
Netzausbau. Ein Techniker bei der Arbeit am Funkmast.
Seit E-Plus im vergangenen Jahr von Telefónica übernommen worden ist, gibt es nur noch drei Mobilfunknetze: Telekom, Vodafone und O2. Wir haben unsere Tester durch Deutschland geschickt und die Qualität der Netzverbindungen geprüft. Fazit: Dank LTE sind alle Handynetze besser geworden. Aber besonders außerhalb von Städten unterscheidet sich die Qualität zwischen ihnen weiterhin deutlich.
E-Plus und O2: Aus zwei mach eins
Das Feld hat sich gelichtet: Beim vorigen Test von Mobilfunknetzen vor knapp zwei Jahren (test 11/2015) konkurrierten in Deutschland vier Anbieter, jetzt sind es nur noch drei. Das E-Plus-Netz ist in dem von O2 aufgegangen. Das haben nun die meisten Nutzer. „Zwei Netze sind besser als eins“, warb der Betreiber Telefónica Germany. Stimmt das – zumal er sich bei der Genehmigung der Übernahme verpflichten musste, Netzkapazitäten und Mobilfunkfrequenzen abzugeben?
Qualität der Internet- und Telefonverbindungen geprüft
Um das beste Netz zu ermitteln, fuhren die Tester mit ihrem Messsystem über Autobahnen, Landstraßen sowie durch Innenstädte und ermittelten dabei die Qualität der Internet- und Telefonverbindungen. Zusätzlich fuhren sie rund 2 400 Kilometer mit der Bahn. Auf den Zugfahrten beschränkten sie ihre Messungen aufs Telefonieren, weil die Deutsche Bahn ihren Kunden zumindest in ICE-Zügen inzwischen Internetzugang kostenlos per WLan anbietet. (Neue Funktechnik in der Bahn).
Telekom vor Vodafone und O2
Die Prüfungen zeigen, dass sich das O2- Netz zwar seit 2015 verbessert hat, aber immer noch um einiges hinter denen der Telekom und von Vodafone zurückbleibt. Das gilt besonders fürs Telefonieren und Surfen außerhalb von Städten und fürs Telefonieren bei Zugfahrten.
Schnellerer Verbindungsaufbau dank LTE
Alle drei Anbieter haben ihre Funkmasten weiter mit moderner LTE-Technik aufgerüstet („Long Term Evolution“ – englisch für „langfristige Entwicklung“). Die sorgt nicht nur für schnelles Internet, sondern bringt inzwischen auch beim Telefonieren Vorteile. So bauen sich beispielsweise die Gesprächsverbindungen schneller auf.
Downloads dauern bei O2 fast dreimal so lang wie bei der Telekom
Die Unterschiede zwischen den drei Netzen sind für Nutzer zum Beispiel dann relevant, wenn sie Apps oder Mail-Anhänge herunterladen. Bei der Telekom dauerte es während des Tests im Schnitt nur gut 8 Sekunden, eine 20-Megabyte-Datei herunterzuladen. Bei Vodafone waren es 13 Sekunden, bei O2 sogar fast 22. Auch bei Onlinevideos sind Unterschiede sichtbar – und zwar an der Qualität des Films: Youtube-Software entscheidet nach der Leistungsstärke der Verbindung, in welcher Auflösung sie ein Video verschickt. Im Telekom-Netz empfingen die Tester knapp 90 Prozent aller Videos in Full-HD, also der besten Auflösung. Bei Vodafone waren es noch fast 80 Prozent, bei O2 nur 56 Prozent.
Stadt, Land, Funkloch: O2 hinkt beim LTE-Ausbau hinterher

Landschwäche bei O2. Alle drei Netze haben ihre Mobilfunknetze seit dem Test 2015 mit moderner LTE-Technik ausgebaut. Vor allem außerhalb von Städten liegt O2 aber weiterhin deutlich hinter Telekom und Vodafone
Das Stadt-Land-Gefälle bei O2 spüren Nutzer zum Beispiel, wenn sie Webseiten laden wollen: Während in Städten auch im O2-Netz fast alle Surf-Versuche erfolgreich waren, scheiterten die Prüfer außerhalb von Städten bei mehr als zehn von hundert Versuchen. Bei der Telekom hingegen lief auch auf dem Land weniger als ein Prozent der Surf-Versuche ins Leere.
Wichtigster Grund für die Land-Funkschwäche von O2 ist, dass der Anbieter den Konkurrenten beim Ausbau mit der modernen Funktechnik LTE deutlich hinterherhinkt. Zwar haben alle drei Netze seit dem Test 2015 spürbar an LTE-Kapazität zugelegt (siehe Grafik), aber die Abstände zwischen ihnen sind fast gleich geblieben. Im O2-Netz liefen bei den aktuellen Messungen außerhalb von Städten nicht viel mehr als die Hälfte der Verbindungen über LTE; in Städten schaffte der Anbieter immerhin 90 Prozent
LTE verbessert inzwischen nicht mehr nur Internet-, sondern auch Sprachverbindungen. Seit 2015 hat ein Technologiesprung stattgefunden. Vor zwei Jahren mussten Handys zum Telefonieren noch jedes Mal vom LTE- in ältere UMTS- oder GSM-Netze zurückschalten. Heute können viele neuere Geräte in allen drei Mobilfunknetzen Anrufe auch per LTE abwickeln. Im Branchenjargon heißt das „VoLTE“. Die Abkürzung wird üblicherweise ausgesprochen wie „wollte“ und steht für „Voice over LTE“, also „Sprachtelefonie per LTE“.
In fünf bis sieben Sekunden ist die Verbindung aufgebaut
Die neue Technik sorgt vor allem für kürzere Rufaufbauzeiten: 2015 dauerte es im Schnitt zehn bis elf Sekunden, bis eine Gesprächsverbindung stand. Im aktuellen Test waren es bei O2 immerhin noch sieben Sekunden, bei Telekom und Vodafone mit ihren starken LTE-Netzen dagegen nur noch fünf. Weiterer Vorteil von VoLTE: Das Handy unterbricht bei Anrufen nicht mehr die LTE-Verbindung – man kann gleichzeitig telefonieren und schnell surfen.
Kein LTE-Telefonat mit Prepaid-Tarifen
Um in den Genuss von LTE-Telefonie zu kommen, müssen allerdings zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss der Handytarif VoLTE erlauben. Bei allen drei Netzbetreibern gilt das bisher nicht für Prepaid-Tarife, sondern nur für Verträge, die per Rechnung abgewickelt werden. Die Anbieter teilten der Stiftung Warentest zwar auf Nachfrage mit, dies ändern zu wollen, aber keiner von ihnen nannte dafür einen Zeithorizont.
Nicht alle Smartphones unterstützen LTE-Telefonie
Zweitens muss das Handy VoLTE-fähig sein. Für Apple-Smartphones gilt dies für alle Modelle seit dem iPhone 6 von 2014Viele Android-Geräte unterstützen LTE-Telefonie dagegen nur in speziellen Modellvarianten mit angepasster Betriebssoftware, die direkt vom Netzbetreiber vertrieben werden. Bei immer mehr neueren Android-Modellen funktioniert VoLTE aber auch in der „Open-Market“-Version, die im freien Handel verkauft wird. Leider bietet von den drei Netzbetreibern bislang nur O2 seinen Kunden eine Liste mit kompatiblen Open-Market-Handys.
Tipp: Ob Ihr Handy LTE-fähig ist, zeigt unser Produktfinder Handy und Smartphone. Er bietet Infos und Testergebnisse zu 375 Handys, davon 129 aktuell lieferbar.
Bessere Sprachqualität
Erfreulich besonders für Vieltelefonierer: In allen drei Netzen ist die Sprachqualität besser geworden. Hauptgrund: Die Betreiber setzen vermehrt neue Codierungsverfahren ein, bekannt als „HD Voice“ oder „HD-Telefonie“. Die Anfangsbuchstaben stehen für „High Definition“, also „Hohe Auflösung“. Auch hier gibt es aber einen Haken: HD-Telefonie funktioniert bislang verlässlich nur innerhalb eines Netzes. Nach eigenem Bekunden arbeiten die Anbieter daran, die Technik auch für Gespräche zwischen verschiedenen Netzen zu ermöglichen. Es wäre schön, wenn das schon vor dem nächsten Test funktioniert.