Wer bei einem Unfall unverschuldet zu Schaden kommt, hat Anspruch auf Ersatz seiner Schäden. Dazu gehört auch der Ersatz von Mietwagenkosten. Doch was ein fairer Mietwagenpreis ist, den die Versicherung des Schädigers in voller Höhe ersetzen muss, ist immer wieder umstritten. Aktuelle Urteile legen jetzt nahe: Fair ist der Mittelwert aus den beiden bekannten Preisdatenbanken Schwacke und Fraunhofer.
Miete für Unfallersatzwagen besonders hoch
Autovermieter und Haftpflicht-Versicherer ringen seit Jahren um die Miete für Unfallersatzwagen. Die war früher oft viel teurer, als die für einen normalen Mietwagen fälligen Sätze. Auch heute fällt die Rechnung oft happig aus, wenn die gegnerische Versicherung zahlen muss. Ärgerlich für Unfallopfer: Wenn sie an einen zu teuren Vermieter geraten, laufen sie Gefahr, einen Teil der Rechnung selbst zahlen zu müssen. Die gegnerische Haftpflichtversicherung zahlt nämlich längst nicht jeden Betrag. Grund ist die sogenannte Schadensminderungspflicht. Sie besagt: Wer als Geschädigter Anspruch auf Ersatz hat, darf nicht bedenkenlos aus dem Vollen schöpfen, sondern muss den Schaden gering halten.
Suche nach fairem Preis
Zahllose Prozesse um Unfallschadenersatz drehen sich deshalb um die Frage: „Welcher Mietwagenpreis ist fair?“ Als Grundlage bieten sich die Preislisten von Schwacke und Fraunhofer an. Doch beide haben nach Ansicht vieler Juristen erhebliche Schwächen: Fraunhofer berücksichtigt vor allem Internetpreise, die für Buchungen eine Woche im Voraus gelten. Nach einem Unfall muss jedoch sofort ein Ersatzwagen her und oft sind keine Online-Angebot greifbar. Die Schwacke-Mitarbeiter dagegen verschicken zur Ermittlung der Vergleichspreise Fragebögen und ermöglichen so Manipulationen durch Angabe überhöhter Preise. Das Problem der Gerichte: Jenseits der Tabellen von Schwacke und Fraunhofer gibt es überhaupt keine Zahlen. Und in jedem Einzelfall ein Sachverständigengutachten einzuholen, kostet zu viel Zeit und Geld – und bringt oft auch nur zweifelhafte Ergebnisse.
Landgerichten gefällt der Mittelwert
Die Landgerichte Offenburg und Freiburg legen deshalb jetzt den Mittelwert aus den entsprechenden Werten von Schwacke und Fraunhofer zugrunde. Zusätzlich sollen Unfallopfer bei Bedarf noch die für Sonderleistungen wie Vollkaskoversicherung oder Anlieferung oder Abholung des Mietwagens fälligen Extra-Gebühren ersetzt bekommen. Auch da dürfen die Autovermieter jedoch keine Fantasiepreise abrechnen, sondern entscheidet ist, was für die Leistung laut Schwacke-Preisliste üblicherweise zu zahlen ist.
Zum richtigen Ersatzwagen – ohne Stress
Allerdings: Der Verweis auf die beiden Zahlenwerke hilft Unfallopfern im Ernstfall kein Stück weiter. Denn sie wollen so schnell wie möglich einen Mietwagen und nicht noch die Preise vergleichen. test.de erklärt in den Tipps, wie Sie auch ohne Preisvergleich und Mietpreisspiegel einen Ersatzwagen bekommen, ohne Gefahr zu laufen, noch selbst zahlen zu müssen.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 23.10.2012
Aktenzeichen: 3 S 262/11
Landgericht Offenburg, Urteil vom 04.10.2011
Aktenzeichen: 1 S 4/11
[Update 14.02.2013] Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Köln aufgehoben, wonach der Versicherer auf der Grundlage der Schwacke-Liste mehrere hundert Euro zusätzlich zahlen sollte. Begründung: Wenn der Versicherer mehrere Ersatzwagen-Angebote nenne, die günstiger sind als ein Preisspiegel, müsse das zuständige Gericht diese Angebote prüfen und dürfe nicht mehr einfach auf der Grundlage des Preisspiegels urteilen. Auch dieses Urteil dürfte die Neigung der Gerichte erhöhen, auf Basis des Mittelwerts aus Fraunhofer- und Schwacke-Preisliste zu urteilen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.12.2012
Aktenzeichen: VI ZR 316/11