Mutmacher Diskriminierung bei der Wohnungs­suche

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Mutmacher - Diskriminierung bei der Wohnungs­suche

„Gegen Diskriminierung zu kämpfen, ist schmerzhaft, aber es lohnt sich“. Hamado Dipama © Stefan Korte

Finanztest stellt Menschen vor, die Firmen, Behörden und privaten Anbietern die Stirn bieten und so die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Hamado Dipama aus München. Er hat sich gegen Diskriminierung bei der Wohnungs­suche gewehrt.

„Sind Sie Ausländer?“

Augs­burg, ein Zimmer, Küche, Bad, 40 Quadrat­meter, 394 Euro Kaltmiete – als Hamado Dipama 2019 die Wohnungs­annonce in einer Tages­zeitung entdeckte, freute er sich. Genau so eine Wohnung hatte er gesucht. Also rief er bei der angegebenen Nummer an und musste die Frage „ob er Ausländer sei“ beant­worten. Der Vermieter beendete das Gespräch. Wort­los. „So etwas passiert leider häufig, wenn einige Menschen meinen Namen und mein nicht perfektes Deutsch hören“, sagt Dipama. „Dabei habe ich ein festes Einkommen und zahle hier seit 2003 Steuern.“ Erst nach dem Telefonat habe er die zwei entscheidenden Wörter im Inserat entdeckt: an Deutsche. Der 45-Jährige hatte keine Chance, die Wohnung zu bekommen. Aber er hat gegen die Diskriminierung geklagt.

Wenn auch Sie Diskriminierung erfahren

Gleichbe­hand­lung.
Falls Sie benach­teiligt wurden, können Sie sich auf das Allgemeine Gleichbe­hand­lungs­gesetz von 2006 berufen. Es verbietet jede ungerecht­fertigte Benach­teiligung, Belästigung oder Mobbing wegen Rasse, Hautfarbe oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Welt­anschauung, Behin­derung, Alter oder sexueller Identität.
Beweise.
Wenn Sie gegen eine Benach­teiligung vorgehen möchten, müssen Sie Ihre Vorwürfe glaubhaft belegen können. Zeugen sind von Vorteil. Weitere Indizien können etwa Ablehnungs­schreiben, E-Mails oder nicht neutrale Inserate und Ausschreibungen sein. Auch ein Gedächt­nisprotokoll – was genau ist wann passiert – kann helfen, Ansprüche durch­zusetzen. Im Erfolgs­fall gibt es oft Schaden­ersatz.

Schöne und schlechte Erfahrungen

Dipama kommt aus Burkina Faso. Er studierte dort Wirt­schaft, war in der Studentenbewegung aktiv und kritisierte die korrupte Regierung. Einige seiner Mitstreiter wurden ermordet, andere verschwanden. Aus Angst vor einem ähnlichen Schick­sal floh er 2002 aus seiner Heimat und kam über Frank­reich nach Bayern. Er erzählt, wie er damals die Sprache mithilfe von Audiokassetten in der Biblio­thek lernte. „Manchmal haben sich Einheimische zu mir gesetzt und mit mir stunden­lang die Sprache geübt. Das waren schöne und positive Erfahrungen.“

Es gab auch andere, negative Erfahrungen: Pöbeleien und Anfeindungen auf der Straße und das Gefühl, ausgegrenzt zu sein. Gründe genug, sich dafür einzusetzen, dass niemand diskriminiert wird. Heute arbeitet Dipama als Referent der Agaby (Arbeits­gemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrations­beiräte Bayerns). Auch privat kämpft er gegen Alltags­rassismus. 2015 gewann er vor Gericht gegen Münchner Clubs, die Menschen mit Merkmalen wie dunkler Hautfarbe nicht einließen.

Urteil am Tag der Menschen­rechte

„Mich in dem Prozess gegen den Augs­burger Vermieter durch­zusetzen, hat mich viel Kraft gekostet“, sagt Dipama. Es half, dass er das Inserat vorlegen konnte und Zeugen hatte. Ein deutscher Freund von ihm bezeugte, dass der Vermieter auch ihn abge­lehnt hatte, weil er beruflich mit Flücht­lingen zu tun hat.

Während des Prozesses redete der Vermieter von dschiha­distischen Kämpfern aus Burkina Faso und nannte Dipama „Obama“. Die Richter urteilten, dass der Kläger „aufgrund Rasse oder ethnischer Herkunft“ benach­teiligt wurde. 1 000 Euro Schaden­ersatz muss der Angeklagte zahlen. Außerdem darf er die Formulierung „an Deutsche“ bei Annoncen nicht weiter verwenden. Dipama ist zufrieden. „Was mich besonders freut: Das Urteil wurde am Tag der Menschen­rechte gesprochen.“

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norbert.fiedler am 24.05.2020 um 11:41 Uhr
Ein Münchner in Augsburg?

Ein Münchner will 2019 in Augsburg eine Wohnung mieten und wohnt auch 2020 noch in München. Leider versäumen die Journalisten den Grund für diese offensichtliche Diskrepanz zu erläutern.