Finanztest stellt Menschen vor, die großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Edeltraud Walla. Die Stuttgarter Tischlermeisterin will nicht einsehen, dass Frauen weniger verdienen als vergleichbar qualifizierte Männer, und kämpft seit Jahren für einen gerechten Lohnausgleich.
Der Kampf gegen ungleiche Entlohnung
An Edeltraud Wallas Arbeitsplatz riecht es nach frischem Holz. Es wird laut, wenn Kreissäge oder Hobelmaschine anlaufen. Die Tischlermeisterin leitet die Werkstatt für analogen Modellbau an der Universität Stuttgart. Architekturstudenten, die ihren Entwürfen eine dreidimensionale Form geben möchten, finden hier Hilfe und Anleitung. Walla arbeitet seit 21 Jahren an der Uni. Sie mag ihren Beruf – bis vor sechs Jahren mochte sie ihn noch mehr. Damals erfuhr die 58-Jährige, dass ihr Kollege 1 300 Euro mehr verdient als sie. Er erhält monatlich 4 400 Euro brutto, sie bekommt nur 3 100 Euro. Seither kämpft sie. Die Gehaltsdifferenz gibt es noch heute, doch für andere hat Walla schon viel erreicht. „Irgendwann habe ich ein Ventil gebraucht“, sagt sie. Sie beschloss, ihr Engagement auf andere auszuweiten. 2010 wurde sie zur Beauftragten für Chancengleichheit an der Universität Stuttgart gewählt. Dank Edeltraud Wallas Initiative können heute unter anderem junge Mütter ihre Ausbildung in Teilzeit absolvieren.
Der Kollege wird über Tarif bezahlt
Es war reiner Zufall, dass damals die Gehaltsdifferenz ans Licht kam. Der Werkstättenbereich wurde umstrukturiert. Damit die Angestellten einen Überblick über die Neuerungen bekommen, wurde ein Zettel verteilt, auf der Werkstattleiter und ihre Gehaltsgruppen aufgelistet waren. „Dass die Entlohnung der Mitarbeiter publik wurde, war garantiert ein Versehen“, Walla lacht und schüttelt den Kopf. „Mein Chef war auch entsetzt, dass es solche Differenzen in der Bezahlung gibt.“ Die Angestellte wandte sich an die Universitätsleitung und bat darum, den Fall zu klären. Dort stellte man fest, dass sie korrekt eingruppiert war. Ihr Kollege aber wird über Tarif bezahlt. Die Universität beruft sich auf „historische Gründe“. Der Mann habe in früheren Jahren „höherwertige künstlerische Aufgaben“ übernommen. Dabei ist sie als gelernte Technische Zeichnerin und mit Meisterbrief besser ausgebildet. Er ist lediglich Facharbeiter für Gießereitechnik. Die Geschichte von Edeltraud Walla ist kein Einzelfall. Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland deutlich weniger als Männer – ihr Stundenlohn liegt ungefähr fünf Euro unter dem von Männern.
Gewerkschaft bietet Hilfe an
Die Tischlermeisterin schaltete den Gewerkschaftsverband Verdi ein, der ihr eine Fachanwältin an die Seite stellte. Mit ihr zog sie vor Gericht. Doch erst das Arbeitsgericht Stuttgart und später das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wiesen ihr Anliegen zurück. Bei der letzten Urteilsverkündung im Oktober 2013 hieß es, die Klägerin habe „keine hinreichenden Indizien dafür vorgetragen, dass die höhere Eingruppierung eines vergleichbaren männlichen Arbeitnehmers durch das Geschlecht motiviert“ sei. Eine Revision lässt das Landesarbeitsgericht nicht zu. „Die Richter haben sozusagen den Spieß umgedreht und von mir den Beweis verlangt, dass ich als Frau diskriminiert werde“, sagt die Tischlermeisterin. „Das macht mich heute noch fassungslos.“
Bis vors Bundesverfassungsgericht
Ihr eigener Kampf um gerechte Entlohnung geht weiter. Im Mai vergangenen Jahres hat Walla eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie sagt: „Ich habe schon immer dieses Gen in mir gehabt, das gegen Ungerechtigkeit kämpfen will.“ Noch ist nicht entschieden, ob das Bundesverfassungsgericht die Klage annimmt.
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Aus dem Artikel geht nicht hervor, dass Frau Wallas weniger verdient wegen ihres Geschlechts! Was also soll diese Falschinformation?
Viel mehr geht aus dem Artikel hervor, dass ein (!) Kollege von ihr mehr verdient weil er früher eine andere Aufgabe hatte (und man ihm logischerweise danach nicht wieder Gehalt kürzen konnte). Von daher sieht es aus als missbrauche die Frau die "Gleichberechtigung" um mehr Geld für sich zu fordern, zum Schaden von allen, die wirklich benachteiligt in ihrem Beruf sind (aus welchen Gründen auch immer).
Und dann empört sie sich noch darüber, dass sie den Beweis bringen muss wenn sie glaubt diskriminiert zu werden? Ist das nicht logisch? Muss das nicht jeder? Sonst kann doch jeder behaupten er würde diskriminiert und die Behörden/Arbeitgeber/usw. hätten nichts anderes zu tun als das Gegenteil zu beweisen...
"Walla arbeitet seit 21 Jahren an der Uni." Das heißt 21 Jahre alt hatte sie kein Problem mit ihrer Entlohnung, die genau dem Vertrag entsprach, dem sie freiwillig abgeschlossen hatte. Und nach 21 Jahren kam der Neid. Sie stört sich ja erst seit dem Moment an ihrem Gehalt, als sie erfuhr, dass andere mehr verdienen. Zuvor fand sie sich absolut ausreichend entlohnt.