Eheleute dürfen in einem medizinischen Notfall weiterhin nicht automatisch für ihren Partner entscheiden. Eine entsprechende Gesetzesvorlage, die am 7. Juli 2017 verabschiedet werden sollte, wurde im Bundesrat von der Tagesordnung genommen. Das geeignete Dokument, um rechtlich für den Fall vorzusorgen, dass jemand selbst nicht mehr entscheiden kann, ist ohnehin eine Vorsorgevollmacht. Vom Tisch genommen wurde auch die geplante Erhöhung der Vergütung für Berufsbetreuer.
Gesetz nicht verabschiedet
Der Bundesrat hat das Gesetz „zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten“ in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 7. Juli nun doch nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Damit ist es erst einmal vom Tisch. Über ein darin neu geregeltes Notvertretungsrecht sollten Ehe-und Lebenspartner in einem medizinischen Notfall auch ohne Vorsorgevollmacht die Krankenakte ihres Partners einsehen und über eine Operation oder Therapie mitentscheiden dürfen - sofern sich der Patient nicht mehr äußern kann.
Viele glauben, Ehepartner dürften entscheiden
In der Bevölkerung ist die Annahme weit verbreitet, Ehepaare dürften im Notfall füreinander Entscheidungen treffen, weil sie verheiratet sind. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch Ehepaare benötigen eine Vorsorgevollmacht. Doch in der Realität haben längst nicht alle Ehe- und Lebenspartner ihre Vorsorge mit den notwendigen Dokumenten wie Vorsorgevollmacht, Patienten- und Betreuungsverfügung geregelt. Liegt beispielsweise ein nicht mehr ansprechbarer Patient ohne Vorsorgevollmacht auf der Intensivstation, rufen nach aktueller Rechtslage Ärzte das Betreuungsgericht an. Das Gericht beauftragt einen Betreuer, der mit den Ärzten entscheidet.
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Notvertretungsrecht nur für die Gesundheitssorge
Bei der geplanten Änderung ging es ausschließlich um medizinische Behandlungen in einer akuten Notsituation. Vermögensrechtliche Fragen oder eine Entscheidung über den Aufenthalt in einem Pflegeheim gehörten nicht dazu. Deshalb ist sowieso für alle ab dem 18. Lebensjahr – ob alleine lebend, verheiratet oder in Partnerschaft – eine Vorsorgevollmacht die erste Wahl.
Vorsorgevollmacht ist das richtige Dokument
Über eine Vorsorgevollmacht kann die bevollmächtigte Person für den Vollmachtgeber Entscheidungen treffen, falls dieser infolge von Krankheit, nach einem Unfall oder aufgrund altersbedingter Schwäche es selbst nicht mehr kann. Bei der Auswahl der Person ist der Ehe- oder Lebenspartner nicht immer die geeignete Person. Es kann sinnvoll sein, erwachsene Kinder oder Freunde zu bevollmächtigen. In der Vollmacht können Vollmachtgeber alle ihre Belange regeln: Finanzen, Gesundheit, Pflege, Wohnung und Aufenthalt sowie die Erlaubnis, mit Behörden und Versicherungen zu kommunizieren.
Wichtig ist uneingeschränktes Vertrauen
Die wichtigste Voraussetzung bei der Auswahl der Person oder der Personen, die einen vertreten sollen, ist, dass sie das uneingeschränkte Vertrauen des Vollmachtgebers genießen. Im Ernstfall soll ein Bevollmächtigter ihn bei allen wichtigen Entscheidungen vertreten – bei medizinischer Behandlung, der Wahl des Aufenthaltsortes oder bei Bank- und Geldgeschäften. Er sollte daher in der Lage sein, mit Ärzten Entscheidungen für den Vollmachtgeber zu treffen, vor Gericht Anträge zu stellen und bei der Kranken- und Pflegeversicherung Leistungen zu beantragen. Er muss gegebenenfalls das Vermögen des Vollmachtgebers verwalten, vielleicht dessen Haus oder Eigentumswohnung verkaufen.
Umfang der Aufgabe sollte Bevollmächtigten klar sein
Ein Bevollmächtigter sollte auch wissen, bei welchen Personen und Behörden er sich Hilfe holen kann. Neben Vertrauen ist es wichtig, dass der Bevollmächtigte weiß, welche Verantwortung er übernehmen soll. Ihm sollte auch klar sein, dass mit der Aufgabe ein erheblicher Zeitaufwand verbunden sein kann.
Keine Erhöhung der Vergütung für Berufsbetreuer
Mitgeregelt werden sollte in dem Gesetz eine Erhöhung der Vergütung von Berufsbetreuern um 15 Prozent. Berufsbetreuer unterstützen und beraten Menschen, die im Leben nicht mehr ohne fremde Hilfe zurecht kommen, wenn sie psychisch oder physisch krank oder behindert und dadurch in ihrer Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind. Auch die Erhöhung ihrer Vergütung kommt nun vorerst nicht. „Wir sind empört, dass der Bundesrat angesichts der intensiven Aufklärung und Information des Verbandes, des großen Engagements der Mitglieder und trotz vieler Zusagen von Politikern noch nicht zu einer positiven Entscheidung gekommen ist!“, sagt der Vorsitzende es Bundesverbandes der Berufsbetreuer (BdB), Thorsten Becker.
Hoffnung auf nächste Bundesratsitzung
Die nächste Sitzung des Bundesrats nach der Sommerpause ist für den 22. September geplant. Es ist die letzte Sitzung in dieser Legislaturperiode. Der BdB will sich auf Bundes- und Länderebene dafür einsetzen, dass die Erhöhung doch noch kommt.
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