Finanztest stellt Menschen vor, die großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal stellen wir Andreas Döhnert vor. Der Gebäudereiniger aus Ludwigsfelde engagiert sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Reinigungsbranche.
Gebäudereiniger wechseln häufig den Arbeitgeber
Sein letzter Einsatzort war ein Supermarkt im brandenburgischen Großbeeren. Wochentags ab 12 Uhr sorgte Andreas Döhnert als Gebäudereiniger dafür, dass Lager, Toiletten und Büros sauber sind. „Die Vorgaben waren zu hart: Ich konnte die Aufgaben nicht in der vorgesehenen Zeit erledigen“, sagt der 60-Jährige. „Auch jüngere Mitarbeiter hatten massive Probleme, bei dem Arbeitstempo hinterherzukommen.“ Nach einigen Wochen kündigte der Arbeitgeber ihm. „Fristgerecht“, sagt Döhnert. „Das lief alles korrekt ab.“ Mit Kündigungen kennt er sich aus. In 18 Jahren, als Gebäudereiniger wurde ihm achtmal gekündigt. In anderen Fällen ging er freiwillig. Häufige Jobwechsel sind in der Branche üblich.
Döhnert wehrt sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen
Nicht üblich ist dagegen, dass sich jemand so beharrlich gegen schlechte Arbeitsbedingungen wehrt wie Döhnert. Schließlich arbeiten in der Branche eine Menge Minijobber und viele sprechen wenig Deutsch und können kaum für ihre Rechte kämpfen wie er. Bereits 20 arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen hat Döhnert mit Unterstützung der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt durchgestanden. Ein Verfahren um nicht bezahlte Überstunden läuft noch. In den anderen ging es meist darum, dass Tarifverträge und Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden.
Berufsaussichten glänzend, Bezahlung bescheiden
„Ich war immer schon ein Typ, der etwas leisten und bewegen will“, sagt er. Nach der Schulzeit im ehemaligen Westberlin wurde er Polizist. Später machte er eine Ausbildung als Kabelwerker und arbeitete für Siemens, bis das Werk schloss. Danach jobbte er in verschiedenen handwerklichen Berufen und wurde 1999 Gebäudereiniger. Die Berufsaussichten waren glänzend, die Bezahlung bescheiden. So ist es bis heute.
Situation in der Branche war ein Schock
„Ich war schockiert, wie die Branche mit Mitarbeitern umgeht“, sagt er und berichtet von unbezahlten Überstunden, Nachtzuschlägen und Wegezeiten. Von Unternehmen, die Arbeitszeitkonten fälschten, und anderen, die ihn um sein Gehalt prellen wollten. Und von „Sator“, einem hoch aggressiven Reinigungsmittel, das Atemwege schädigen kann. „Auch ich habe damit gearbeitet – ohne vorgeschriebenen Mundschutz. Die Firmen sparen gerne beim Arbeitsmaterial“, berichtet er.
Tipps
- Arbeitsvertrag.
- Beim Unterzeichnen eines Arbeitsvertrags sollten Sie darauf achten, dass Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Überstunden, Gehalt und Sonderzahlungen geregelt sind. Bei Streitigkeiten mit Ihrem Arbeitgeber können Sie sich auf Ihren Arbeitsvertrag berufen.
- Protokolle.
- Wenn Sie Probleme bei der Arbeit haben, weil Sie zum Beispiel zu viele Überstunden machen müssen, sollten Sie Arbeitszeiten und Aufgaben dokumentieren. Solche Protokolle helfen bei Auseinandersetzungen vor Gericht.
- Gewerkschaft.
- Gewerkschaften bieten ihren Mitgliedern kostenlose Rechtsberatung und stellen erfahrene Anwälte, die sie in arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen vertreten.
Gebäudereiniger riskieren ihre Gesundheit
Döhnert weiß genau, welche Rechte er hat und welche Tarife wann gezahlt werden müssen. 42 000 Euro an Lohndifferenzen konnte er für sich erstreiten. Er wird von Fachhochschulen für Vorträge zum Thema faire Arbeitsbedingungen gebucht. Derzeit sucht er eine neue Stelle und ist zuversichtlich, bald eine zu finden: „Die Nachfrage nach erfahrenen Kräften ist hoch.“
Mini-Job nebenher geht nicht mehr
Die harte körperliche Arbeit hat Spuren hinterlassen. Vor vier Jahren erlitt Döhnert zwei Schlaganfälle. „Der Stress“, sagt er trocken. Seitdem tritt er kürzer. Zusätzlich zu seiner 40-Stunden-Woche noch einen Minijob zu erledigen, wie früher, käme nicht mehr infrage. Trotz allem: Die Arbeit macht ihm noch immer Spaß. Was ihn in all den Jahren angetrieben hat? „Schlechte Arbeitsbedingungen greifen die Menschenwürde an“, sagt er, „deshalb darf man sie nicht hinnehmen.“
-
- Finanztest stellt Menschen vor, die großen Firmen oder Behörden die Stirn bieten und so die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Doreen Richardt aus Lübeck, die sich...
-
- Bezahlt wird, wer für seinen Arbeitgeber tätig ist. Kleine Ausflüge ins Private sind während der Arbeitszeit aber erlaubt – auch im Homeoffice.
-
- Finanztest stellt Menschen vor, die für Verbraucherrechte streiten. Diesmal: Heike Röhrs. Die Norddeutsche hat vor Gericht ihr Recht auf eine Teilzeitstelle durchgesetzt.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.