Medikamenten­umstellung im Kranken­haus

Nach dem Kranken­haus­auf­enthalt: Mit Risiko entlassen

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Manche Medikamenten­umstellung im Kranken­haus kann für Patienten riskant werden, sagt ein Haus­arzt aus Hannover. Er schildert drei Fälle, die er kürzlich in seiner Praxis erlebt hat.

Fall 1: Falscher Blut­verdünner

Die 89-jährige Patientin leidet an mehreren chro­nischen Krankheiten, die mit Medikamenten behandelt werden, wie Gicht, schwere Nieren­schwäche, Diabetes, Blut­hoch­druck und verengte Herz­kranzgefäße. Damit sich keine Blut­gerinnsel bilden, verordnete ich ihr den Blut­verdünner Marcumar.

Wirk­stoff verändert. Wegen akuter Herz­schwäche kam die Frau für 19 Tage auf Station. Dort wurde sie mit dem intraven­ösen Blut­verdünner Heparin behandelt. Bei der Entlassung bekam sie für das Wochen­ende wieder einen Blut­verdünner in Tablettenform mit – aber nicht Marcumar, sondern das Präparat Eliquis mit einem anderen Wirk­stoff.

Nieren­schwäche nicht beachtet. Wegen ihrer schweren Nieren­schwäche ist es für die Patientin riskant, ihr den Blut­verdünner Eliquis zu geben. Denn der Organismus scheidet den darin enthaltenen Wirk­stoff zu lang­sam aus, so sammelt er sich im Körper an. Und damit wird die Wirkung verstärkt.

Zurück zum Bewährten. Weil die Frau vor dem Klinik­aufenthalt sehr gut auf Marcumar einge­stellt war, habe ich sie zurück auf dieses Präparat umge­stellt.

Fall 2: Zu viel Insulin

Der Patient, 73, muss wegen Tpy-2-Diabetes Insulin spritzen. Er leidet auch an Arthrose, Nieren­schwäche und verengten Herz­kranzgefäßen. Gegen die arterielle Durch­blutungs­störung nahm er den Blut­verdünner ASS 100.

Neue Dosis, neuer Blut­verdünner. Weges des Verdachts auf Schlag­anfall wurde der Mann für knapp drei Wochen im Kranken­haus behandelt. Die Ärzte dort stellten unabhängig davon die Insulindosis um. Zusätzlich zu ASS 100 erhielt der Patient als zweiten Blut­verdünner Xarelto.

Riskante Unter­zuckerung. Mit der neuen Medikation bekam der Patient mehr Lang­zeitinsulin; zu den Mahl­zeiten hätte das Insulin daher reduziert werden müssen. Das ist nicht passiert. Nach der Entlassung unter­zuckerte der Mann mehr­fach und musste das Notfall-Set benutzen. Ohne medizi­nischen Grund ist es zudem riskant, die beiden Blut­verdünner zusammen einzunehmen, weil die Wirkung dadurch verstärkt wird.

Angepasst und abge­setzt. Die Insulindosis habe ich angepasst. ASS 100 habe ich abge­setzt und bei Xarelto aufgrund der Nieren­schwäche die Wirk­stoff­stärke reduziert.

Fall 3: Riskante Wechsel­wirkung

Die 48-jährige Risikopatientin hatte bereits einen Magen­durch­bruch. Zum Schutz des Magens nahm sie einmal täglich ein Mittel mit Esomeprazol. Weil ihre Herz­kranzgefäße verengt sind, nahm sie den Blut­verdünner ASS 100.

Arznei ersetzt, Dosis verdoppelt. Wegen akuter Herz-Kreis­lauf-Probleme kam die Frau für fünf Tage ins Kranken­haus. Dort ersetzten die Ärzte ihren Blut­verdünner durch zwei neue Medikamente: Clopidogrel und Xarelto. Außerdem verdoppelten sie die Wirk­stoff­stärke ihres Magen­schutz­mittels, sie musste das Mittel zudem zweimal täglich nehmen.

Wechsel­wirkung. Die Wirkung der verordneten Blut­verdünner verstärkt sich, wenn sie zusammen angewendet werden. Das ist riskant. Das Magen­schutz­mittel haben die Kollegen vermutlich höher dosiert, um einen erneuten Magen­durch­bruch zu verhindern. Es sollte aber mit dieser Wirk­stoff­stärke und Dosis nicht lang­fristig einge­nommen werden.

Rück­gängig. Nach dem Klinik­aufenthalt habe ich die Blut­verdünner abge­setzt und die Patientin mit einem anderen Mittel neu einge­stellt. Die Wirk­stoff­stärke des Magen­mittels habe ich halbiert.

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