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Lippenpflegeprodukte wie Stifte und Gloss gegen trockene Lippen können mit gesundheitskritischen Mineralölen belastet sein. Das ergab eine aktuelle Laboruntersuchung von insgesamt 31 Kosmetikprodukten im Auftrag des Verbraucherschutzministeriums Nordrhein-Westfalen. Die Stiftung Warentest hatte das Problem im Mai 2015 durch den Test Mineralöle in Kosmetika aufgedeckt und von Lippenpflegeprodukten auf Mineralölbasis abgeraten.
Fünf von 25 Lippenpflegeprodukten auffällig
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Münster hat im Auftrag des Ministeriums für Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Kosmetika auf kritische Mineralölbestandteile geprüft. Insgesamt 31 Kosmetikprodukte kamen laut CVUA ins Labor, darunter 25 Lippenpflegeprodukte. Fünf der Lippenpflegeprodukte fielen negativ auf: Bei ihnen war die kritische Mineralölfraktion Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons, kurz MOAH, nachweisbar. Der höchste Gehalt lag bei 0,18 Prozent. Der NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) nannte die Ergebnisse beunruhigend. „Solche Stoffe gehören einfach nicht in Pflegemittel“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Das CVUA gibt die Namen der betroffenen Produkte nicht an – so ist es bei Analysen der Untersuchungsämter üblich.
Eine Mineralölfraktion ist potenziell krebserregend
Mineralöle in Kosmetika bestehen aus zwei chemischen Fraktionen, deren Risiken unterschiedlich eingeschätzt werden:
- MOSH: Kurz für Mineral Oil Saturated Hydrocarbons (gesättigte Mineralöl-Kohlenwasserstoffe). Von einem Teil der MOSH weiß man, dass sie über die Nahrung leicht aufgenommen werden und sich im Körper anreichern können.
- MOAH: Das Kürzel umfasst die Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons (aromatische Mineralöl-Kohlenwasserstoffe). Diese Mineralölfraktion wird als besonders kritisch eingestuft: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Efsa, nimmt an, dass MOAH erbgutverändernde und krebserregende Komponenten enthalten.
Laut Efsa ist die Aufnahme von MOSH und MOAH über die Nahrung „potenziell besorgniserregend“. Da MOAH als potenziell krebserregend gelten, sollten sie laut Efsa überhaupt nicht in den Körper gelangen.
Stiftung Warentest rät von mineralölhaltiger Lippenpflege ab
Die Stiftung Warentest hatte auf das Problem von gesundheitskritischen Mineralölbestandteilen in Kosmetika im Mai 2015 aufmerksam gemacht (siehe Test Mineralöle in Kosmetika). Damals untersuchten die Tester insgesamt 25 exemplarisch ausgewählte Kosmetika auf Mineralöl. Alle Produkte waren mit den besonders kritischen MOAH belastet, darunter auch drei Lippenpflegeprodukte. Die MOAH-Gehalte lagen zwischen 0,6 und 1,4 Prozent. Eine abschließende Bewertung dieser Befunde hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Bedeutung ist bis heute schwierig. In einer Stellungnahme vom 26. Mai 2015 verweist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf, dass noch Datenlücken beständen. Nach Einschätzung der Stiftung Warentest sind MOAH in Lippenpflegeprodukten ähnlich kritisch zu bewerten wie in Lebensmitteln. Denn Lippenstift oder Gloss wird aufgetragen, abgeleckt und geschluckt – und die Mineralöle gelangen so direkt in den Körper.
Tipp: Nutzen Sie keine Lippenpflegeprodukte, die Mineralöle enthalten. Sie erkennen über die Inhaltsstoffliste, ob ein Produkt Mineralöl enthält. Die Signalwörter heißen zum Beispiel Cera Microcristallina (Microcristallina Wax), Ceresin, Mineral Oil, Ozokerite, Paraffin, Paraffinum Liquidum, Petrolatum. Es gibt viele Pflegeprodukte ohne den Zusatz von Mineralöl. Zertifizierte Naturkosmetik darf es per se nicht enthalten.
Warum Kosmetika überhaupt Mineralöl enthalten
Seit Jahrzehnten verwenden Kosmetikhersteller Rohstoffe aus Mineralölen als Basis für ihre Produkte. Das können etwa Öle und Wachse sein. Vorteile dieser Rohstoffe: Sie sind haltbar und preiswert, verursachen keine Allergien und können in gleichbleibender Qualität hergestellt werden. Von ihrem Ausgangsstoff unterscheiden sie sich deutlich. Das Erdöl wird in mehreren Schritten gereinigt und aufbereitet. Die Hersteller von Kosmetik betonten 2015 gegenüber der Stiftung Warentest, nur qualitativ hochwertige Rohstoffe einzusetzen. Sie entsprächen sogar den Reinheitsanforderungen des Europäischen Arzneibuchs. Diese Anforderungen reichen laut Stiftung Warentest aber nicht aus, da dadurch nicht alle kritischen aromatischen Kohlenwasserstoffe entdeckt würden. Die Kosmetikindustrie hat in einer Stellungnahme des Industrieverbands Körperpflege und Waschmittel erklärt, die Bedenken der Stiftung nicht nachvollziehen zu können.
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@ralf21: Wie wir bereits schreiben, gibt das CVUA die Namen der betroffenen Produkte nicht bekannt. Das ist bei Analysen der Untersuchungsämter nicht üblich. Auch uns ist nicht bekannt, welche Lippenpflegeprodukte getestet wurden. (bp)
Kann man die Namen der betroffenen Produkte nicht im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes bei CVUA anfordern?
"Das CVUA gibt die Namen der betroffenen Produkte nicht an..."
ist das verboten (?) oder wird das CVUA von der Industrie gesponsert?
Die wirtschaftlichen Interessen von ganz wenigen sind den Volksvertretern wichtiger als die möglichen Spätfolgen für viele Verbraucher. Wer kann schon nachweisen, was der Auslöser war, wen er/sie Krebs bekommt...
Ich nutze seit Jahren nur noch zertifizierte Naturkosmetik. Die erkennt man an den Labeln wie etwa Natrue oder "Kontrollierte Naturkosmetik BDHI". Da wird garantiert keine Mineralöl eingesetzt und auch andere kritische aber nicht verbotene Inhaltsstoffe werden dort nicht verwendet. Und das muss gar nicht teuer sein. Bei DM gibt es etwa sehr günstige Produkte der Eigenmarke Alverde.