
Wenn Vermieter eine Wohnung modernisieren, dürfen sie seit Januar 2019 die Jahresmiete nur noch um 8 Prozent der Modernisierungskosten erhöhen. Zudem müssen sie in Gebieten mit Mietpreisbremse neuen Mietern Auskunft geben, ob sie sich bei der Miethöhe auf eine Ausnahmeregelung stützen. Das hat der Bundestag beschlossen. test.de erläutert die Kernpunkte der Mietrechtsreform.
Reaktion auf drastische Mietsteigerungen
Brandenburg 2018: Ein Vermieter lässt einen Aufzug anbauen und erhöht die Miete um 40 Prozent. München 2015: Ein Vermieter steigert die Miete nach einem Anbau von Balkon und Aufzug um 45 Prozent. Bauarbeiten wie diese geschehen oft gegen den Willen der Bewohner und treiben die Miete dauerhaft nach oben. Ein neues Mietrecht soll diese Entwicklung bremsen. Finanztest stellt die wichtigsten Änderungen vor.
Mietwahnsinn in deutschen Großstädten
Bloß nicht umziehen. Die neue Bleibe könnte teuer werden. Kostete in Berlin eine 100-Quadratmeter-Wohnung in guter Lage im Jahr 2010 noch 750 Euro Miete, waren es 2018 schon 1 310 Euro.

Unser Rat
Modernisierung. Das neue Mietrecht entlastet Mieter bei Mieterhöhungen wegen einer Modernisierung. Es gilt nun: Der Vermieter kann die Jahresmiete dauerhaft nur um 8 statt bisher 11 Prozent der Modernisierungskosten anheben. Da nicht jede vom Vermieter als „Modernisierung“ bezeichnete Baumaßnahme auch wirklich zur Mieterhöhung berechtigt, sollten Mieter sich von einem Anwalt oder Mieterverein beraten lassen, sobald der Vermieter die Modernisierung angekündigt hat.
Mietpreisbremse. Wer sehr viel Miete zahlt und in einem Gebiet mit Mietpreisbremse wohnt (Mietgrenze bei Einzug: 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete), kann die Miete vielleicht bremsen. Wo die Mietpreisbremse gilt und wie Sie vorgehen sollten, wenn Sie einen Verstoß gegen die Bremse vermuten, steht in unserem Special Mietpreisbremse.
Modernisierungsumlage 8 Prozent
Seit 2019 dürfen Eigentümer die jährliche Miete nach Modernisierungen nur noch um 8 Prozent statt wie bisher um 11 Prozent der Baukosten dauerhaft erhöhen.
Beispiel Mieterhöhung. Der Vermieter lässt 2019 sein vermietetes Mehrfamilienhaus für 100 000 Euro dämmen. Die Gesamtwohnfläche des Gebäudes beträgt 1 000 Quadratmeter. 8 Prozent der Dämmkosten, also 8 000 Euro, darf der Vermieter auf seine Mieter umlegen. Das bedeutet: Die Jahresmiete pro Quadratmeter erhöht sich für jeden um 8 Euro. Monatlich macht das eine Erhöhung um rund 67 Cent je Quadratmeter aus. Mieter A, der bisher für seine 80-Quadratmeter-Wohnung 500 Euro gezahlt hat, muss nach der Dämmung monatlich dauerhaft rund 54 Euro mehr zahlen. Nach altem Recht wären es rund 73 Euro gewesen.
Insgesamt dürfen Modernisierungen die Monatsmiete innerhalb von sechs Jahren maximal um 3 Euro pro Quadratmeter erhöhen. Beträgt die Miete weniger als 7 Euro pro Quadratmeter, darf die Monatsmiete durch die Modernisierung in sechs Jahren sogar nur um maximal 2 Euro je Quadratmeter steigen.
Beispiel günstige Wohnung. Im oben genannten Beispiel zahlt Mieter A vor der Modernisierung pro Quadratmeter 6,25 Euro. Mieter A profitiert vom Extraschutz für günstige Wohnungen. Durch Modernisierungen innerhalb von sechs Jahren darf seine Miete um maximal 2 Euro pro Quadratmeter steigen. Da die Dämmarbeiten die Wohnkosten bereits um rund 67 Cent pro Quadratmeter angehoben haben, kann der Vermieter die Miete für Modernisierungen in den folgenden sechs Jahren um höchstens 1,33 Euro je Quadratmeter erhöhen.
Kleine Modernisierung einfacher
Vermieter können beim Durchführen einer Modernisierung und bei anschließender Mieterhöhung rechtlich viele Fehler machen. Um es insbesondere Privatvermietern leichter zu machen, baut der Gesetzgeber rechtliche Hürden für kleinere Arbeiten ab, deren Kosten pro Wohnung höchstens 10 000 Euro betragen. Der Vermieter kann sie im „vereinfachten Verfahren“ durchsetzen. Die Vorteile dieses Verfahrens sind:
Ankündigungsschreiben. Der Vermieter muss die Bauarbeiten zwar wie bei einer normalen Modernisierung spätestens drei Monate vor Beginn ankündigen und dem Mieter die zu erwartende Erhöhung mitteilen. Aber er muss in der Ankündigung keine Angaben mehr zu künftigen Betriebskosten machen.
Erleichterte Berechnung. Normalerweise müssen Vermieter bei Modernisierungsmieterhöhungen die in den Baukosten enthaltenen „Erhaltungsmaßnahmen“ benennen und deren Kostenanteil herausrechnen. Im vereinfachten Verfahren erfüllt der Vermieter seine Pflicht bereits, wenn er einfach pauschal 30 Prozent von den Gesamtkosten für Erhaltungsarbeiten abzieht.
Erhaltungsmaßnahmen. Darunter sind insbesondere die notwendigen Instandhaltungen und Reparaturen am Gebäude zu verstehen. Diese sind laut Gesetz allein Vermietersache. Angenommen ein Vermieter lässt die Hausfassade für insgesamt 100 000 Euro dämmen. In der Summe sind 25 000 Euro für das aufgestellte Baugerüst enthalten, das aber nicht nur für die Dämmarbeiten, sondern auch für Reparaturen am Außenputz genutzt wird. Aus diesem Grund kann der Vermieter von den Baukosten nur 75 000 Euro für die Mieterhöhungen heranziehen. Das vereinfachte Verfahren erspart Vermietern mit dem pauschalen 30-Prozent-Abzug die zum Teil komplizierte Berechnung der Kosten von Erhaltungsmaßnahmen.
Beispiel Badmodernisierung. Lässt der Vermieter das Badezimmer für 10 000 Euro über das vereinfachte Verfahren modernisieren, kann er nach Abzug der Pauschale 7 000 Euro für die Mieterhöhung heranziehen. Die Jahresmiete erhöht sich um 560 Euro (8 Prozent von 7 000 Euro), also um rund 47 Euro pro Monat.
Kein Härte-Einwand mehr. Weiterer Vorteil für Vermieter: Im vereinfachten Verfahren kann der Mieter nicht mehr einwenden, die erhöhte Miete überfordere ihn.
Mehrere Modernisierungen. Hat ein Vermieter etwa 2019 die Miete im vereinfachten Verfahren erhöht, ist in den folgenden fünf Jahren eine Erhöhung wegen einer „normalen“ Modernisierung (Paragraf 559 Bürgerliches Gesetzbuch) ausgeschlossen. Eine wichtige Ausnahme gilt für vermietete Eigentumswohnungen: Hier sind Mieterhöhungen für „normale“ Modernisierungen nur zwei Jahre lang ausgeschlossen.
Schadenersatz: Schikanen am Bau
Mieter können unter Umständen Schadenersatz verlangen, wenn sich Vermieter bei Modernisierungsarbeiten pflichtwidrig verhalten. Ein solches Fehlverhalten kann etwa sein:
- monatelanges Verhängen von Fenstern mit einer blickdichten Plane, ohne Baufortschritt;
- das längerfristige Abstellen von Wasser;
- das langfristige Aushängen der Haustür;
- laute Bauarbeiten, die ohne Grund sehr früh morgens oder sehr spät ausgeführt werden.
Ein schuldhaftes Verhalten des Vermieters wird in solchen Fällen vermutet. Der Vermieter kann die Vermutung aber entkräften, wenn er nachvollziehbare Gründe nennt, warum zum Beispiel die Bauarbeiten so früh oder so spät stattfanden. Absichtliches „Herausmodernisieren“ kann jetzt auch mit einer Geldbuße von bis zu 100 000 Euro bestraft werden. Allerding ist es schwer, Vermietern die Absicht nachzuweisen.
Dieser Artikel erschien erstmals am 3. Dezember 2018 auf test.de. Er wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 22. Januar 2019.