Geldanlagen in Mikrofinanzfonds helfen Menschen, die nie eine Bank von innen gesehen haben. Obendrein ist eine kleine Rendite drin.
Manchmal reichen eine Kuh, ein paar Samenkörner und eine Rolle Stacheldraht, um eine Familie in Afrika oder Lateinamerika aus der Armut zu holen. Damit können die Menschen dort eine kleine Landwirtschaft starten, sich selbst versorgen und Überschüsse eintauschen oder gegen Bares verkaufen.
Nur: Mindestens 1,5 Milliarden Menschen haben nicht genug Geld, um sich eine Milchkuh zu kaufen. Sie müssen von weniger als 1,25 US-Dollar am Tag leben, die sie oft nur in Naturalien ausbezahlt bekommen.
Ein normaler Bankkredit ist für sie unerreichbar. Die Financial Access Initiative renommierter amerikanischer Universitäten geht davon aus, dass die Hälfte der Menschheit keinen Zugang zu Bankdienstleistungen hat, wie sie für uns üblich sind.
An dieser Stelle kommen Anleger aus aller Welt ins Spiel. Sie können in Mikrofinanzfonds investieren und die Fonds geben ihr Geld an Mikrofinanzinstitute weiter. Das sind Banken oder bankähnliche Einrichtungen in unterentwickelten Regionen von Osteuropa über Asien bis nach Lateinamerika und Afrika.
An diese Institute können sich arme Menschen wenden, wenn sie einen Kredit brauchen. Das können in Kambodscha 40 US-Dollar für eine Muttersau oder in Montenegro 2 000 Euro für den Bau von Hotelzimmern sein. Gemeinsam ist beiden Darlehen, dass sie im Vertrauen auf die unternehmerischen Fähigkeiten der Kreditnehmer und ohne den Nachweis von Sicherheiten vergeben werden.
Sorglos gehen die Fondsgesellschaften dennoch nicht mit dem Geld der Anleger um. Das Management muss nachweisen, dass es sich mit den speziellen Verhältnissen des Mikrofinanzsektors gut auskennt. Das schreiben ihnen die Gesetze zum Beispiel von Luxemburg vor.
Die Mikrofinanzfonds in Europa und den USA arbeiten mit rund 400 Mikrofinanzinstituten zusammen – diese überschaubare Menge aus der Fülle der zahllosen Einrichtungen haben spezialisierte Agenturen wie die Schweizer Firma Symbiotics identifiziert, geprüft und für gut befunden.
Geringes Ausfallrisiko
Bis auf den 1998 aufgelegten Dexia Micro-Credit-Fund sind die meisten für Privatanleger erreichbaren Fonds noch sehr jung. Für Qualitätsvergleiche ist es noch zu früh. Finanztest bewertet Fonds erst, wenn sie mindestens fünf Jahre alt sind.
Fondsmanager wie Edda Schröder, die den Wallberg Global Microfinance betreut, erwarten künftige Renditen von 3 bis 5 Prozent. Für das Jahr 2010 zeigt die Tendenz eher in Richtung 2,5 Prozent.
Wenn es schlecht läuft, können Anleger Geld verlieren. Ein Risiko der Fonds besteht darin, dass Kredite nicht zurückgezahlt werden. „Über weltweit alle bekannten Mikrokredite hinweg gesehen sind gerade einmal 5 Prozent der Zinsen derzeit mehr als 30 Tage überfällig“, sagt Schröder. Das Geld kommt spät, ist aber nicht verloren.
Tatsächliche Ausfälle sind regional unterschiedlich hoch. In Osteuropa müssten bis zu 2 Prozent der Kredite abgeschrieben werden, sagt die Fondsmanagerin. In Asien sei die Zahlungsmoral besser. Lediglich 0,2 Prozent des ausgeliehenen Geldes gehe den Mikrofinanzinstituten verloren.
Die Sicherheit der Anlage speist sich auch aus der breiten Streuung. Die meisten Fonds investieren in Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika gleichzeitig. Läuft es in einem Land schlecht, kann eine gute Entwicklung in einer anderen Region auf einem anderen Kontinent dies ausgleichen. Die Rückzahlung der Zinsen ist unabhängig von weltwirtschaftlichen Trends.
Die Kredite fließen – wiederum regional unterschiedlich – nicht nur an Einzelpersonen, sondern auch an Gruppen oder kleine Dorfgemeinschaften. In Kambodscha zum Beispiel ist dies bei rund 70 Prozent aller Kredite der Fall, in Aserbaidschan nur bei 40 Prozent. Die soziale Kontrolle sorgt dafür, dass jedes Mitglied der Kreditnehmergruppe seine Verpflichtungen erfüllt. Dies gilt für ländliche Gebiete stärker als in der Stadt.
Rund 80 Prozent der Kredite gehen an Frauen und Frauengruppen. Schon der Erfinder der Mikrokredite Muhammad Yunus, Wirtschaftswissenschaftler und Friedensnobelpreisträger von 2006, hatte Anfang der 70er-Jahre festgestellt, dass Frauen in unterentwickelten Ländern meist die Ernährerinnen der Familien sind. Sie zahlen ihre Kredite in der Regel pünktlich zurück.
Männer haben sich als unzuverlässiger erwiesen. Gerade in Lateinamerika ist die Gefahr hoch, dass Männer das Geld in Alkohol umsetzen oder sich einfach in ein Nachbarland absetzen, um nicht zugeben zu müssen, dass sie für ihre Kinder nicht aufkommen können.
Auf den ersten Blick teuer
Die Zinsen, die Mikrofinanzinstitute von ihren armen Kunden nehmen, klingen erschreckend. Im Schnitt seien es 24 Prozent im Jahr, berichtet Bernd Balkenhol, der Leiter der Abteilung Social Finance bei der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen.
Der Zins sei so hoch, weil die Vergabe von Kleinkrediten personalintensiv und teuer sei. „Die Mitarbeiter der Mikrofinanzinstitute fahren mit dem Moped über ungeteerte Wege zu den Kunden, um die Zinsen bar abzuholen“, erzählt Edda Schröder.
Für viele Kreditnehmer sind die Zinssätze dennoch moderat. Sie sind Wucherer gewöhnt, die 20 Prozent am Tag verlangen. Solche Geschäfte enden heute noch oft in einer Schuldknechtschaft der Kreditnehmer.
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