
Sie bieten eine riesige Musikauswahl und guten Klang. Schwächen zeigen sich in der Handhabung und im Kleingedruckten. Simfy, Spotify und Wimp liegen vorn.
Testergebnisse für 9 Musikstreaming-Dienste (Premiumangebot)
Musik lässt uns wunderbar in die Vergangenheit abtauchen: Ein Gitarrengriff reicht aus und schon rocken wir in Gedanken wieder an vorderster Front auf dem Rolling-Stones-Konzert. Musik zaubert uns an einem Regentag ein Lächeln ins Gesicht. Musik schickt uns auf die Tanzfläche, bringt uns zum Weinen und hilft uns beim Nachdenken. Musik begleitet uns durch den Alltag und gibt uns Kraft.


Was könnte es also Schöneres geben, als ständig eine riesige Musikauswahl parat zu haben, in der je nach Laune der passende Song nur einen Klick weit weg ist? Ganz gleich ob zuhause, in der U-Bahn, bei Freunden oder am Arbeitsplatz: Musikstreaming-Dienste ermöglichen genau das. Sie verschaffen Zugang zu zirka 20 Millionen Songs, ohne dass Musikbegeisterte CD-Regale oder Festplatten voller Alben pflegen oder mitschleppen müssen. Die Musik liegt in der Cloud (Englisch für Wolke), also auf Speichern im Internet. Will der Nutzer einen Song hören, lädt er ihn Stück für Stück auf Computer, Smartphone oder Tablet herunter – und zwar während er das Lied bereits hört. Anschließend verschwindet der Song irgendwann wieder aus dem Zwischenspeicher. Dieses Verfahren nennt sich „Streaming“, vom englischen Wort für Strömung.
Wir haben die Premiumangebote von neun Streaming-Diensten getestet . Für 10 Euro im Monat können Musikfans bei einem solchen Angebot das Repertoire durchforsten und Lieder zuhause oder unterwegs anhören. Das Fazit: Die Musikauswahl überzeugt, weist aber prominente Lücken auf. Die Klangqualität kann sich hören lassen. Schwächen leisten sich die Dienste bei den Kundeninformationen, beim Umgang mit Nutzerdaten und in den allgemeinen Geschäftsbedingungen mit kritischen Klauseln.
Rolling Stones ja, Beatles nein


Wer auf dem Computer, dem Smartphone oder Tablet in die Musikbibliothek abtauchen will, für den ist wichtig, dass sie auch alle Lieblingssongs enthält. Im Test haben wir die Auswahl anhand einer Liste von 100 Alben abgeprüft, die wir unter anderem mithilfe anerkannter Musikexperten zusammengestellt haben: jeweils 20 Alben aus Rock und Pop national wie international, Schlager, Jazz und Klassik. Am besten schneiden Spotify mit 84 und Simfy mit 83 gefundenen Alben ab. Auch die anderen Dienste müssen sich nicht verstecken. Einzig Sony Music Unlimited und Rara sind befriedigend.
Auf manch prominenten Namen müssen aber alle verzichten: auf die Beatles genauso wie auf Xavier Naidoo, Die Ärzte oder Die Toten Hosen. Einzelne Künstler sperren sich gegen das Streaming, weil sie befürchten, ihre CD- oder Downloadverkäufe könnten leiden. Dazu gehörte lange auch Metallica. Die berühmte US-Metalband hat mittlerweile einen Exklusivvertrag mit Spotify und ist nur dort zu finden.
Klangqualität wie von CD
Traditionalisten schwören auf den knackenden, knarzigen Sound der Schallplatte. Für die meisten anderen Musikhörer ist beim Ton die CD das Maß der Dinge. Die Streaming-Dienste können bei der Klangqualität locker mithalten. Sony Music Unlimited und Rara klingen gut, alle anderen sogar sehr gut. Der Hörtest zeigt: Es gibt kaum hörbare Qualitätsunterschiede zwischen der mobilen Nutzung am Smartphone und der stationären Nutzung am Computer. Einzig Juke und Rdio klingen unterwegs etwas schlechter als am Computer. Die meisten Anbieter stellen verschiedene Qualitätsstufen für die Computer- und die Smartphone-Nutzung bereit. Je besser die Klangqualität, desto höher das Datenaufkommen beim Streaming. Wer unterwegs im mobilen Internet streamt, schöpft unter Umständen schnell die Datenflatrate seines Mobilfunkvertrags aus. Um dem vorzubeugen, können Nutzer eine niedrigere Qualität einstellen und dadurch das Datenaufkommen verringern. Bei Simfy fällt für das Album „Solitude Standing“ von Suzanne Vega ein Datenvolumen von 67 Megabyte an. Juke und Rara brauchen bei fast gleicher Klangqualität nur 18 MB.
Nutzer können ihre Musikauswahl aber auch offline verfügbar machen und zuhause im kabellosen Funknetzwerk (WLan) auf ihr Handy oder Tablet laden. Dann steht die Abspielliste auch unterwegs in der U-Bahn bereit, ganz ohne Internetverbindung. Die Musikdateien sind aber im goldenen Käfig der jeweiligen App gefangen und nur abspielbar solange der Anwender bezahlt.
Testergebnisse für 9 Musikstreaming-Dienste (Premiumangebot)
Nach Kündigung ist alles verloren
So beeindruckend die riesige Musikauswahl zunächst sein mag, die Streamingdienste haben einen Nachteil. Anders als beim Musikdownload kaufen Anwender nicht einzelne Songs, die sie abspeichern oder auf CD brennen können. Nutzer erwerben vielmehr das Recht, für eine bestimmte Zeit die Musik anhören zu dürfen. Kündigen sie bei einem Dienst, verlieren sie dieses Recht und müssen sich von ihrer Musikzusammenstellung verabschieden. Auch eine parallele Onlinenutzung auf mehreren Geräten schließen die Anbieter aus. Wer sich einen Zugang in der Familie teilen will, muss also mit seinen Liebsten absprechen, wer wann Musik hört.
Der Vorteil des Streamings: Die Musiksammlung frisst keinen Speicherplatz auf dem Computer und steht an jedem Ort mit Internetzugang zur Verfügung.
Tücken in der Handhabung


Die Streaming-Dienste bieten zahlreiche Möglichkeiten: ganze Alben anhören, eigene Abspiellisten zusammenstellen, Musikempfehlungen anderer nachgehen. Die besten Musikinfos liefert Napster. Die Handhabung der geprüften Dienste am PC und auf dem Smartphone könnte aber besser sein. Schwächen zeigen sich in der Suchfunktion. Schon bei kleinen Tippfehlern findet sie oft nicht mehr den gewünschten Interpreten oder Titel. Eine erweiterte Suche für genauere Abfragen beinhaltet kein Dienst. Besonders für Klassik- oder Jazzfans wäre das interessant, weil der gleiche Titel in diesen Genres oft in verschiedenen Versionen vorliegt. Häufig fanden wir ein falsches Datum der Erstveröffentlichung.
Mängel im Kleingedruckten
Große Schwächen offenbart der Test beim Blick ins Kleingedruckte. So fallen die Informationen über die Anbieter selbst und die verschiedenen Vertragsmodelle teils äußerst dürftig aus und sind schwer zu finden. Gleiches gilt für Hilfestellungen, wenn Nutzer technische Probleme oder Fragen haben. Auch mangelt es an Infos darüber, wie der Anbieter mit den Nutzerdaten umgeht und was mit diesen Daten passiert, wenn Kunden ihren Vertrag kündigen.
Sehr deutliche Mängel fanden wir bei vielen Diensten in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Den Negativrekord hält Rdio. Mehr als 40 unwirksame Klauseln stehen in seinen AGB. So schließt der Dienst zum Beispiel jegliche Haftung aus, wenn es zu Speicherfehlern kommt. Verliert der Nutzer aufgrund eines technischen Defekts seine Sammlung, will der Anbieter nicht haften. Solche Klauseln sind nach deutschem Recht juristisch unwirksam. Einige Klauseln sind voller grammatikalischer Fehler und daher kaum verständlich. Positiv fällt Juke ganz ohne AGB-Verstöße auf: Es geht also.
Deezer-App verrät Passwort
Kunden nutzen Musikstreaming-Dienstebesonders häufig über das Smartphone. Wir haben deshalb auch geprüft, welche Daten die Apps über den Nutzer verraten. Die Deezer-Apps senden Passwort und Benutzernamen unverschlüsselt: ein Sicherheitsrisiko und als „sehr kritisch“ einzustufen. Bei Simfy, Rdio und Rara sind sowohl die Android- als auch die iOS-App „kritisch“, weil sie unnötig Nutzerdaten senden. Dazu zählt zum Beispiel eine eindeutige Gerätekennung des Smartphones. Bei drei weiteren geprüften Anbietern ist zumindest die Android-App kritisch.
Eine Besonderheit: Jeden gestreamten Song rechnen die Anbieter einzeln mit Plattenlabels und Künstlern ab. So erfährt der Musiker zum Beispiel von Spotify, wer ihn wann und auch wo gehört hat, sofern der Nutzer seinen Wohnort angegeben hat. Musik begleitet durch den Alltag und ihre Macher begleiten die Streaming-Dienst-Nutzer dabei ein Stück weit. Musiker und Musikhörer kommen sich näher.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
...ist die Musik-Datenbank von Naxos. Ich habe davon bisher nirgends gelesen und bin erst vor kurzem zufällig darüber gestolpert, als ich mich schlau machte, welche Möglichkeiten die Stadtbibliothek Heilbronn ONLINE anbietet - viele Büchereien im Umkreis sind dem angeschlossen. Unter anderem ist das Angebot der Naxos-Datenbank enthalten.
Für Klassik-Fans: https://www.naxosmusiclibrary.com/home.asp (114.200 Alben)
Für Jazz-Fans: http://www.naxosmusiclibrary.com/jazz/home.asp (9.000 Alben)
Ein Abo ist - gemessen an den Spotify & Co. - nicht billig. 165 EUR bzw. 73 EUR kostet der Jahresbeitrag. Dafür gibt es eine riesige Auswahl des jeweiligen Genres, einschließlich ALben, die längst vergriffen sind.
Für mich als Benutzer der Stadtbibliothek ist die Nutzung in der Jahresgebühr von 16 EUR enthalten.
Lossless klingt zunächst gut, aber nur nach einem Test könnten wir dazu etwas sagen. Zur Gewichtung der Urteile stehen wir erstens, weil die Urteile für die Hörqualität sehr dicht beeinander liegen, so dass dieses Kriterium kaum zur Unterscheidbarkeit der Dienste beiträgt, und zweitens, weil der der beste Klang nichts nützt, wenn das Repertoir nichts taugt. Und auch die weiteren Gruppenurteile zu Vielseitigkeit, Benutzung, Informationen und Verträge müssen stimmen, erhalten also Gewicht im test-Qualitätsurteil. (Bu)
WiMP bietet jetzt mit seiner Hifi-Option das Streamen in lossless (FLAC oder ALAC) Qualität für rd 20€ im Monat an. Wie würde sich das auf den Test auswirken? Und damit verbunden: warum wurde das zentrale Element der Services, der gute Klang, mit nicht mal einem Drittel der Punkte gewertet?
Bei den für die meisten Hörer doch recht ähnlichem Angebot wundert es mich etwas, dass die liebe Tante Stiftung Warentest nicht einige weitere ethische Entscheidungskriterien dem Leser in die Hand gibt, wie es bei Klamottentests schon regelmäßig der Fall ist: Vielleicht will nicht nur ich wissen, ob Künstler oder Hedge-Fonds mehr Geld von meinem 120€ Jahresbeitrag fürs Musikhören bekommen. Und hier scheint Deezer vor Spotify zu liegen, während Google und andere Überseedienste die Künstler kurz halten. Kann man das so sagen? Wäre schön, wenn auch hier Test eine erweiterte Informationsbereitstellung in Zukunft sehen würde.
Wem es interessiert: zu Zahlungen der Musikstreamer fand ich folgendes:
http://www.spotidj.com/blog/spotify-payout-q3-2012-and-some-extras/