
Sozial gesinnte Anleger finanzieren Mietern günstigen Wohnraum. Die Privatanleger vergeben Direktkredite an Hausprojekte des Mietshäuser Syndikats aus Freiburg. Es unterstützt bundesweit Gruppen, die Mietshäuser kaufen und selbst verwalten wollen. Im Verhältnis zum Risiko sind die Renditeaussichten der Anleger gering.
Gegen das Spekulantentum

Mieter der Freies Haus 3d GmbH in Bremen: Seit Mai 2011 sind sie an ihrem Haus beteiligt. Eines ihrer Ziele: langfristige Mietsicherheit.
Die Horrorgeschichten über Vermieter gehen vor allem in Groß- und Universitätsstädten nicht aus: Oft verdrängen darin Spekulanten Mieter aus ihrem Heim, weil die sich ihre nun luxuriös sanierten Wohnungen nicht mehr leisten können.
Gegensteuern will der Verein Mietshäuser Syndikat aus Freiburg im Breisgau mit immer neuen Projekten. Er wurde schon 1992 gegründet und unterstützt bundesweit Gruppen, die Mietshäuser kaufen und selbst verwalten wollen. Auf diese Weise wurden 90 Hausprojekte „entprivatisiert“, heißt es auf der Internetseite der Mietshäuser Syndikat GmbH, die dem Verein gehört. Sie verweist außerdem auf 25 weitere Initiativen, die hoffen, etwas Ähnliches zu verwirklichen. Die Hausprojekte finanzieren sich unter anderem mit Geld, das Privatanleger in Form von Direktkrediten geben.
Maximal 2 bis 3 Prozent Zinsen
Für ihre Kredite an die Hausprojekte sollen die Anleger maximal 2 bis 3 Prozent Zins bekommen. Das ist wenig im Verhältnis zum Risiko. Die Projekte wollen aber gar nicht mit üblichen Anlageangeboten mithalten. Sie wenden sich an Überzeugte, die das Anliegen des Mietshäuser Syndikats unterstützen: bezahlbare Wohnungen und Gewerberäume zu schaffen, die selbst verwaltet werden. Das Spektrum reicht von ehemals besetzten Mietshäusern in Berlin über Niedrigenergiehäuser bis zum Handwerkerhof Ottensen in Hamburg. Der besondere Geist war bei einem Fachgespräch der Grünen im Bundestag im November 2014 zu spüren. Dort schwärmten Bewohner und Vereinsmitglieder mehrerer Projekte von „ihren“ Häusern.
Auf das Geld der Anleger angewiesen
Alle Hausprojekte funktionieren nach demselben Prinzip: Gleichgesinnte gründen einen Hausverein. Er wird Gesellschafter an einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, dem das Haus dann gehört. Der zweite Gesellschafter ist das Mietshäuser Syndikat. „Entprivatisiert“ ist das Haus im strenggenommenen Sinn nicht. Das Mietshäuser Syndikat meint damit vielmehr, dass die Häuser „dem Immobilienmarkt entzogen werden“, weil der Kauf Spekulanten den Zugang versperrt. Die Privatanleger spielen eine zentrale Rolle. Denn die Banken geben nur Geld, wenn genügend Mittel über die Direktkredite zusammenkommen. Entsprechend umworben werden die Privatleute. Oft sind sie schon mit Beträgen ab 500 Euro willkommen. Sie können sich die Laufzeit und sogar den Zins aussuchen – maximal allerdings 2 bis 3 Prozent. In Zeiten, in denen Banken häufig Sparzinsen unter 1 Prozent anböten, „stellen unsere bis zu 2 Prozent gewährten Zinsen eine durchaus attraktive Geldanlage dar“, wirbt das Hausprojekt Berlin-Rahnsdorf – vergleicht dabei aber Äpfel mit Birnen. Denn Sparer haben einen Anspruch darauf, dass ihnen Einlagen ersetzt werden, wenn ihre Bank zusammenbricht. Bei den Direktkrediten ist das nicht der Fall.
Im Insolvenzfall ist das Geld in Gefahr
Die Projekte des Mietshäuser Syndikats unterstützen sich zwar gegenseitig. Die privaten Kreditgeber sind aber voll auf das Wohl und Wehe ihrer Gesellschaft angewiesen. Für sie werden keine Sicherungsrechte über die Immobilien im Grundbuch eingetragen. Sie müssen auf die pünktliche Zahlung der Zinsen und ihres Kreditbetrags verzichten, wenn sonst ihrem Projekt die Insolvenz drohen würde. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, kommen sie erst an die Reihe, wenn alle Forderungen vorrangiger Gläubiger erfüllt sind. In der Regel ist dann nichts übrig. So gingen die Anleger im bislang einzigen Pleitefall leer aus, als die Eilhardshof GmbH aus Neustadt an der Weinstraße im Juli 2010 wegen zu stark gestiegener Baukosten Insolvenz anmeldete. Glück im Unglück für die Anleger: Ein Solidaritätskomitee gründete sich und sammelte Spenden, damit sie wenigstens einen Teil wiederbekamen. Einige Klauseln erhöhen das Risiko noch. Das Hausprojekt Berlin-Rahnsdorf etwa tilgt während der Laufzeit nichts vom Darlehen des Anlegers und zahlt auch die Zinsen erst an deren Ende oder nach der Kündigung des Kredits aus, wenn Anleger nicht etwas anderes wünschen. Das gesamte Geld steht also während der Laufzeit im Risiko. Angesichts dessen ist der Zins gering.
Mehr gute Tat als Geldanlage
Die Hausgesellschaften argumentieren, dass niedrige Zinsen die dauerhaft günstigen Mieten ermöglichten. Das Berliner Projekt LaVidaVerde sieht als Vorteil der Direktkredite „die Gewissheit, dass Ihr Geld für einen sozialen Zweck statt für eine Bank arbeitet“.Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, bemängelt bei einigen Projekten des Mietshäuser Syndikats, dass sie „nicht umfassend genug über die Risiken aufklären“.
Kein Mitspracherecht für Anleger
Die Initiativen präsentieren sich zwar sehr offen. ProWo Projekt Wohnen Giessen etwa lädt die Kreditgeber ein, sich „bei einer Tasse Kaffee über den Verbleib Deiner Investition vor Ort zu informieren“. Ein formales Mitspracherecht haben die Anleger aber nicht. Auch künftig bleiben sie auf den guten Willen der Anbieter angewiesen. Nachrangdarlehen wie Direktkredite müssen zwar voraussichtlich ab Sommer 2015 schärfere Vorschriften erfüllen, wenn das Kleinanlegerschutzgesetz in Kraft tritt. Erleichterungen gelten aber für soziale und gemeinnützige Projekte mit sehr moderaten Renditen, die höchstens eine Million Euro einwerben. Darunter fallen Angebote wie die Direktkredite für das Syndikat.