Viele Unternehmen bieten ihren Beschäftigten eigene Aktien zu günstigen Konditionen. Finanztest vergleicht erstmals die Angebote und sagt, was Mitarbeiter beachten sollten.
Firmenmitarbeiter haben meist einen guten Eindruck davon, ob in ihrem Betrieb alles rund läuft. Wer vom eigenen Unternehmen überzeugt ist, kann sich mit gutem Gefühl daran beteiligen – erst recht, wenn es die Aktien mit hohem Rabatt gibt.
Finanztest hat erstmals untersucht, welche günstigen Möglichkeiten des Aktienbezugs die Firmen aus den Aktienindizes Dax und MDax ihren Mitarbeitern anbieten.
Siemens-Aktien mit hohem Rabatt
Mehr als 40 Prozent der Siemens-Beschäftigten sind gleichzeitig Aktionäre des Konzerns. Siemens-Vorstand Joe Kaeser will diese Quote in den kommenden Jahren noch deutlich steigern. Bis 2020, so seine Hoffnung, sollen mehr als 200 000 Mitarbeiter auch Miteigentümer sein. Das wären auf Basis der heutigen Mitarbeiterzahl fast 60 Prozent der Belegschaft.
Der Plan könnte aufgehen, denn jeder Mitarbeiter kann Siemens-Aktien im Wert von bis zu 720 Euro pro Jahr zum halben Preis kaufen. Zusätzlich gibt es für jeweils drei Mitarbeiteraktien, die drei Jahre gehalten wurden, eine Gratisaktie.
So großzügig wie Siemens zeigen sich nur wenige Unternehmen, die wir nach ihren Aktienprogrammen für Mitarbeiter gefragt haben. Dennoch ist der Anreiz fast immer groß genug, um darüber nachzudenken.
Rund die Hälfte der Unternehmen bietet ihren Angestellten allerdings überhaupt keine Vergünstigungen für den Aktienerwerb. So recht verständlich ist das nicht, denn Mitarbeiteraktien erhöhen die Identifikation der Beschäftigten mit ihrer Firma und steigern ihre Motivation. In den USA und Großbritannien sind sie viel weiter verbreitet als in Deutschland.
Einige Unternehmen haben ihre Mitarbeiteraktien vorübergehend auf Eis gelegt. ThyssenKrupp denkt zum Beispiel über ein neues Aktienprogramm nach, das alte hatte der Stahlkonzern vor einigen Jahren wegen des Konzernumbaus ausgesetzt.
Zuschüsse und Gratisaktien
Die Aktienprogramme der deutschen Unternehmen sind so unterschiedlich, dass sie sich nur bedingt vergleichen lassen. Bei Eon, Osram, Südzucker und anderen gibt es einen festen Zuschuss zum Aktienkauf. Die meisten anderen Firmen arbeiten mit Rabatten, die sie Mitarbeitern beim Erwerb konzerneigener Aktien gewähren. Die Spanne reicht von 20 Prozent bei Allianz und Bayer bis zu 50 Prozent bei Siemens und dem Chemiespezialisten Lanxess.
Beim Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub erhalten Mitarbeiter einen festen Zuschuss von 5 Euro pro Aktie, der Betreiber des Frankfurter Flughafens Fraport spendiert zwischen 1 und 3 Euro pro Aktie. Wie viel es genau sind, hängt vom Aktienkurs ab. In den vergangenen Jahren entsprach das einer Ermäßigung zwischen 1 und 6 Prozent. Zusätzlich gibt Fraport pro Jahr einen um 60 Euro höheren Zuschuss, wenn Mitarbeiter eine ihnen zustehende Barauszahlung in Aktien investieren.
Weit verbreitet ist die Ausgabe von Gratisaktien. Mitarbeiter des Immobilienunternehmens Vonovia erhalten zum Beispiel Gratisaktien im Wert von 360 Euro pro Jahr.
Bei anderen Firmen gibt es Gratisaktien nur in Kombination mit eigenen Wertpapierkäufen. So erhalten Beschäftigte des Henkel-Konzerns für jeweils drei gekaufte Aktien eine weitere umsonst, bei der Deutschen Bank gibt es die Gratisaktien sogar im Verhältnis eins zu eins.
Sofortverkauf meist ausgeschlossen
Nicht nur die Deutsche Bank knüpft die Vergünstigung an eine Bedingung: Ihre Mitarbeiter dürfen die Aktien nicht sofort verkaufen. Denn Mitarbeiteraktien sollen die Beschäftigten längerfristig an ein Unternehmen binden. Eine vorgeschriebene Mindesthaltedauer ist nur konsequent.
Bei BMW, dem Axel-Springer-Verlag sowie den Versicherungskonzernen Hannover Rück und Talanx ist ein Verkauf erst nach vier Jahren möglich. Andere Unternehmen haben meist Sperrfristen zwischen einem und drei Jahren. Selbst wo es keine echte Sperrfrist gibt, ist der vorzeitige Verkauf in der Regel keine gute Idee, da Mitarbeiter dadurch Vergünstigungen verlieren.
Nicht zu viel auf eine Karte setzen
Sollten sie ihre Aktien nicht sogar bis zur Rente behalten? Neben möglichen Kurssteigerungen locken auch die jährlichen Dividenden. Trotzdem ist es vernünftig, alle paar Jahre zumindest einen Teil der Aktien zu verkaufen. Für langjährig Beschäftigte ergibt sich nämlich das Problem, dass sie sehr viel auf eine Karte setzen. Im Falle einer Firmenpleite wäre nicht nur der Arbeitsplatz futsch, sondern auch ihr Aktienkapital würde dahinschmelzen.
Durch eine Umschichtung in einen breit streuenden Aktienfonds können sie das Risiko deutlich senken und dennoch am Aktienmarkt engagiert bleiben. Wie Belegschaftsaktionäre ihr Gesamtrisiko noch senken können, steht im Unterartikel Risiko senken.
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@alle: Weitere Tipps zur Senkung der mit der Investition in Einzelaktien verbundenen Risiken, finden Sie im Artikel unter Punkt 4 "Risiko senken". (maa)
Ich weiß nicht, ob im Finanztest-Artikel darauf hingewiesen wird, aber Mitarbeiteraktien haben einen schwerwiegenden Nachteil, den man unbedingt bedenken sollte: die fehlende Risikostreuung. Wenn der Arbeitgeber in Schieflage gerät, ist nicht nur der Job weg, sondern auch das Vermögen, das in Mitarbeiteraktien angelegt ist. Auch eine Firma wie Siemens kann in Konkurs gehen, man kann sich da nie 100% sicher sein. Es muss auch nicht gleich ein Konkurs sein: Denken Sie an die Deutsche Bank, deren Aktienkurs stark gefallen ist und die gleichzeitig stark Personal abbaut.
Daher mein persönlicher Rat: Nehmen Sie den Vorteil günstiger MItarbeiteraktien ruhig mit, aber verkaufen Sie diese sofort nach der MIndesthaltefrist und kaufen Sie Akien anderer Unternehmen. Denn bereits Ihr Job hängt am Wohl und Wehe Ihres Arbeitgebers, da sollte Ihr Vermögen nicht auch noch von ihm abhängen.