
„Es ist enorm wichtig, im Auge zu behalten, was über einen im Netz steht.“, Peter Hubert, Wirt aus Tegernsee © Stefan Korte
Finanztest stellt Menschen vor, die großen Firmen oder Behörden die Stirn bieten und so die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Peter Hubert aus Tegernsee hat sich erfolgreich gegen Praktiken des Internetgiganten Google gewehrt.
Wie voll ist es im Braustüberl tatsächlich?
Mittags gegen 12 Uhr füllt sich das Herzogliche Bräustüberl im bayerischen Tegernsee. Einheimische, Touristen und Reisegruppen nehmen auf Holzstühlen Platz, die schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Innen- und Außenbereich des Bräustüberls bieten 1 400 Plätze, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. „So ist das immer bei uns“, sagt Peter Hubert, der Wirt. „Der Laden ist zu den Tischzeiten voll, trotzdem findet jeder einen Platz.“ Die Internetsuchmaschine Google hatte anderes behauptet: Mehr als 90 Minuten Wartezeit seien am Wochenende möglich. Gegen diese Angabe ist Hubert erfolgreich juristisch vorgegangen.
Einen Ansprechpartner bei Google finden – sehr schwierig
Hubert erfuhr 2017 über Stammgäste, was Google über sein Restaurant schreibt. Er war so erstaunt wie verärgert. Der Blick auf die Hilfeseite von Google half nicht weiter. Dort steht: „Stoßzeiten, Wartezeiten und Besuchsdauer werden mithilfe von aggregierten und anonymisierten Daten von Nutzern berechnet, die den Google Standortverlauf aktiviert haben.“ Der Wirt versuchte zunächst selbst das US-Unternehmen zu kontaktieren. „Es gibt zwar Niederlassungen in Deutschland, einen Ansprechpartner zu finden, ist trotzdem schwierig“, sagt er dazu. Als er es geschafft hatte, teilte Google ihm lapidar mit, dass sich die Funktion nicht abschalten lasse.
Der Bayer schaltete einen Anwalt ein, der eine juristische Auseinandersetzung mit Google als kompliziert und den Ausgang als ungewiss einschätzte. Hubert ließ sich nicht abschrecken. „Die falschen Angaben können Gäste abhalten, unser Restaurant zu besuchen. Noch war das für uns nicht existenzbedrohend. Aber niemand weiß, wie sich die Angelegenheit in den nächsten Jahren entwickelt hätte“, sagt er. Die Klage des Anwalts ging an den deutschen Firmensitz von Google. Das Unternehmen verwies auf seinen Hauptsitz in Kalifornien. Ein Prozess in den USA wäre enorm teuer geworden.
Vor Gericht gibt Google nach
Der Jurist versuchte, mit Google eine gütliche Einigung zu erzielen. Im Juli 2019 löschte das US-Unternehmen schließlich die Angaben zu den Wartezeiten. „Die Funktion ließ sich also doch abschalten“, sagt Hubert grinsend. Das reichte dem Wirt aber nicht. Er bestand auf einer Unterlassungserklärung. Im August 2019 wurde ein Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht München I angesetzt. Diesen Termin sagte Google ab und erkannte den Unterlassungsanspruch an. Damit ist der Internetriese einem Urteil aus dem Weg gegangen, auf das sich andere berufen könnten. „Trotzdem habe ich viel Zuspruch von Wirten bekommen, die sich ermutigt fühlen, es ebenfalls mit Google aufzunehmen“, sagt Hubert.
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Jetzt muss man zu Fuss/Auto rausfinden, ob dort was frei ist, Zeit verlieren, CO2 ausstoßen, etc., anstatt über internet rauszufinden. Aber der Herr Wirt ist zufrieden, dass der Leute in dem Gang warten müssen.
Aus meiner Otto-Verbraucher-Sicht wäre die Google-Infos wichtiger, um zu entscheiden, ob ich reservieren muss oder nicht.