
Dirk Zurmühlen. „Die Sparkasse Essen hat das BGH-Urteil ignoriert. So ein Verhalten von einer Sparkasse, die ja eine Anstalt öffentlichen Rechts ist, ist nicht in Ordnung.“ © Stefan Korte
In der Rubrik „Mutmacher“ stellen wir Menschen vor, die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Dirk Zurmühlen forderte zu unrecht erhobene Bankgebühren zurück.
Dirk Zurmühlens Kanzlei liegt an einer viel befahrenen Essener Straße nahe dem Hauptbahnhof. Drinnen dämpfen Teppichboden und schalldichte Fenster den Verkehrslärm. Auch der Anwalt selbst tritt leise und zurückhaltend auf. „Mich hat es einfach geärgert, wie die Sparkasse Essen mit ihren Kunden umgeht“, sagt er auf die Frage, warum er einen monatelangen Kampf gegen seine Hausbank geführt hat.
Plötzlich erhebt die Bank Gebühren
Der Ärger begann bei Dirk Zurmühlen wie bei Millionen anderer Bankkundinnen und -kunden auch: Für sein Sparkassenkonto, das einmal kostenlos war, zogen im Lauf der Jahre die Gebühren an. Unerfreulich.
Ein Grund aktiv zu werden, war das für ihn jedoch nicht. „Damals habe ich mich nicht weiter damit beschäftigt“, gibt der 61-Jährige zu. Als 2018 die Sparkasse Essen erneut die Gebühren anhob und zusätzlich Kosten für jede Buchung, Überweisung und Lastschrift einführte, eröffnete er ein zweites, kostenloses Girokonto bei einer anderen Bank.
Steigende Kosten für Kontoführung
Die Sparkasse Essen war nicht allein mit den Gebührenerhöhungen. Viele Banken änderten ihre Geschäftsbedingungen und verlangten plötzlich Geld für die Kontoführung oder Überweisungen. Kunden wurden darüber meist per Post informiert – widersprachen sie nicht, wurde das als Zustimmung gewertet. Wer die Extrakosten nicht akzeptierte, musste mit Kontokündigung rechnen.
Nur 8 Euro Gebühren zurück
Nach mehreren Prozessen urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) 2021 (Az. XI ZR 26/20): Die Art und Weise, wie viele Banken Gebühren erheben, ist unzulässig. Änderungen der Geschäftsbedingungen und die damit verbundenen Preiserhöhungen sind ohne ausdrückliche Zustimmung nicht wirksam.
Sparkasse ignoriert BGH-Urteil
Dirk Zurmühlen begrüßte das Urteil, errechnete, dass ihm seit 2018 insgesamt 74 Euro zu viel abgezogen worden waren, und forderte die Summe von seiner Sparkasse. Doch die zahlte ihm lediglich 8 Euro zurück.
„Die Sparkasse Essen hat so nicht nur meine Rechtsauffassung, sondern auch das BGH-Urteil ignoriert“, stellt er fest. „So ein Verhalten von einer Sparkasse, die ja eine Anstalt öffentlichen Rechts ist, ist nicht in Ordnung.“ Ähnliche Erfahrungen wie Zurmühlen machten Tausende: Ihre Banken erstatteten trotz des wegweisenden BGH-Urteils nur widerwillig einen Teil der zu Unrecht erhobenen Gebühren.
Zurmühlen entschloss sich Ende 2021, gegen seine Bank vor Gericht zu ziehen. Dass viel Arbeit auf ihn zukommt, war klar, wie die Sache ausgeht nicht. „Ein Prozessrisiko gibt es immer“, sagt er. Bankenrecht ist kein Schwerpunkt seiner juristischen Arbeit. Mehrere prall gefüllte Ordner zeugen von wochenlanger Beschäftigung mit dem Thema in seiner Freizeit.
Sparkasse erkennt Forderung an
Im Juni 2022 kam es zur Verhandlung. Als die Richterin durchblicken ließ, dass sie Zurmühlens Forderungen für berechtigt hält, knickte die Sparkasse ein. Die Bank verpflichtete sich, die fehlenden 66 Euro Gebühren zu erstatten und die Prozesskosten zu übernehmen. Ein Anerkenntnisurteil – so lautet der Fachbegriff für diese Art von Prozessausgang, der in diesem Fall einen Haken hat: Das Gericht muss sein Urteil nicht begründen. Wer sich ebenfalls von der Sparkasse Essen übervorteilt sieht, kann sich zwar auf dieses Urteil berufen, muss aber damit rechnen, dass die Sparkasse Essen es als Einzelfallentscheidung verkauft. „Für mich ist es dennoch ein Präzedenzurteil“, sagt Dirk Zurmühlen. „Finanziell hat sich die Sache nicht gelohnt, aber hier ging es eben ums Prinzip.“
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