
Finanztest stellt Menschen vor, die großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Tine Langkamp. Die Münsteranerin baut ein Netzwerk von Lokalgruppen auf, die öffentliche Institutionen drängen, ihr Geld aus fossilen Industrien abzuziehen. Einige große Kommunen hat sie bereits überzeugt.
Globale Erderwärmung auf maximal 2 Grad begrenzen ...
Tine Langkamps Job ist Klimaschützen. Sie kämpft dafür, dass die in der Erde ruhenden Vorkommen von Kohle, Erdgas und Öl möglichst dort liegen bleiben und nicht verbrannt werden. „Nur so lässt sich die globale Erderwärmung auf maximal 2 Grad begrenzen“, ist die 32-jährige Münsteranerin überzeugt. Ihr Plan ist, denen die soziale Akzeptanz zu entziehen, die in fossile Brennstoffe investieren und damit Geschäfte machen.
... durch Verzicht auf fossile Energieträger
Dafür hat sie Mitstreiter angeheuert und im Sommer 2013 die Kampagne Fossil Free, was „frei von fossilen Energieträgern“ heißt, gegründet. Inzwischen sind mehr als 200 Ehrenamtliche auf den Beinen, die in 23 Fossil-Free-Gruppen für ihr Ziel Aufmerksamkeit erzeugen: Städte, Länder, Universitäten, Kirchengemeinden und Gewerkschaften sollen ihr Geld aus Unternehmen abziehen, die in fossilen Industrien tätig sind.
Münster, Stuttgart und Berlin ziehen Geld ab
Erfolge können Langkamp und ihre Ehrenamtlichen bereits in drei großen Städten feiern: Münster ist die erste Stadt, die ihren beiden städtischen Pensionsfonds im November 2015 klimafreundliche Geldanlagekriterien gegeben hat. Atomenergie, Kinderarbeit und Waffen sind auch tabu. In Stuttgart hat der Stadtkämmerer seit 1. September 2016 dafür zu sorgen, dass städtische Finanzen nach streng nachhaltigen Maßstäben angelegt werden.
Pensionsfonds investiert nur noch ethisch-ökologisch
Auch die Berliner Finanzverwaltung ist bereits überzeugt, dass Pensionsfonds nur noch ethisch-ökologisch investieren. Im Juni 2016 haben alle fünf Fraktionen beschlossen, die Versorgungsrücklagen von rund 750 Millionen Euro nicht mehr bei den Energieriesen RWE und Eon und dem Ölmulti Total anzulegen.„Mir ist es wichtig, dass Länder und Kommunen langfristige Entscheidungen über ihre Anlagekriterien fällen“, sagt Langkamp.
US-Nichtregierungsorganisation gibt das Geld
Der Ausstieg aus klimaschädlichen Branchen hat Langkamp bereits im Jahr 2009 in Workshops beschäftigt. Damals fand in Kopenhagen der Weltklimagipfel statt und viele Nichtregierungsorganisationen verschafften sich Gehör gegenüber der Energie-Lobby. „Schon damals habe ich mich gefragt: Was sind eigentlich die Lösungen?“ Eine Antwort hatte die amerikanische Klimaschutzorganisation 350.org. „350“ ist das Ziel: Die heutige Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre von über 400 ppm (Teilchen pro Million) muss auf unter 350 ppm zurückgehen, um die Klimaerwärmung zu stoppen, haben Wissenschaftler errechnet.
Klimanetzwerk in 188 Ländern
Langkamp machte im Jahr 2012 ein Praktikum bei 350.org in den USA. Nach ihrer Rückkehr schloss sie ihr Studium in den Fächern Englisch und Biologie ab und baute anschließend den deutschen Ableger Fossil Free auf. Das Erfolgskonzept: Dezentrale, selbstständige Gruppen von 5 bis 15 Leuten bauen über Medien Druck auf Politiker, Universitäten und Kirchen auf, damit sie ihr Geld klimafreundlich anlegen. Bezahlt wird Langkamp von 350.org. Das Klimanetzwerk, nach eigenen Angaben in mehr als 188 Ländern aktiv, lebt von Spenden und Stiftungsgeld. Ein Finanzier ist der Rockefeller Brothers Fund. Die amerikanische Stiftung geht auf die Familie Rockefeller zurück – sie machte ihr Vermögen im Ölgeschäft.