Die gute alte Kuhmilch – regelmäßig wird diskutiert, ob sie der Gesundheit eher schadet oder nützt. Manche Kritiker behaupten, sie sei für zahlreiche Krankheiten von Diabetes bis Osteoporose verantwortlich. Das Max-Rubner-Institut wertet regelmäßig wissenschaftliche Aussagen und Studien aus. Sie zeigen: Belegen lassen sich die meisten Behauptungen nicht. Mit einer Ausnahme.
Kritiker sehen Milch als Krankmacher
Mancherorts ist die normale Kuhmilch bereits rar geworden, etwa in einigen Szene-Cafés. Dort können Kunden zwischen laktosefreier Milch und Kuhmilch-Alternativen wie Haferdrink oder Sojagetränken wählen. Ist die Milch der Kuh nicht mehr empfehlenswert? Seit Jahren melden sich Kritiker hartnäckig zu Wort. Ihr Tenor: Milch macht krank. Sie verstopfe Arterien, verschleime den Magen, verursache Diabetes oder ließe die Knochen schwinden. Ihre Begründungen: Die gesättigten Fettsäuren der Milch würden den Cholesterinspiegel erhöhen und so kardiovaskuläre Erkrankungen hervorrufen. Das Kalzium in der Milch würde nicht etwa die Knochen stärken, sondern die Gefahr für Knochenbrüche erhöhen.
Tipp: Wir haben 18 Vollmilchen getestet und untersucht, welche Milch Sie guten Gewissens trinken können. Außerdem geben wir einen Überblick, wie Milch im Vergleich zu veganen Pflanzendrinks die Umwelt belastet.
Studien belegen viele positive Effekte
Was ist dran an den Vorwürfen? Das Max-Rubner-Institut (MRI) – ein Bundesforschungsinstitut, zu dessen Kernkompetenzen die Milch zählt – hat zahlreiche Studien ausgewertet. Das Ergebnis hat das Institut 2015 in einer rund 50 Seiten starken Stellungnahme zu Milch und Milchprodukten dargelegt, die immer noch den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu verschiedenen Krankheitsrisiken durch Milch widerspiegelt. Eine gut verständliche Übersicht bietet auch das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Die Auswertung des MRI ergibt ein anderes Bild als das, was Kritiker verbreiten: Wer übliche Mengen Milch und Milchprodukte verzehrt wie die empfohlenen zirka 300 Gramm der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, kann demnach viele Gesundheitsrisiken leicht bis deutlich senken. Der positive Effekt gelte für Herz und Kreislauf, für den Blutdruck und das Risiko, an Diabetes zu erkranken. Verschiedene Milchinhaltsstoffe scheinen zudem eine schützende Wirkung vor Darm- und Brustkrebs zu haben.
Gut für den Knochenmasse und Knochendichte
Das Kalzium in der Milch sorgt für einen weiteren positiven Effekt: Der Mineralstoff fördert den Knochenaufbau. Die Versorgung mit Kalzium ist für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wichtig, denn was in den ersten beiden Lebensjahrzehnten nicht an Knochendichte erreicht wird, kann in späteren Jahren nicht mehr verbessert werden.
Mit 0,2 Liter am Tag gegen Schlaganfall
Vollmilch (zum Test von Milch) enthält pro Liter etwa 22 Gramm gesättigte Fettsäuren. In der Vergangenheit galten sie als ein Risikofaktor für das Herz-Kreislauf-System, da sie den Wert des schädlichen LDL-Cholesterins im Blut erhöhen können. Das MRI plädiert dafür, die Wirkung der gesättigten Fettsäuren nicht separat zu betrachten, sondern vielmehr die komplette Matrix eines Milchprodukts: Demnach wirken gesättigte Fettsäuren je nach Zusammensetzung eines Lebensmittels sehr unterschiedlich. Studien, die den MRI-Ansatz zugrunde legen (siehe oben), kommen zu dem Schluss: Ein erhöhter Verzehr von Milch und Milchprodukten ist nicht mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall verbunden. Eine Meta-Analyse („Dairy foods and risk of stroke: a meta-analysis of cohort studies“) aus dem Jahr 2014 besagt zudem: Viele Arten von Milchprodukten senken das Risiko für einen Schlaganfall deutlich. Am geringsten ist der Analyse zufolge das Risiko, wenn jemand täglich 200 Milliliter Milch trinkt.
Geringeres Risiko für Darm- und Brustkrebs
Die Entstehung von Krebs ist ein komplexer Prozess – inwiefern spielt hier Milch eine Rolle? Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und des World Cancer Research Fund International verringern Milch, Käse & Co. wohl das Risiko für Dickdarmkrebs. Mehrere Studien legen nahe, dass der positive Effekt für den Darm ab Tagesmengen von mindestens 200 Milliliter Milch eintritt und wohl auf das Kalzium zurückzuführen ist. Für Brustkrebs gibt es den beiden Institutionen zufolge keinen Hinweis, dass Milch und Milchprodukte das Risiko erhöhen. Eine Studienauswertung („Dairy consumption and risk of breast cancer: a meta-analysis of prospective cohort studies“) liefert vielmehr Hinweise, dass Milchprodukte das Brustkrebsrisiko sogar deutlich senken.
Sonderfall Prostatakrebs
Während Frauen von Milch tendenziell gesundheitlich profitieren, sieht es bei Männern bei einer Krebsart anders aus: Der Studienlage zufolge erhöhen sehr hohe Mengen Milch wahrscheinlich das Risiko für Prostatakrebs. Das MRI berechnete, dass das ab einer Aufnahme von 1,5 Gramm Kalzium am Tag relevant wird. So viel Kalzium enthalten beispielsweise 1,25 Liter Milch oder 140 Gramm Hartkäse. Männer sollten daher Milch und kalziumreichem Käse nicht in rauen Mengen zu sich nehmen. Kalziumreiche Käsesorten sind zum Beispiel Greyerzer und Parmesan oder auch Gouda und Tilsiter.
Diese Meldung ist erstmals am 19. August 2015 auf test.de erschienen. Sie wurde am 27. September 2017 aktualisiert.