Die Hersteller geizen mit Aroma aus der Frucht, überfrachten die Säfte aber mit Vitaminen. Acht Multivitaminsäfte schneiden ausreichend oder mangelhaft ab. Einer ist sehr gut: der von Rabenhorst.

Multivitaminsaft ist eine clevere Erfindung des Fruchtsaftherstellers Eckes. Ende der 60er Jahre ließ er im hauseigenen Institut für Getränkeforschung in Nieder-Olm bei Mainz an neuen Safttypen tüfteln. So kam 1979 als erster „Frucht-Multi-Vitaminsaft“ der Dr. Koch’s Trink 10 auf den Markt, benannt nach dem Institutsleiter Julius Koch. Wer damals Kind war, erinnert sich: Dieser Mehrfruchtsaft war etwas Neues, Besonderes. Jeder wollte den Mix aus „10 wohlschmeckenden Früchten“ und „10 lebenswichtigen Vitaminen“ kosten.
Multivitaminsaft hat sich etabliert und ist heute der drittbeliebteste Fruchtsaft der Deutschen – nach Orangen- und Apfelsaft. Der Marktanteil liegt bei rund 9 Prozent.
Der Hersteller Eckes heißt heute Eckes-Granini und ist die Nummer eins unter den Markenherstellern. „Wir geben den Menschen das Beste aus der Frucht für ein gesundes und genussvolles Leben“, verspricht er auf seiner Webseite. Und nimmt da den Mund ganz schön voll. Von der früheren Qualität – wir testeten seinen Multivitaminsaft 1992 und 1997 – ist nicht viel geblieben. Der Saft heißt heute Hohes C und ist nur noch ausreichend, ebenso wie der Hohes C Rote Multi-Vitamin. Sechs Säfte sind noch schlechter: Sie sind mangelhaft.
Die drei großen Schwachpunkte
Die einen trinken Multivitaminsaft, weil sie die exotische Fruchtmischung mögen. Die anderen denken, man brauche ihn, um gesunde Vitamine zu tanken. Beiden Anhängern müssen wir den Glauben nehmen: Die Testbilanz ist negativ.
- Fruchtaromen Fehlanzeige. Auf den Etiketten werben die Hersteller mit bis zu 14 appetitlichen Früchten, nur wenige geben aber die Fruchtanteile preis. Von den exotischen Früchten werden oft nur kleinste Mengen verarbeitet. Hinzu kommt: Mancher Hersteller verwendet nur Fruchtsaftkonzentrate (siehe „Steckbrief“) und geizt mit den teuren Fruchtaromen. Nicht immer handelt es sich um „Fruchtsaft“ – auch dann nicht, wenn das draufsteht oder mit „100 % Saft“ geworben wird.
- Überdosierung mit Vitaminen. Die Mengenangaben zu den Vitaminen stimmen meist nicht. Dazu muss man wissen: Die Vitamine im Multivitaminsaft stammen nicht aus den Früchten, sondern werden als synthetische Vitaminmischung zugesetzt. Wir fanden bei fast allen Säften deutlich höhere Gehalte, als die Verpackung besagt. Wer seine Vitaminzufuhr berechnen will, ist hoffnungslos verloren.
- Fantasienamen ohne Aussage. Namen wie „Roter Multi“, „Multivitamin“ und „Vitamin-Frühstück“ sagen über das Getränk nichts aus. Die Hersteller lenken so davon ab, dass sie keinen Fruchtsaft anbieten.
Hohes C enttäuscht gleich doppelt
Wie viele andere Säfte enttäuschen auch die zwei von Eckes-Granini in der Aromaqualität. Der Grund: Der Hohes C MultiVitamin enthält neben Bananen- und Nektarinenmark nur Fruchtsaftkonzentrate (siehe „Steckbrief“). Das heißt: Eckes-Granini verzichtet darauf, das beim Konzentrieren entwichene, ursprüngliche Fruchtaroma wieder herzustellen. Der Hohes C Roter Multi-Vitamin verwendet sogar ausschließlich Fruchtsaftkonzentrate – und als einziger auch Fremdaroma. Er setzt eine Fantasiemischung von Aromastoffen aus dem Labor zu, die mit den abgebildeten Früchten auf der Flasche nichts zu tun hat.
Die sechs Mangelhaften
Ob tatsächlich das vollständige Aromaspektrum von Fruchtsaft oder Fruchtmark enthalten ist, lässt sich nur im Labor feststellen. Bei sechs Multivitaminsäften zeigte sich: Es ist nicht alles drin, was drin sein muss. Albi, Rauch, Kaiser’s Tengelmann, Bauer, Bari und der Rote Multi von Edeka sind deshalb mangelhaft. Sie dürften das Wort Fruchtsaft gar nicht verwenden. Schlechtestes Beispiel ist Bari. Hier konnten wir so gut wie keine Fruchtaromen nachweisen, die nach einer Rearomatisierung vorhanden sein müssten. Er schmeckte keineswegs exotisch-fruchtig, sondern deutlich muffig, malzig und nach alten Früchten. Bei Rauch war nur das Fruchtaroma von Banane vollständig nachweisbar, bei Bauer nur das von Pfirsich. Beide loben aber mindestens zehn Früchte aus.
Im Geschmack sind die Säfte von Rauch und Bauer gut. Wie kann das sein? Die verwendeten Konzentrate brachten wohl noch genug Fruchtgeschmack mit und hatten keine Fehler. Mit den sehr fruchtigen Direktsäften in Rabenhorst und Amecke können sie aber keinesfalls mithalten.
Rabenhorst ist der Beste
Überhaupt ist der „11 plus 11“-Saft von Rabenhorst die goldene Ausnahme. Er zeigt, was ein Multivitaminsaft bieten kann: große Fruchtvielfalt, hohe Fruchtsaftqualität und einwandfreien Geschmack – außerdem Vitaminmengen, die pro Glas gut zum Tagesbedarf beitragen. Er verdient die Note Sehr gut. Die Säfte von Amecke und Netto Marken-Discount sind gut.
Vitamine aus dem Labor
Für Multivitaminsaft setzen die Hersteller synthetische Vitamine ein. Lediglich bei Hohes C stammt das Vitamin C aus den Früchten. Es ist das einzige Vitamin, das in nennenswerter Menge aus Zitrusfrüchten kommen kann. Alle anderen kommen in den Früchten allenfalls in Spuren vor.
Die synthetische Vitaminmischung in den Säften besteht in der Regel aus neun Vitaminen und Provitamin A. Jedes Vitamin darf der Anbieter nur bewerben, wenn 100 Milliliter Saft mindestens 15 Prozent der empfohlenen Tageszufuhr decken (siehe Tabelle). Das schaffen alle Säfte tatsächlich. Rauch und Hohes C Roter Multi-Vitamin fehlen drei Vitamine, darunter Folsäure. Sie ist neben Vitamin D das einzige Vitamin, das bei vielen in der Ernährung zu kurz kommt. Dieses Vitaminspektrum ist für uns mangelhaft.
Dreifache Menge an Vitaminen

Höchstens ein Glas. Mehr als 0,2 Liter Multivitaminsaft pro Tag sollten es nicht sein. Ein Liter würde mehr Vitamine liefern, als man braucht. © Thinkstock
Meist setzen die Hersteller jedoch viel zu viele Vitamine zu. Die von uns gemessenen Werte lagen selbst gegen Ende der Mindesthaltbarkeitsfrist teils deutlich über denen auf den Verpackungen. So enthalten die Säfte von Bari und Rewe etwa die dreifache Menge an Folsäure, wie das Etikett besagt. In Dittmeyer’s Valensina und dem Roten Multi von Edeka fanden wir etwa dreimal so viel Pantothensäure wie angegeben. Es ist anzunehmen, dass bei einem frisch abgefüllten Multivitaminsaft die Vitaminmengen noch viel höher liegen.
Überdosierung ist die Regel
Vitaminmengen, die mehr als doppelt so hoch sind wie angegeben, sind zu viel des Guten. Ohne eine gewisse Überdosierung geht es aber auch nicht. Die Hersteller müssen bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum die versprochenen Vitamingehalte garantieren. Da sich die Vitamine abbauen, etwa weil sie lichtempfindlich sind, wird bei der Abfüllung kräftig zugeschlagen. Eine lichtgeschützte Verpackung würde hier helfen.
1 Glas ist kein Problem, 1 Liter schon
Gesundheitsschädlich sind die Vitamingehalte der Säfte weder für Erwachsene noch für Kinder. Wer ein 200-Milliliter-Glas trinkt, erreicht bei keinem Saft den Tagesbedarf eines Vitamins. Schon gar nicht überschreitet er eine der sicheren Obergrenzen, die die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) für einzelne Vitamine berechnet hat. Diese sagen, wie viel wir langfristig aufnehmen können, ohne Schaden zu erleiden (siehe Tabelle).
Anders sieht die Sache aus, wenn Saftfans einen Liter trinken. Dann überschreiten sie die empfohlene Tageszufuhr für fast alle Vitamine locker. Einige Säfte übertreffen dann sogar die Obergrenzen für Vitamin A, Folsäure und Niacin. Da wir auch aus vielen anderen Quellen Vitamine aufnehmen, heißt das: Mehr als ein Glas sollte es am Tag nicht sein.
Hohe Dosen bergen Risiken

Vitamine satt. Alle Produkte oben sind mit Vitaminen angereichert. Allein mit diesem Frühstück – aus 0,2 Liter Multivitaminsaft, 60 Gramm Cornflakes, 1 Jogurt, 40 Gramm Wurst, 20 Gramm Margarine – nehmen Sie morgens mehr Vitamine auf, als Sie für den Tag brauchen. Laut Produktangaben liefert es doppelt so viel Vitamin B6 wie erforderlich sowie 50 bis 80 Prozent mehr Vitamin B1, B2, B12, Vitamin E, K, Niacin und Biotin. © Stiftung Warentest
Ob der menschliche Körper Vitamine aus dem Labor genauso verwertet wie natürliche, weiß keiner genau. Bekannt ist aber: Isst jemand zum Beispiel eine Orange, muss sich der Körper einzelne Nährstoffe aus einer komplexen Matrix erschließen. Die Aufnahme verzögert sich. Nahrungsergänzungsmittel in Form von Tabletten oder Pulvern führen dem Körper konzentriert Nährstoffe, also auch Vitamine zu. Schätzungen zufolge greift bereits jeder dritte Deutsche dazu – in der Hoffnung, seiner Gesundheit Gutes zu tun.
Studien belegen hingegen, dass hohe Vitamindosen auch negative Wirkungen haben können. In seinem Bericht „Die Vitaminlüge“ machte das kürzlich auch Der Spiegel zum Thema. Gesundheitsgefahr besteht dann, wenn über einen längeren Zeitraum ständig sichere Obergrenzen für Vitamine überschritten werden.
Niederschmetternd war das Ergebnis einer finnischen Studie mit Rauchern im Jahr 1994: Probanden, denen hohe Dosen isoliertes Betakarotin (Provitamin A) verabreicht wurden, entwickelten deutlich häufiger Lungenkrebs als andere. Eine solche Gabe von Betakarotin ist also kritisch zu sehen. Multivitaminsaft setzen die Hersteller alternativ immer häufiger Karottensaft zu und werben dann auch mit dem natürlichen Provitamin A.
Auch der Glaube, Vitamin E schütze gesunde Männer vor Prostatakrebs, bröckelt. Studien weisen auf das Gegenteil hin. Ebenso zeigte sich, dass wohl nur Gesunde von viel Folsäure profitieren. Bei Menschen mit Krebsvorstufen können hohe Dosen das Wachstum von Krebs fördern.
Kritik an angereicherten Produkten
Kein Wunder vor diesem Hintergrund, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung die Anreicherung von Getränken mit Vitaminen kritisch sieht. Es bestehe das Risiko einer „unkontrollierten Aufnahme von Nährstoffen“. Außerdem peppen die Hersteller heutzutage nicht nur Säfte auf, sondern auch Zerealien, Süßigkeiten, Margarine und Milchprodukte. Besonders Kinderlebensmittel werden überfrachtet.
Ob Groß oder Klein: Wer häufig mehrere angereicherte Lebensmittel isst, bekommt schnell mehr Vitamine, als er braucht. Das veranschaulicht auch unser Frühstücksszenario auf Seite 23. Für Verbraucher ist es nicht leicht, die tatsächliche Zufuhr aus den Packungsangaben zu berechnen.
Buntes Essen deckt Vitaminbedarf

© Thinkstock
Wenn nicht vom Arzt verordnet, sollte man auf Vitaminpillen verzichten. Die Deutschen sind im Allgemeinen gut mit Vitaminen versorgt. Eine abwechslungsreiche Ernährung ist dafür das A und O: viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte und Kartoffeln, Milchprodukte, Fleisch oder Fisch, nur mäßig Öl und Süßes. Wer das schafft, braucht auch keinen Multivitaminsaft. Das gilt ebenso für Kinder wie für Risikogruppen. Ältere Personen mit nachgewiesenem Vitaminmangel sollten eher Multivitaminpräparate nehmen. Im Unterschied zum Multivitaminsaft sind die genau dosiert. Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere und Veganer brauchen gezielt einzelne Vitamine wie Folsäure und Vitamin B12.
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meine meinung!
flüssiges kommt sowiso nicht an den vollen fruchtgehalt heran.
eine orange zb besteht ja nicht nur aus flüssigem sondern hat auch fruchtfleisch und " oxidanzien? " die alles in allem die volle frucht erst mal für meinen körper wertvoller macht.
ausserdem kann frau/mann die umverpackung kompostieren und muss nicht verbrannt und aufwendig entsorgt werden.
wie test schreibt zuviel des guten ( folsäure und zusatzvitamiene ) ist eher schädlich, kenne keinen der schon mal krank wurde der zuviel obst ( und gemüse ) gegessen hatte. eher jemand der necktar oder fruchtsaftgetänk soff und dann andauernd ( wegen der zugesetzten süsstoffe ? ) "rennen" musste.
Fazit: wie alles ( im leben ) mt massen ( geniessen ) ist gesund.
gruss aus dortmund dieter.
und die Ökobilanz von Bioprodukten ist auf jedenfall besser.. aber:
"Nur Bioproduzenten verwenden reife, wohlschmeckende Früchte und nicht aufgeblasene, fad schmeckende, unreife Kunstdüngerärmlinge, die mit künstlichen Aromen aufgepäppelt werden müssen."
Ist natürlich Blödsinn. Bioprodukte sind nicht per se besser vom Geschmack oder haben die reiferen Früchte..
Der Testsieger "Rabenhorst 11 plus 11" verwendet keine Aromen und ist kein Bio-Produkt, was jetzt?
Zustimmen kann ich dass der Einsatz von Aromen (egal wie natürlich die sich nennen) immer mangelnde Qualität überdecken soll....
weder "natürlich", noch künstliche oder "naturindentische".. Wenn der Saft ohne Zusätze nicht schmeckt stimmt was an den Zutaten nicht...
Der Hinweis auf Aromazusätze sagt aber noch lange nichts über die Art des Aromas. Es könnten natürliche, naturidentische oder eben künstliche Aromastoffe sein. Auch hat die Verwendung von Saftkonzentraten nichts mit der Qualität der zugrundeliegenden Früchte sondern allein mit dem Preis zu tun. Säfte aus Saftkonzentraten können sogar geschmacklich besser abschneiden als ein Direktsaft - wie Tests der Vergangenheit gezeigt haben. Hier kommt es darauf an, daß die extrahierten Aromastoffe wieder vollständig hinzugefügt werden, wenn man das Konzentrat aufmischt. Und die Bilanz von Biolebensmitteln bei der Stiftung Warentest ist sehr durchwachsen. Keinesfalls läßt sich ein klare Aussage über eine angeblich bessere Qualität von Biolebensmittel daraus ableiten. Die Bioindustrie ist eine gewaltige Glaubensindustrie. Sie lebt von den Beiträgen von Menschen, die daran glauben. Daran ist nichts falsch. Aber so ehrlich muß man dann schon sein.
Für einen steht das künstliche Aroma sogar im Text: " Der Hohes C Roter Multi-Vitamin verwendet ........ auch Fremdaroma, sprich eine Fantasiemischung von Aromastoffen aus dem Labor."
Ich habe keinerlei wirtschaftliche Interessen an Bio, das einzige was ich möchte, sind Lebensmittel hoher Qualität, deren Produktion die Böden (auch in anderen Ländern) schützt und die gut schmecken. Das ist für den Biolandbau in hunderten Studien nachgewiesen, auch wenn die chemische Industrie sich noch so müht,es mit Propaganda und gekauften Studien zu verneinen.
Was ist übrigens schlecht daran, die Stiftung Warentest zu erinnern, dass sie die Aufgabe hätte, Produkte aus den Bioläden gleichgestellt mit Industrieware zu testen? Ich selbst kenne Beutelsbacher Multi Pur Demeter und Voelkel Multi Natur Demeter aus eigener Erfahrung und kann nur jedem raten, diese beiden Säfte mal mit einem der getesteten anderen Produkte zu vergleichen und erst danach wieder schlecht über Bio zu schreiben.