Finanztest stellt Menschen vor, die großen Unternehmen oder Behörden die Stirn bieten und dadurch die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Alexander Schlegel. Der Busfahrer aus Worms kämpft für faire Arbeitsbedingungen nach einer Betriebsübernahme. „Wir sind jetzt Vorbild für Busfahrer aus ganz Deutschland“, sagt er stolz.
Dreißig Stunden mehr arbeiten – bei gleichem Gehalt
Seit mehr als 25 Jahren ist Alexander Schlegel Busfahrer in Worms. Noch immer steuert er gern die Busse auf elf Linien durch die Stadt. Auf den ersten Blick hat sich seine Arbeit in jüngster Zeit kaum verändert. Oft beginnt seine Schicht schon morgens um vier. Dann zieht er seine Dienstkleidung an – dunkle Hose, hellblaues Hemd – und startet einen Bus am Hauptbahnhof. Neu ist lediglich die Aufschrift der Busse: Statt „Rhein-Neckar-Bus“ steht seit 2015 „Rheinpfalzbus“ auf dem Lack. Doch sein neuer Arbeitgeber will eigentlich viel mehr als den Namen ändern. „Ich soll unter anderem im Monat rund 30 Stunden mehr arbeiten – bei gleichem Gehalt“, sagt Schlegel im Pfälzer Dialekt. Gemeinsam mit 32 Kollegen hat er sich bislang erfolgreich gegen seinen neuen Arbeitsvertrag gewehrt.
Kompliziertes Firmengeflecht
Bis 2012 war Schlegel bei der BRN Stadtbus GmbH angestellt, die zur Busverkehr Rhein-Neckar GmbH gehört – und die ist wiederum Tochter der Deutschen Bahn (DB). „Uns war klar, dass unser Arbeitgeber wechseln könnte“, sagt der 54-Jährige. Der Vertrag zwischen der BRN Stadtbus und Worms lief 2014 aus. Ab 2012 suchte die Stadt per Ausschreibung einen neuen Anbieter. Die „Rheinpfalzbus“ machte das günstigste Angebot und damit das Rennen. Die Firma war von der „Busverkehr Rhein-Neckar“ eigens für die Ausschreibung neu gegründet worden – und ist damit ebenfalls Teil des komplizierten Firmengeflechts der DB. „So läuft das heute überall im Nahverkehr“, sagt Schlegel wütend. Seitdem er einen neuen Arbeitgeber hat, engagiert er sich im Betriebsrat.
Neuer Arbeitsvertrag mit Nachteilen
Wenn eine Firma von einer anderen übernommen wird, sollen die Mitarbeiter oft einen neuen Vertrag unterschreiben, der sie schlechter stellt. Die Busfahrer hätten hinnehmen müssen, dass ihre vielen Dienstjahre bei einem Sozialplan in Zukunft nicht angerechnet werden. Schlegel wandte sich bereits während der Ausschreibung mit einem Kollegen an den damaligen Betriebsrat. Als dieser nicht handelte, engagierten die Männer die Anwältin Astrid Lorenz aus Worms. „Die Mitarbeiter fühlten sich unter Druck gesetzt. Ihnen wurde vermittelt, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn sie den neuen Vertrag nicht unterzeichnen“, berichtet die Arbeitsrechtlerin. Nach Prüfung des Falls riet sie den Fahrern, den neuen Vertrag nicht zu akzeptieren. Schlegel schaffte es, Dutzende von Kollegen zu überzeugen. 33 Fahrer folgten dem Rat der Anwältin, andere unterschrieben.
Erster Erfolg beim Arbeitsgericht
Im April wurde der Fall vor dem Arbeitsgericht Mainz verhandelt. Die Busfahrer trugen vor, dass ein „uneingeschränkter Betriebsübergang“ vorliege und der alte Tarifvertrag und der Arbeitsvertrag in allen positiven Punkten gelten müssten. Die „Rheinpfalzbus“ argumentierte, dass „bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand ein solch umfassender Betriebsübergang“ nicht zum Tragen komme. Die Verhandlung dauerte wenige Minuten, dann bekamen die Busfahrer recht. Der Arbeitgeber ist in Berufung gegangen, doch Schlegel und seine Kollegen freuen sich über den Erfolg. „Busfahrer haben eine Menge Verantwortung“, sagt er. „Wir lassen uns nicht wie eine Ware behandeln.“