
Finanztest stellt Menschen vor, die großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Sven Böckenberg. Der Sport- und Eventmanager aus Heiden hat sich als Student dafür eingesetzt, dass Studierende höhere Werbungskosten absetzen können. Sein Fall wird nun vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt.
Studiengebühren und Fahrtkosten nicht anerkannt
Sven Böckenberg hat einen Traum: Er will einmal für einen großen Sportverein arbeiten. Dafür hat der 33-Jährige viel investiert. Drei Jahre, von 2007 bis 2010, hat ihn der Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Sport- und Eventmanagement gekostet. Stolze 24 000 Euro verlangte die private Hochschule dafür. Den Kredit zahlt er noch heute ab – mit einem Job als Marketing- und IT-Koordinator. Umso überraschter war der Hobbyfußballer, als er 2007 Studiengebühren und Fahrtkosten in Höhe von 12 500 Euro in der Steuererklärung als Werbungskosten absetzen wollte und sich das Finanzamt Borken (Nordrhein-Westfalen) querstellte.
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Bundesverfassungsgericht soll Grundsatzurteil sprechen
Böckenberg und sein Steuerberater Christian Büsker fanden das ungerecht und erhoben Einspruch. Mit seinem Ärger ist Böckenberg nicht allein: Mittlerweile liegt der Fall mit fünf weiteren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Steuerberater Büsker hofft auf ein Grundsatzurteil, von dem tausende profitieren könnten.
Derzeit nur 6 000 Euro Sonderausgaben absetzbar
Steuerrechtlich ist es so: Wer eine Ausbildung mit Arbeitsverhältnis und Einkommen macht oder ein zweites Studium, etwa als Masterstudent, kann seine Ausgaben problemlos als Werbungskosten absetzen. Alle anderen können zurzeit höchstens 6 000 Euro Sonderausgaben geltend machen.
Werbungskosten vorteilhafter als Sonderausgaben
Der Vorteil von Werbungskosten: Diese kann man unbegrenzt im Steuerbescheid als Verlust feststellen lassen – und auch gegen späteres Einkommen verrechnen. Gerade Studenten, die meist erst nach dem Studium viel verdienen, würden davon enorm profitieren. Die Argumentation von Steuerberater Büsker: In Deutschland versteuert jeder das Einkommen nach dem Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit. „Es kann nicht sein, dass jemand Ausgaben hat, die später zu steuerpflichtigen Einnahmen führen, aber nicht bei seiner Steuererklärung berücksichtigt werden.“ Hier werde das objektive Nettoprinzip im Steuerrecht verletzt.
Zählt die abgebrochene Ausbildung vorher?
Bei Böckenberg war zusätzlich strittig, ob das Studium überhaupt seine Erstausbildung war: Denn vorher hatte er eine Ausbildung an der Fachhochschule als Polizeikommissar begonnen. Diese konnte er nicht erfolgreich abschließen, weil er zweimal durch die mündliche Abschlussprüfung gefallen war. Das Finanzamt wollte die Ausbildung nicht anerkennen. „Das ist ungerecht“, entrüstet sich Böckenberg, „meine Schwester hatte vor ihrem Studium auch eine Ausbildung gemacht und durfte die Ausgaben als Werbungskosten absetzen.“
Hoffnung nach erstem Etappensieg
Einen Etappensieg erzielten Böckenberg und Büsker bereits vor dem Finanzgericht Münster (Az. 2 K 862/09 F). Die Richter erkannten an, dass die Entscheidung des Finanzamtes Borken nicht rechtmäßig sei und die Studienkosten als Werbungskosten anzuerkennen seien. Doch die Behörde ging in Revision.
Bundesfinanzhof urteilte bereits in Böckenbergs Sinne
Der Fall landete vor dem höchsten steuerlichen Gericht – dem Bundesfinanzhof in München (Az. VI R 61/11). Auch dort war der Kläger erfolgreich, jetzt hat das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort. Bis dieses über jüngste Änderungen im Einkommensteuergesetz (§ 4 Abs. 9 EStG/ § 9 Abs. 6 EStG) entschieden hat, ruht Böckenbergs Verfahren – und sein Steuerbescheid von 2007 bleibt weiter offen. Entscheiden die Richter in seinem Sinne, kann er seinen Kredit früher ablösen – und ist seinem Traum wieder ein Stück näher.
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Ich finde es ungerecht, dass Kosten für eine private Fern-Uni wie z.B. Unna nicht absetzbar sind. Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Auch mit dieser Ausbildung Studium + Praktikum habe ich einen richtigen Beruf.