. Eine normale Rendite ist bei den Quadratmeterpreisen nicht mehr drin. Resultat keiner investiert mehr, noch mehr Wohnungsnotstand. Vielen Dank, gut gemacht