
Friedel Hütz-Adams vom Institut Südwind recherchiert über Missstände im Kakaoanbau und verfasst Studien dazu. Er sagt:“Zum Genießen gehören für mich faire Kakaopreise!“ © Benjamin Pritzkuleit
Kinderarbeit ist im Kakaoanbau an der Tagesordnung, Bauern leben in Armut. Nachhaltigkeitsexperte Friedel Hütz-Adams fordert eine gesetzliche Regelung.
Alle Testergebnisse für Milchschokolade 12/2018
Kinderarbeit und gesunkene Weltmarktpreise
Wie ist die Situation der Kakaobauern?
Seit fast 20 Jahren versprechen Schokoladenunternehmen, dass die Produktion nachhaltig wird. Für die meisten der weltweit fünfeinhalb Millionen Kleinbauernfamilien hat sich aber wenig geändert. Studien belegen, dass Kinderarbeit noch immer weit verbreitet ist – ein Symptom für Armut. In der Elfenbeinküste, aus der mehr als die Hälfte der deutschen Importe kommt, können sich Familien manchmal nicht drei Mahlzeiten am Tag leisten.
Wie kann das sein – trotz hoher Kakao-Nachfrage?
Der Weltmarktpreis für Kakao liegt inflationsbereinigt viel niedriger als in den 1950er- bis 80er-Jahren. Durch eine leichte Überproduktion ist er 2016 um etwa ein Drittel auf die gut 2 000 Dollar pro Tonne abgestürzt, um die er jetzt pendelt. Das hat die Lage der Bäuerinnen und Bauern massiv verschärft. Nur wenige sind in Kooperativen organisiert. Sie haben nicht die Macht, gegenüber großen Kakao-Unternehmen ein existenzsicherndes Einkommen durchzusetzen.
Zertifizierungen und firmeneigene Programme
Was bringen Nachhaltigkeitsprogramme wie Fairtrade, Utz und Co?
Sie allein können die Probleme nicht lösen. Bei Fairtrade etwa liegt der Mindestpreis knapp unter dem Niveau des derzeitigen Weltmarkpreises plus 200 Dollar Prämie pro Tonne. Das reicht nicht. Doch Zertifizierungen sind sehr wichtig, weil sich damit auch die Herkunft des Kakaos zurückverfolgen lässt. Hunderttausende Tonnen kommen von Flächen, die eigentlich geschützter Regenwald waren. In der Elfenbeinküste ist nicht mehr viel davon übrig.
Viele Firmen haben eigene Programme. Was bewirken sie?
Darüber liegen bei den meisten keine unabhängigen Untersuchungen vor. Ich kann nicht sagen, ob aus Sicht der Bauern eine Fairtrade-zertifizierte Schokolade besser ist als eine aus einem Programm von Lindt, Mars, Nestlé Ferrero oder Mondelez. Was feststeht: Viele Projekte bringen kleine Fortschritte, etwa wenn sie Bauern in Agrarpraktiken schulen und dabei unterstützen, auch andere Früchte wie Kochbananen anzubauen. Bisher profitieren jedoch nur wenige Kakaobauern von diesen Programmen.
Gesetz sollte Einhaltung von Menschenrechten vorschreiben
Was müsste sich ändern?
Aktuell entfallen bei einer Standardtafel Vollmilchschokolade nur rund 7 Cent auf den Rohkakao. Der Anteil für Werbung dürfte bei vielen Marken deutlich höher sein. Wir brauchen eine EU-Gesetzgebung, die die Einhaltung von Menschenrechten in Produktionsketten vorschreibt. Das würde alle zwingen, ihre Wertschöpfungsketten zu ändern.
Was können die Verbraucher tun?
Informieren Sie sich. Wenige Unternehmen zahlen freiwillig mehr als den Weltmarktpreis wie Tony Chocolonely in den Niederlanden. Wenn Sie Schokolade mit Nachhaltigkeitssiegel kaufen, haben Sie immerhin eine Garantie, dass mit Bäuerinnen und Bauern an Verbesserungen gearbeitet wird – sie etwa gezielter Pestizide einsetzen oder höhere Erträge haben. Besser noch sind Projekte, bei denen Preise gezahlt werden, die existenzsichernde Einkommen ermöglichen.
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@mak16: Unsere Testsieger Schokolade hat einen Zuckeranteil von 52% und Schokolade hat grundsätzlich eine Menge Kalorien aus Zucker und Fett. Allerdings enthält Bitterschokolade weniger Zucker als Milchschokolade. Vielleicht ist Bitterschokolade für Sie eine Alternative. Allerdings ist Bitterschokolade gesamtkalorisch betrachtet nicht besser als Milchschokolade. Unter nachfolgendem Link erfahren Sie mehr zum Thema Schokolade: www.test.de/Schokolade-Alles-was-Sie-ueber-die-suesse-Versuchung-wissen-muessen-5677065-0/
Das Mindesthaltbarkeitsdatum vom Testsieger finden Sie in unserer Tabelle unter MHD laut Deklaration. Es lautet: 27.6.2019. Das MHD gehört im Rahmen der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung zu den Pflichtangaben auf verpackten Lebensmitteln und wurde beim Testsieger auf der Packung angegeben.
... ich wundere mich, dass ausgerechnet die Produkte mit dem höchsten Zuckergehalt am besten abschneiden. Ist ein Produkt mit 60% Zuckergehalt tatsächlich noch Schokolade oder eher Zucker mit Zusatzstoffen ?
Weiterhin wundere ich mich, dass beim "besten" Produkt bei der Deklaration des Mindesthaltbarkeitsdatums "vertraulich" steht. Diese Angabe ist meiner Meinung nach sehr relevant für den Verbraucher. Ein Hersteller, der Käufern diese Information vorenthält, ist unseriös. Ein Produkt, das darüber keine Auskunft gibt, muss abgewertet werden und kann für mich kein Testsieger sein.
@mathiasknorr: wir haben Milchschokolade mit Kakaogehalten zwischen 30 und 45 Prozent in den Test einbezogen. Der Goldschatz von Ritter Sport war mit einem Kakaoanteil von 40% nicht die Schokolade mit dem höchsten Kakaoanteil im Test. Die Tafel erscheint uns von den zur Wahl stehenden Schokoladen des Anbieters durch seine besondere – nämlich goldene - Verpackung als hochwertigste Variante, und die gibt es nun einmal nur in 250 Gramm. Sensorisch wurde die Tafel keinesfalls abgewertet – sie schneidet ebenso „gut“ ab wie viele andere auch. (JS/SL)
Warum wurden bei den meisten Herstellern Tafeln mit ca 100g und ca 30% Kakao ausgewählt, bei Ritter Sport jedoch eine 250g Tafel mit 40% Kakao? Die Sorten Edel-Vollmilch und Alpenmilch wären doch ehr vergleichbar mit den anderen Herstellern? Dass die gewählte Sorte durch ihren höheren Kakao-Antei "leicht bitter" und schmeckt, "fest" ist und die 250g-Tafel eine "sehr dicke Tafel" darstellt liegt ja weniger an Ritter Sport, sondern an eurer Auswahl. Nach der gerichtlich festgestellten Falschbewertung von Ritter Sport durch euch bei den Nuss-Schokoladen aufgrund von fehlerhafter, ungeprüfter Annahmen eurerseits, hätte ich eigentlich auf eine faire Bewertung von euch gehofft. Durch derartige Manipulationen verlieren eure Tests leider jede Aussagekraft.
Ein verspäteter Kommentar @SWT:
mehrfach nennen Sie das Auswahlkriterium "hochwertig anmutend". Das kann ich nun im Hinblick auf die Einbeziehung von Milka Alpenmilch überhaupt nicht nachvollziehen.
Was aber bei mir noch viel mehr Unverständnis hervorruft ist das Geschmacks- und Gesamturteil GUT (2,0) für Schokolade, die weit über 50% Zucker enthält wie eben jene Milka (58,9%) und der zweite Sieger Marabou mit sage und schreibe 60% Zucker. Dies würde mir sicher nur widerlich süß vorkommen.
Da gibt es z.B. bei ...(den Händler nenne ich bewusst nicht) eine 200g Tafel Edel-Herbe-Sahne "fin carre" für 1,39 €, die sogar das Fairtrade Siegel trägt und knapp 40% Zucker und 46% Kakaobestandteile sowie "natürliches Vanillearoma" enthält. Allerdings ist auf der Verpackung nicht der Milchanteil deklariert, und vielleicht darf sie deshalb nicht als (Voll)Milchschokolade verkauft werden.