Erkrankungen durch die Meningokokken-Erreger sind selten, können aber tödlich enden. Vor allem kleine Kinder sind gefährdet. Hier erklären die Gesundheitsexperten der Stiftung Warentest, für wen eine Impfung sinnvoll ist, wann geimpft werden sollte, in welchen Fällen die Krankenkasse die Kosten übernimmt – und worauf Reisende vor Reisebeginn achten sollten.
Meningokokken – gefährliche Bakterien
Meningokokken-Bakterien sind gefährlich. Sie können zu Hirnhautentzündungen und Blutvergiftungen führen. Kinder bis fünf Jahre erkranken am häufigsten. Zwar gab es in den letzten Jahren in Deutschland nur etwa 300 bis 400 Fälle pro Jahr, die Erkrankten aber schweben in höchster Gefahr. Sie können innerhalb eines Tages sterben oder schwer behindert werden. Dieses Risiko wollte Franziska Schäfer nicht eingehen: Sie und ihr Mann entschieden, ihre Söhne Hannes und Paul impfen zu lassen – und zwar gegen Meningokokken vom Typ B und C. Diese zwei Erregertypen treten in Deutschland am häufigsten auf.
Keine einheitliche Linie
Einfach wird Eltern die Entscheidung für oder gegen die Spritze nicht gemacht. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt derzeit die Immunisierung gegen Meningokokken C für alle Kinder im zweiten Lebensjahr, nicht aber die B-Impfung. Dazu beziehungsweise zu einer Vierfachimpfung gegen die Erreger A, C, W und Y rät das Gremium Personen, die besonderen Gefahren ausgesetzt sind, etwa Menschen mit einer Immunschwäche oder Reisenden. Wir haben unseren Expertenkreis für Impfungen gebeten, die Studienlage zu allen Meningokokken-Impfungen für uns auszuwerten. Fazit: Wer bestimmte Länder bereist, sollte sich beraten und gegebenenfalls impfen lassen (Reisende: Teils ist Impfen Pflicht). Wahrscheinlich ist es auch sinnvoll, Säuglinge und Kleinkinder generell gegen die Typen B und C zu schützen (Säuglinge und Kleinkinder: Verschiedene Impfungen sind möglich).
Schlechte Studienlage
Wieso nur wahrscheinlich? „Meningokokken-Infektionen sind in Deutschland eher selten – und es gibt Hinweise, dass ihre Zahl auch ohne Impfungen rückläufig ist“, sagt Winfried Kern, Infektiologe an der Uniklinik Freiburg und Mitglied unseres Expertenkreises. Auch fehlen hochwertige Studien, die belegen, dass die Impfungen Erkrankungsfälle verhindern. Andererseits ist nachgewiesen, dass der Körper nach den Injektionen Antikörper gegen die Erreger bildet. Und es gibt Beobachtungsstudien, etwa aus England und Kanada. Dort gehen Erkrankungen durch Meningokokken deutlich zurück, seit die Mehrzahl der Kinder geimpft ist. „Die Erkenntnisse lassen sich nicht uneingeschränkt auf Deutschland übertragen. Es spricht aber viel dafür, dass sich ein ähnliches Bild ergäbe“, so Kern.
Kaum schwere Nebenwirkungen
Schwere Nebenwirkungen nach der Impfung sind selten. Vorübergehend kann die Einstichstelle schmerzen. „Paul tat drei Tage der Arm weh“, erinnert sich Franziska Schäfer. Zudem können etwa Durchfall, Unruhe und Appetitlosigkeit auftreten sowie Fieber, vor allem bei Babys nach der B-Impfung.
Erkrankung erkennen und behandeln
Die Symptome im Krankheitsfall sind schlimmer. „Bei Fieber, Kopfschmerzen und Erbrechen, steifem Nacken und Flecken auf der Haut, die wie ein Bluterguss aussehen, sollte man den Notarzt rufen“, rät Experte Kern. Erkrankte müssen sofort in die Klinik und ein Antibiotikum bekommen. Wer vor Ausbruch der Krankheit engen Kontakt zu ihnen hatte, sollte sich ebenfalls behandeln und impfen lassen. Schon ein Kuss, Husten oder Niesen kann ansteckend sein. Je mehr Menschen geimpft sind, desto geringer ist das Ansteckungsrisiko. Frau Schäfer ist sicher: „Impfen nützt nicht nur meinen Kindern, sondern auch anderen.“
Dieser Artikel ist erstmals am 26. Juli 2017 auf test.de erschienen. Er wurde am 10. März 2020 aktualisiert.
-
- Pneumokokken können Lungenentzündungen verursachen – in Kombination mit Covid-19 ein weiteres Risiko. Unsere Experten sagen, wer von der Pneumokokken-Impfung profitiert.
-
- Impfungen gegen Masern, Rotaviren, Windpocken – was ist davon zu halten und was bringen Kombi-Impfungen? Die Stiftung Warentest ordnet Impfungen für Kinder ein.
-
- Diese Viren können bei Babys schlimmen Durchfall verursachen, teils mit Erbrechen, Fieber, Bauchweh. Die Beschwerden werden teils so schlimm, dass Kinder zu viel...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@vasan: In unserem Beitrag geben wir Empfehlungen zu Standardimpfungen und Reiseimpfungen. Bei bestimmten Erkrankungen ist eine Konsultation des behandelnden Arztes empfehlenswert, der die Risiken besser abwägen kann. Eine pauschale Einschätzung ist hier nicht möglich. (KA, spl)
@vsan: Nach der Impfung gegen Meningokokken C ist man mindestens drei, wahrscheinlich sogar fünf Jahre immun – allerdings nur, wenn nach dem ersten Lebensjahr geimpft wurde. Beim Impfstoff gegen Meningokokken B ist die Dauer des Impfschutzes noch unklar.
Die Vierfachimpfung gegen die Typen A, C, W und Y schützt fünf Jahre.
Jugendliche, die als Kleinkind oder Baby nicht immunisiert wurden, können die Impfungen nachholen. Eine generelle Auffrischungsimpfung für Jugendliche empfehlen wir allerdings nicht. (SW, spl)
Diesem Personenkreis rät Ihre Expertengruppe nicht generell zur Impfung?
Nach welchem Zeitraum sind Auffrischimpfungen durchzuführen?