
Finanztest stellt Menschen vor, die hartnäckig großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Edda Castelló. Sie leitet die Rechtsabteilung der Hamburger Verbraucherzentrale und hat gegen die Lebensversicherer dutzende Prozesse gewonnen und so Millionen für die Verbraucher herausgeholt.
„Es hilft nur massiver Druck“
Irgendwann hatte Edda Castelló genug von den Ausreden der Lebensversicherer. Sie beschloss, ihnen vors Schienbein zu treten. Die Kunden sollten endlich so viel Geld bekommen, wie ihnen zusteht. „Massiver Druck ist das Einzige, was hilft“, sagt die resolute Hamburgerin. „Klare Kante“ heißt das in Norddeutschland. Es geht ums Storno. Wenn ein Kunde seine Kapitallebens- oder Rentenversicherung kündigt, erhält er nur einen kleinen Teil des Geldes zurück, das er eingezahlt hat. Castelló kennt einen Sparer, der 53 000 Euro ansparte, aber nur 5 000 zurückbekam. Das wollte sie nicht hinnehmen.
Ein Berufsleben für die Kundenrechte
Die 64-jährige Verbraucherschützerin hat fast ihr gesamtes Berufsleben in der Hamburger Verbraucherzentrale (VZ) für die Rechte von Kunden gekämpft. Nach einer Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin hatte sie doch noch Jura studiert. „Vielleicht, weil mir Gerechtigkeit immer wichtig war.“ Danach fing sie in der Verbraucherzentrale an, wo sie nun die Rechtsabteilung leitet. Castelló wollte es nicht dabei belassen, einzelne Versicherungskunden zu beraten. „Damit helfen wir jedem persönlich. Aber besseren Verbraucherschutz erreichen wir so nicht.“ In ihrer Offensive gegen die Lebensversicherer hat die Juristin dutzende Prozesse gewonnen und so Millionen für die Verbraucher herausgeholt. Allein die Allianz hat 117 Millionen Euro zurückgestellt für Ansprüche von Kunden.
Als Erstes waren die Hamburger dran
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte geurteilt, dass Versicherer ihren Sparern nach einer Kündigung mindestens die Hälfte des eingezahlten Geldes zurückgeben müssen. Doch nur wenige hielten sich daran. Deshalb beschloss Castelló 2007, das große Rad zu drehen: „Aber gegen alle 90 gleichzeitig zu klagen, war nicht drin.“ Die Hanseatin nahm sich erstmal vier Versicherer aus ihrer Heimatstadt Hamburg vor, dann auch die Allianz. Zuerst bekamen die Unternehmen Abmahnungen. Die akzeptierten sie nicht. Dann kam das Landgericht. In allen fünf Verfahren verloren die Versicherer. Sie zogen vors Oberlandesgericht und zogen erneut den Kürzeren. Aber auch das reichte nicht. Castelló, ganz norddeutsches Urgestein, bohrte dicke Bretter. Der Fall ging zum BGH. Und sie bekam recht – ein sensationeller Erfolg. Inzwischen stapeln sich in der Verbraucherzentrale die Briefe von Kunden, die Nachschlag bekamen, oft hunderte Euro. Der Kunde mit dem 53 000-Euro-Vertrag erhielt zusätzlich 22 000 Euro.
Die Liste der Gegner wird ständig länger
In allen Fällen lauteten die Klauseln der Versicherer sehr ähnlich. Es war klar, dass sie verlieren würden. Warum sie trotzdem durch die Instanzen gingen? „Das bringt Zeit“, erklärt Castelló. Fünf Jahre vor Gerichten, aber nur drei Jahre Verjährungsfrist. Für tausende Kunden war sie abgelaufen, als die Urteile kamen: „So sparen die Versicherer mehr Geld, als die Prozesse kosten.“ Klar, dass sie auch da kämpfte. Ihr Argument: Die Verjährung beginnt erst, wenn der Kunde von seinem Anspruch erfährt. Doch der BGH entschied: Sie beginnt schon mit der Kündigung. „Ein Milliardengeschenk für die Branche“, so Castelló. Der Kampf geht weiter. Noch immer führt Castelló einen Prozess nach dem anderen. Gerade gewann sie gegen Zurich Herold und Stuttgarter Leben. Von Monat zu Monat wird die Liste länger: Aachen-Münchener, Axa, BHW, DBV, HDI-Gerling (Aspecta), Nürnberger, R+V, Skandia, Swiss Life, VGH Provinzial, Victoria – Fortsetzung folgt.
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Das Vertrauen in Versicherungen ist bei mir seit Jahren im Keller. Genau wegen solchen Vorgehensweisen der Versicherer. Gauner hoch 3. Ein notwendiges Übel!
Wo versteckt sich die Politik? Der kleine Mann ist mit solchen Problemen immer auf sich allein gestellt!!!
Wo sind die "Volksvertreter" wenn man sie brauch?
Vielen Dank an dieser Stelle an Frau Edda Castelló !!!!!!
Frau Edda Castellò hat mindestens ein Bundesverdienstkreuz verdient.
Ist da außer den Versicherern niemand, der das (hier zumindest) unterstützen würde?