Finanztest stellt Menschen vor, die großen Organisationen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Mithat Gedik aus Werl. Der 36-jährige Muslim mit türkischen Wurzeln setzte beim Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften durch, dass auch Nicht-Christen Schützenkönig werden dürfen.
Bis er sich über seinen Titel freuen konnte, vergingen Jahre
Ein Mann tritt in einen Schützenverein ein. Beim jährlichen Schützenfest schießt er den hölzernen Königsvogel ab und wird Schützenkönig. Der Mann freut sich, sein Ansehen bei seinen Mitbürgern steigt. Das, was Mithat Gedik im Jahr 2014 im westfälischen Werl erlebt hat, ist eigentlich nichts Ungewöhnliches. Tausende Schützenkönige werden jährlich in Deutschland gekrönt. Doch bei Gedik war alles anders. Bis er sich über seinen Titel freuen konnte, vergingen Jahre.
Nur für Christen
Der Grund: Der 36-Jährige ist Muslim. Nach den Regeln des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) durften bisher Nicht-Christen nicht in Vereine eintreten, die zu dem Bund gehören. „Dass ein Muslim Schützenkönig wird, war nach den alten Verbandsregeln ein Unding“, sagt Mithat Gedik. „Davon hatten wir alle nichts geahnt.“
Presseanfragen und böse Briefe
Der Dachverband erfuhr aus der Zeitung von dem neuen Schützenkönig mit türkischen Wurzeln und verlangte, dass er abdankt. Seinem Verein wurde mit Rausschmiss aus dem Verband gedroht. „Mir war klar, dass ich stark bleiben muss“, sagt Gedik. Im Verband, zu dem rund 1 300 Vereine und 400 000 Mitglieder gehören, kam eine Diskussion in Gang. Konservative Mitglieder waren gegen eine Öffnung des Verbands, andere fanden die bisherigen Regeln altmodisch.
Auch Homosexuelle sind nun gleichberechtigt
Im März 2017 wurde das Regelwerk geändert: Jetzt werden Nicht-Christen und auch Homosexuellen dieselben Rechte wie anderen eingeräumt. Zum Beispiel dürfen nun auch zwei Männer als Königspaar einlaufen. In den Jahren seit seiner Krönung hat Mithat Gedik einiges erlebt. Fernsehteams und Reporter aus aller Welt belagerten die Straße, in der er mit seiner Frau und vier Kindern wohnt. Die Familie erhielt anonyme Briefe und E-Mails. „Schreiben mit fürchterlichen Rechtschreibfehlern waren dabei“, erinnert sich Gedik. „Am besten liest man so etwas nicht.“
Schützenverein als Mittelpunkt des Dorfs
Wenn Mithat Gedik durch die Schützenhalle seines Vereins führt, redet er kaum über den Schießsport. Stattdessen erzählt er von den Festen, die auf der Anlage stattfanden. Bis zu 800 Menschen haben in der Halle Platz, hier kommt der Ortsteil Sönnern-Pröbsting zusammen. „Auf dem Land haben Schützenvereine eine besondere Bedeutung: Sie stehen im Mittelpunkt des Dorflebens“, sagt der Betriebswirt. In den Schützenverein trat er ein, kurz nachdem er mit seiner Familie nach Werl gezogen war. Ursprünglich stammt Gedik aus Hamm. In seinem neuen Wohnort wollte er Kontakte knüpfen und seine neuen Nachbarn besser kennenlernen.
Rückhalt von den Vereinsmitgliedern
„Bei uns zählt der Mensch, nicht die Religion!“, diesen Spruch sagte einer der Schützenbrüder zu Mithat Gedik. Der Westfale betont, dass alle Vereinsmitglieder zu ihm gehalten hätten, als es die Querelen mit dem Dachverband gab. Mittlerweile ist der Ärger vergessen und der Werler Schützenkönig von 2014 ist weit über seinen Landkreis bekannt. „Als Nächstes wirst Du wohl Karnevalsprinz“, witzeln andere Vereinsmitglieder manchmal.
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