
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt fordert, die Kennzeichnungspflicht für lang haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln und Salz abzuschaffen. Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich in deutschen Mülleimern, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten ist. Dabei wäre vieles davon noch genießbar. test.de erklärt den Unterschied zwischen MHD und Verbrauchsdatum, sagt, was auch nach Ablauf des MHD noch verzehrt werden kann – und wo Vorsicht geboten ist.
Was heißt Mindesthaltbarkeitsdatum?

„Mindestens haltbar bis ...“ bedeutet: Das Produkt soll bis zu diesem Datum (MHD) in Ordnung sein. Danach verdirbt es nicht schlagartig, sollte also noch länger genießbar sein, wenn auch möglicherweise mit Qualitätsabstrichen. In anderen Ländern liest man Hinweise wie„best before...“ Das sagt klarer: Jogurt oder Konfitüre sind länger verzehrbar, aber eben nicht mehr „best“. Kirschen im Glas werden blasser, Käsescheiben trockener, Vitamine und Geschmack leiden. Die Gesundheit gefährdet das nicht, solange kein Schimmel auftritt und Dosen sich nicht wölben. Vorsicht aber bei frischem Fleisch und Fisch! Fristen für den Umgang jenseits des MHD gibt es nicht. Letztlich hilft nur: Schauen, schnuppern, schmecken – und wegwerfen, wenn es verdorben erscheint.
Was ist das Verbrauchsdatum?
„Zu verbrauchen bis ...“ muss auf der Verpackung von sehr leicht verderblichen Lebensmitteln wie Rohmilch und Hackfleisch stehen. Nehmen Sie das Datum ernst, verzichten Sie danach auf den Verzehr, die Ware könnte verdorben sein. Anders als beim MHD darf sie nach Ablauf nicht mehr verkauft werden. Ob Verbrauchs- oder Mindesthaltbarkeitsfrist – das wird nicht einheitlich praktiziert. Wir fanden zum Beispiel bei Grillfleisch beide Varianten.
Wer legt die Fristen fest?
Wie lange welches Produkt mindestens haltbar oder wann es spätestens zu verzehren ist, legen die Hersteller fest – so wie sie es für vertretbar halten. Ein Problem: Kunden wünschen meist frische Produkte, der Handel oft sehr haltbare, um sie lange verkaufen zu können.
Warum sind die Fristen mal kurz, mal lang?
Wichtig für die Fristen sind vor allem Fragen der Herstellung und Rezeptur wie: Ist das Lebensmittel mehr oder weniger erhitzt? Enthält es Konservierungsstoffe oder nicht? Trotzdem sind die unterschiedlichen Fristen oft nicht nachvollziehbar. Die Lebensmitteltester der Stiftung Warentest fragen sie regelmäßig bei den Anbietern ab. Einige Ergebnisse vergangener Tests: Bei Orangensäften betrug die Frist mal 6 und mal 12 Monate, bei Grillsoßen 12 bis 18 Monate, bei geräucherten Forellenfilets schwankte der Wert sogar zwischen 16 und 60 Tagen.
Was steht auf dem Etikett?
Meist ist hier nur das Ende der Frist vermerkt. Der Beginn wird in der Regel nicht angegeben. Für den Verbraucher ist also nicht ersichtlich, ob ein Kochschinken, den er am letzten Tag der Frist verspeist, erst 18 oder schon 33 Tage in die Folie eingeschweißt ist. Was ebenfalls meist fehlt, sind Hinweise, wie lange das geöffnete Produkt noch haltbar ist – oft auch, wie es aufbewahrt werden sollte.
Wie lange halten Fisch und Fleisch?
Ob MHD oder Verbrauchsdatum – unsere Tests zeigen: Bei empfindlicher Ware aus dem Kühlregal wie Fleisch, Wurst, Fisch sollte man die Frist nicht ausreizen, auch wenn alles so kühl lagert, wie es die Hersteller empfehlen. Bei Lebensmitteltests prüft die Stiftung Warentest am letzten Tag der Frist – das Produkt sollte dann noch in Ordnung sein. Tatsächlich kann die Keimbelastung aber schon recht hoch sein, wie etwa der Test von geräucherten Forellenfilets zeigte. Auf 4 von 20 Produkten fanden die Tester am MHD erhöhte Keimzahlen. Ein Filet war bereits verdorben, roch faulig und stechend.
Was tun mit geöffneten Speisen?
Sie wissen nicht, ob das angebrochene Glas Apfelmus im Kühlschrank noch genießbar ist? Verlassen Sie sich nicht auf das Etikett. Selbst wenn es „Mindestens haltbar bis August 2016“ verspricht, kann der Inhalt verdorben sein. Auch hier hilft nur: Schauen, schnuppern, schmecken. Denn das MHD gilt für das ungeöffnete Produkt. Sind Gläser, Flaschen, Tetrapaks oder Dosen erst geöffnet, beginnt der ganz normale Verderb. Der geht mal schneller und mal langsamer. Ketchup zum Beispiel kann – da er erhitzt wurde und konservierenden Essig enthält – im Kühlschrank noch nach einem halben Jahr in Ordnung sein. Apfelmus oder Wurst halten nur wenige Tage durch. Hinweise zu Lagerbedingungen und -zeit nach Öffnung der Lebensmittelverpackung sparen sich die Anbieter aber meist. Siehe dazu auch unsere Meldung Vorratshaltung: Von Oma lernen.
Was ist mit frischer Ware?
Obst und Gemüse sind oft verpackt, aber ohne Haltbarkeitsdatum. Hier sollte der Kunde per Augenschein entscheiden, ob die Ware noch genießbar ist. Bei Klarsichtschalen mit empfindlichen Früchten oder auch Tomaten lohnt sich das Wenden. Oft schlummert Verschimmeltes unerkannt auf dem Boden.
- Obst und Gemüse: Kühlschranktemperaturen sind nichts für Exoten wie Bananen, Zitrusfrüchte oder auch Tomaten. Für anderes wie Himbeeren, Spinat, Brokkoli sind sie besser, weil Licht und Wärme Vitaminen schaden und Verderbniskeime gerade bei 18 bis 40 Grad Celsius aufblühen.
- Fisch und Fleisch: Beides ist sehr anfällig, selbst wenn es gut gekühlt ist. Besonders gilt dies für Hackfleisch: Nur unter besonderer Schutzatmosphäre verpackt, hält es länger als einen Tag.
- Eier: Sie sind laut Aufdruck vom Legedatum an mindestens vier Wochen haltbar, können aber eventuell krankmachende Salmonellen mitbringen. Kühlschranktemperaturen bremsen die Vermehrung dieser Bakterien. Gefährlich werden sie in rohen Eiern. Für Rezepte wie Mousse au chocolat oder Tiramisu sollten Sie nur ganz frische Eier nehmen, Speisen nur kurz ungekühlt lassen.
Was der Haltbarkeit nützt
Und so kommen Sie mit den Vorräten klar:
- Empfindliches wie Fisch oder Fleisch per Kühltasche nach Hause transportieren und in der kältesten Kühlschrankzone lagern, das ist in der Regel unten auf der Glasplatte.
- Spezielle Thermometer zeigen, wo es im Kühlschrank wie kalt ist. Hackfleisch unter Schutzatmosphäre verpackt, schafft die Frist von einigen Tagen nur, wenn es nicht wärmer als 2 Grad Celsius ist. Oft herrschen in Kühlschränken aber bis zu 8 Grad Celsius.
- Kühle hemmt Keime, trocknet aber auch aus. Im Kühlschrank daher immer alles abdecken. Gut für Gemüse sind spezielle Fächer.
- Wärme und Licht fördern Vitaminabbau und Verderb. Für vieles wie Äpfel oder Kartoffeln wären kühle Vorratskammern ideal. Meist müssen Küchenschränke reichen. Kartoffeln keimen dort aber schnell aus.
- Dunkle Flaschen lassen weniger Licht durch. Das beugt vorzeitigem Verderb vor, Öl wird nicht so schnell ranzig.
- Einfrieren verzögert den Verderb. Geben Sie Kaffee, Nüsse, Kräuter, Brot oder Butter ruhig ins Eis. Experimente lohnen. Schlimmstenfalls leidet der Genuss – mehr nicht.
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Vielen Dank an die SW, dass sie unter "Konserven" klar sagt, dass VOLLkonserven unbegrenzt haltbar sind, nach zahn und mehr Jahren aber irgendwann der Geschmack leidet. Man sollte dennoch darauf hinweisen, dass wir hier von VOLLkonserven sprechen, also sterilisierten Produkten. Alle Weißblechdosen sind Vollkonserven, da sie aus dem Autoklaven kommen. Die meisten Glaskonserven auch. Wer auf Nummer sicher gehen will, greift zu Weißblechkonserven. Hiermit lässt sich übrigens auch hervorragend ein Notvorrat für viele Monate platzsparend im Keller anlegen.