
Die Mietrechtsreform macht’s möglich: Bayern, Berlin und Hamburg haben Mieterhöhungsbremsen verordnet. In Berlin und München dürfen seit Mai 2013 die Mieten nur noch um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren steigen. In 89 weiteren Gemeinden in Bayern gilt das ab August. Stichtag für Hamburg: 1. September. Nützen wird die Bremse allerdings nur wenigen Mietern. test.de erklärt die Rechtslage.
Höchstens 15 Prozent in drei Jahren
Überall in Deutschland gilt derzeit: Bis zu 20 Prozent Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren ist zulässig. Doch die Mietrechtsreform erlaubt Landesregierungen ab Mai, Mieterhöhungen bei Mangel an bezahlbarem Wohnraum auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren zu begrenzen. In Bayern und Berlin sind bald Wahlen. Prompt haben die Landesregierungen per Verordnung „Gebiete mit Mangel an bezahlbarem Wohnraum“ identifiziert. Den Auftakt machten Mitte Mai das Berliner und das Münchener Stadtgebiet. Zum 1. August folgten 89 weitere Städte und Gemeinden in Bayern. Seit Anfang September ist nun auch das Hamburger Stadtgebiet dran. Dort dürfen die Mieten innerhalb von drei Jahren nur noch um 15 und nicht mehr um 20 Prozent steigen. Die test.de-Tabelle Mietpreisbremsen zeigt alle Städte und Gemeinden, für die eine verschärfte Mietpreisbremse gilt.
Bremse gilt zwei Monate rückwirkend
Keine ausdrückliche Regelung trifft die Mietrechtsreform zur Frage, ob die neue Obergrenze für Mieterhöhungen auch gilt, wenn der Vermieter die Erhöhung bereits gefordert hat und diese erst später wirksam werden soll. Hier fehlt eine gesetzliche Übergangsregelung. Mieterbund-Experte Hermann-Josef Wüstefeld meint: „Entscheidend ist meines Erachtens die Rechtslage an dem Zeitpunkt, an dem der Mieter zustimmen soll.“ Mietern steht eine Überlegungsfrist zu: Zwei Monate ab Ende des Monats, in dem sie das Zustimmungsverlangen erhalten. Danach gilt die gesenkte Kappungsgrenze für alle Mieterhöhungsverlangen, die Mietern frühestens im vorletzten Monat ab Inkrafttreten der Mietpreisbremse für ihre Kommune zugegangen sind. Beispiel: Die Mietpreisbremse tritt am 1. September in Kraft. Sie gilt dann für Mieterhöhungsverlangen, die ab 1. Juli bei den Mietern im Briefkasten steckten.
Wenig „Bremswirkung“
Die Mieterhöhungsbremse wird allerdings wohl nur wenigen Mietern helfen. „Das ist vor allem Wahlpropaganda“, kommentiert Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender des Haus- und Wohnungseigentümerverbands Haus und Grund in München, den Beschluss der Staatsregierung. Hintergrund der Kritik: Eine Mieterhöhung ist ohnehin nur zulässig, so lange die fällige Miete unter der für vergleichbare Wohnungen liegt. Diese Vergleichsmiete ergibt sich aus dem Mietspiegel. Und die Werte des Münchener Mietspiegels etwa liegen laut Stürzer aus politischen Gründen um fast ein Drittel unter den tatsächlich gezahlten Mieten. Viele Mieter zahlen also ohnehin schon mehr, als im Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen ausgewiesen ist. Die Erfahrung des Eigentümerverbandes aus rund 40 000 Rechtsberatungen: Bei allenfalls fünf Prozent der Mieterhöhungen spiele die Kappungsgrenze überhaupt eine Rolle.
Das planen die anderen Bundesländer
Auch Nordrhein-Westfalen will auf die Mietpreisbremse treten. Die Ministerialbeamten in Düsseldorf glauben allerdings: Vor 2014 ist eine gerichtsfeste Mietpreisbegrenzungsverordnung nicht zu schaffen. Das Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt sehen derzeit keinen Bedarf. Die übrigen Länder überlegen noch, ob sie Verordnungen erlassen können und wollen.
Extra-Erhöhung bei Modernisierung
Ärgerlich für Mieter: Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen gilt nicht für Mieterhöhungen wegen Energiespar-Investitionen. Elf Prozent der Kosten einer solchen Modernisierung darf der Vermieter auf die Jahresmiete umlegen – zusätzlich zu „normalen“ Mieterhöhungen.
Hamburg will Grenzen für die Neuvermietung
Der Mieterschutzbund und die Mietervereine fordern vor allem für Neuvermietungen eine Mietpreisbremse. Das Bundesland Hamburg hat vorgeschlagen, zusätzlich zur Preisbremse auch eine Verschärfung der Mietwucher-Regelung ins Auge zu fassen. Sie verbietet Vermietern bereits jetzt, unter Ausnutzung von akutem Wohnungsmangel Mieten zu kassieren, die mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Der Wohnungsmangel muss allerdings in weitem Umkreis herrschen – und das war in den vergangen Jahren nie der Fall. Außerdem liegt derzeit Wucher nur vor, wenn der Vermieter mehr verlangt, als er für die Wohnung aufwenden muss. Laut Haus und Grund kosten Eigentumswohnungen in München wegen hoher Baukosten und Grundstückpreise im Durchschnitt 5 000 bis 6 000 Euro je Quadratmeter. Kostendeckende Mieten liegen dann trotz der aktuell günstigen Zinssätze um 20 Euro pro Quadratmeter.
test.de-Tabelle:Mietpreisbremsen.
[Update 02.09.2013] Neufassung der Meldung zur Mietpreisbremse für Bayern und Berlin vom 30.07.2013, nachdem inzwischen auch Hamburg die Mietpreisbremse angezogen hat.