Finanztest stellt Menschen vor, die großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Jörn Hauß. Der Duisburger Spezialist für Elternunterhaltsfälle setzt sich dafür ein, dass unterhaltspflichtigen Kindern mehr Geld bleibt. „Die Pflicht, für Eltern Unterhalt zahlen zu müssen, wird von vielen Kindern zu Recht als sozialpolitischer Skandal empfunden“, sagt der Fachanwalt für Familienrecht.
Viele Mandanten haben Existenzängste
Beim Verlassen der Kanzlei von Jörn Hauß bedanken sich viele Mandanten für die „Therapiestunde“. Hauß’ Kunden sind erwachsene Kinder, deren Eltern im Pflegeheim leben. Wenn das Sozialamt sie anschreibt und Auskünfte über Einkommen und Vermögen fordert, quälen sie Existenzängste. „Die unterhaltspflichtigen Kinder erleben diese Situation als schwere Verletzung ihrer Intimsphäre“, sagt der 66-jährige Anwalt. Hauß kann die Betroffenen beruhigen. Die Rechtsprechung hat den Elternunterhalt stark begrenzt. Er verdeutlicht das mit einer Faustregel: „Wenn ein Kind überhaupt zahlen muss, dann in der Regel nicht mehr als in Höhe von zwei- bis dreimal auswärts essen gehen mit dem Ehepartner.“
Dank Hauß bleibt das Eigenheim geschützt
Auch das Eigenheim unterhaltspflichtiger Kinder ist geschützt. Dazu hat der gebürtige Berliner einiges beigetragen: 1991 versuchte das Sozialamt Duisburg eine 52-jährige Tochter zur Beleihung ihres Eigenheims zu zwingen, damit sie zahlen kann. Hauß zog mit seiner Mandantin bis vor das Bundesverfassungsgericht. Dies entschied 2005 für die Tochter (Az. 1 BvR 1508/96). Seitdem ist das selbstbewohnte Immobilieneigentum eines Kindes für die Sozialbehörden unantastbar.
Sein Buch zum Thema gilt als Standardwerk
Nach eigenen Angaben hat Jörn Hauß seit 2005 Kinder in mehr als 5 500 Elternunterhaltsfällen beraten und vertreten. Da bleibt kaum freie Zeit. „Mein Hobby ist Jura“, sagt er. Hauß kommt mit wenig Schlaf aus. Am liebsten arbeitet er zwischen vier und sieben Uhr früh. Dann feilt er auch an seinem Buch „Elternunterhalt: Grundlagen und Strategien“. Das Buch gilt als Standardwerk. Selbst der Bundesgerichtshof zitiert es.
Hauß setzt sich für höheren Selbstbehalt ein
Hauß gehört zur neunköpfigen Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages. Er und ein Großteil der Kommissionsmitglieder haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass beim Elternunterhalt der Selbstbehalt gestiegen ist. Für ein lediges Kind beträgt er seit Jahresbeginn 1 800 Euro (vorher 1 600 Euro). Dies ist der Betrag des Netto-Monatseinkommens, der jedem Kind mindestens bleiben muss. Das entlastet Kinder stark. Hauß: „Viele zahlen jetzt etwa 100 Euro weniger Elternunterhalt als noch 2014.“ Allerdings wird der neue Wert von den Ämtern nicht automatisch berücksichtigt: „Betroffene müssen eine Neuberechnung ihrer Unterhaltspflicht fordern.“
Bei Vermögensverschleierung ist für ihn Schluss
Hauß’ Einsatz für seine Mandanten hat aber auch Grenzen. Nicht selten wollen sie von ihm wissen, wie Vermögen so verschleiert werden kann, dass es dem Sozialamt verborgen bleibt. Solch einer „Unrechtsberatung“ verweigert sich der Anwalt. Bei aller Kritik am Elternunterhalt rechtfertige diese „keine kriminelle Selbsthilfe“.
In den Sozialämtern respektiert
Auch wenn die Ämter oft anderer Meinung sind, Jörn Hauß ist dort respektiert. Rolf Sievertsen, „Fachdienstleiter Unterhalt“ im Kreis Nordfriesland, sitzt mit Hauß in der Unterhaltskommission. Dort hat er ihn als „engagierten Kollegen“ kennengelernt. Das Buch von Hauß schätzt er als „sehr hilfreich“ – auch für die Mitarbeiter in den Behörden.
Endet mit der Enterbung auch die Unterhaltspflicht?
Genug Stoff für Streit bleibt dennoch. Umstritten ist etwa, ob Kinder für Eltern zahlen müssen, zu denen kein Kontakt mehr besteht und die ihre Kinder sogar enterbt haben. „Mit der Enterbung geben die Eltern die familiäre Solidarität auf, es besteht keine Unterhaltspflicht mehr.“ So sieht es der Duisburger Familienrechtler. Die Ämter und viele Gerichte sehen es anders. Hauß lässt sich nicht bremsen: „Habe ich einen solchen Fall, gehe ich mit dem Mandanten durch alle Instanzen.“