
Eine wie die andere: Raus aus der Schachtel, lassen sich Tabletten kaum unterscheiden und können leicht vertauscht werden. © Getty Images / Yulia Reznikov
Immer wieder kommt es im Alltag zu Verwechslungen – weil sich Medikamentenpackungen ähneln oder Arzneimittel ähnlich klingende Bezeichnungen haben. Schätzungen zufolge sind etwa ein Fünftel aller Fehler bei der Anwendung von Medikamenten auf derartige Verwechslungen zurückzuführen. Die Folgen können fatal sein. test.de sagt, worauf Sie achten sollten und wie Sie Verwechslungen vermeiden können.
Wiedererkennungswert mit Risiko
Medikamentenpackungen desselben Herstellers sehen sich manchmal sehr ähnlich: Ein firmentypisches Emblem, der Namenszug des Herstellers, einheitliche Schrift und Farbgestaltung vermitteln schnell, welches Unternehmen hinter dem Arzneimittel steht. Das soll die Kundenbindung stärken. Diese Strategie des sogenannten Corporate Designs der Pharmafirmen ist für die Patientensicherheit jedoch ein Nachteil. Unwichtige Aufschriften – wie beispielsweise der Firmenname – können den Namen des Arzneimittels überragen.
Nicht genau hingeschaut, schon verwechselt
Sieht der Patient aufgrund seines fortgeschrittenen Alters oder einer Augenerkrankung schlechter, kann es schnell zu Verwechslungen kommen – etwa wenn ein Mitglied des eigenen Haushalts Arzneipackungen desselben Herstellers nutzt. Auch Wirkstoffpflaster, die Schmerzmittel, Hormone oder Mittel gegen Übelkeit enthalten, könnten versehentlich für Verbandspflaster gehalten werden, oder ein Fentanyl-Nasenspray gegen starke Schmerzen für ein Schnupfenspray.
Ähnlicher Stoffname, unterschiedliche Wirkung
Gefährlich kann es auch werden, wenn sich die Marken- oder Wirkstoffnamen selbst ähneln (siehe Tabelle unten). Ein Arzneimittel wird üblicherweise durch folgende Angaben auf der Medikamentenpackung charakterisiert: durch den Marken- oder Fertigarzneimittelnamen (meist fett gedruckt und damit deutlicher erkennbar) und durch den – üblicherweise in kleinerer Schrift gesetzten – Wirkstoffnamen (Internationaler Freiname, INN), gefolgt von Angaben zur Stärke und der Darreichungsform.
Bei der Einführung von Markennamen können Marketinginteressen eine Rolle spielen. So versuchen Hersteller bei der Namensfindung häufig auch andere Inhalte zu transportieren, diese müssen nicht unbedingt mit dem Einsatzgebiet des Arzneimittels in Zusammenhang stehen. So spielen etwa Namen von Pillen zur Empfängnisverhütung wie „Petibelle“ oder „Aida“ auf bestimmte Frauentypen an.
Ganz frei sind die Hersteller bei der Namenswahl aber nicht. Die Bezeichnung muss durch die Zulassungsbehörde bewilligt werden und darf nicht irreführend sein. So wurde beispielsweise dem Pharmakonzern Novartis untersagt, eine Creme gegen Lippenherpes unter der Dachmarke „Fenistil“ zu führen, da Patienten unter diesem Namen ein Mittel gegen allergische Reaktionen und Juckreiz erwarten könnten.
Bezeichnungen sollen europaweit funktionieren
Viele Arzneimittel werden heute europaweit auf den Markt gebracht. Dabei müssen die Firmen Bezeichnungen finden, die sich so gut wie möglich in viele Sprachen „einpassen“ und sich gleichzeitig möglichst in allen europäischen Ländern von Vergleichbarem abheben. Dabei entstehen teils erstaunliche Wortschöpfungen wie zum Beispiel Akynzeo, Byetta, Cymbalta, Exforge. Auch Ähnlichkeiten mit Arzneimitteln, die bereits auf dem Markt sind, kommen immer wieder vor.
Bei Paaren wie diesen müssen Sie aufpassen Unsere Tabelle zeigt exemplarisch ausgewählte Medikamente und Wirkstoffe, die aufgrund ähnlicher Namen leicht verwechselt werden könnten. Sie sind in der Tabelle gefettet. |
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Arzneimittel |
Wirkstoff |
Anwendungsgebiet |
Actonel® Actos® |
Risedronat Pioglitazon |
Osteoporose Diabetes |
ASS® ACC® |
Acetylsalicylsäure Acetylcystein |
Schmerzen, arterielle Durchblutungsstörungen Husten |
verschiedene Arzneimittel |
Azithromycin Azathioprin |
Bakterielle Infektionen Unterdrückt die Funktion des Immunsystems, z.B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoider Arthritis, Myasthenia gravis |
verschiedene Arzneimittel |
Cotrimoxazol Clotrimazol |
Harnwegsinfektionen Pilzinfektionen |
Captopril Carvedilol |
Lopirin® Dilatrend® |
ACE-Hemmer bei hohem Blutdruck, Herzschwäche Betablocker bei hohem Blutdruck Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit |
Dekristol® Decostriol® |
Colecalciferol Calcitriol |
Vitamin D3 bei Osteoporose oder Vitamin D-Mangel Aktives Vitamin D, wird eingesetzt, wenn die körpereigene Aktivierung von Vitamin D aufgrund von Nierenfunktionsstörungen nicht ausreichend gewährleistet ist |
Janumet® Januvia® |
Sitagliptin und Metformin Sitagliptin |
Kombinationsmittel bei Diabetes Monopräparat bei Diabetes |
Olmetec® Omep® |
Olmesartan Omeprazol |
Hoher Blutdruck Sodbrennen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Speiseröhrenentzündung |
verschiedene Arzneimittel |
Opipramol Omeprazol |
Angststörungen Sodbrennen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Speiseröhrenentzündung |
verschiedene Arzneimittel Vagantin® |
Valsartan Methantheliniumbromid |
Hoher Blutdruck Übermäßiges Schwitzen |
Legende
Quelle: Stiftung Warentest.
Wie Sie Verwechslungen vermeiden können
- Nachfragen bei Arzt oder Apotheker. Je besser Sie über Ihre Medikamente Bescheid wissen, desto eher lassen sich Verwechslungen vermeiden. Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker, wenn Sie ein Medikament nicht kennen oder es Ihnen etwa bei der Übergabe in der Apotheke ungewohnt vorkommt. Lassen Sie sich erklären, welche Informationen auf der Packung wichtig sind und wofür oder wogegen Sie das Mittel anwenden sollen. Das ist besonders wichtig, wenn Sie ein neues oder ein anderes Medikament als gewohnt erhalten.
- Packungen kennzeichnen. Lassen Sie in der Apotheke die Medikamentenpackung zum Beispiel mit Großbuchstaben beschriften oder farblich kennzeichnen, etwa mit einem großen Punkt oder einem anderen Symbol. So können Sie die Medikamente eindeutig Ihrem Medikationsplan zuordnen.
- Richtig lagern. Bewahren Sie Ihre Medikamente nicht zusammen mit denen anderer Haushaltsmitglieder auf. Bewahren Sie Wirkstoffpflaster getrennt von herkömmlichen Pflastern für Wunden auf.
- Keine Eile. Nehmen Sie sich beim Einnehmen von Medikamenten ausreichend Zeit, achten Sie auf gutes Licht und lesen Sie Medikamentennamen aufmerksam – das gilt auch, wenn Sie für andere Personen Medikamente zusammenstellen.
- Hilfe annehmen. Wenn Sie schlecht sehen, sollten Sie sich bei der täglichen Zusammenstellung der Medikamente helfen lassen.
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Ich beziehe mich auf die Möglichkeiten des BSSichG, AVWG, und das GKV Wettbewerbsstärkungsgesetzt. Lange Zeit bekam meine Schwiegermutter regelmäßig Medikamente anderer Hersteller, in anderen Verpackungen. Auf Nachfrage nannte man uns in der Apotheke diese Gesetzt, die als Grundlage für die Krankenkassen dienen. Möglich wären eine noch höhere Zuzahlung oder ein ärztlicher Vermerk auf dem Rezept. Ändert aber nichts an der Verwechselungsgefahr, durch eine völlig unzureichende Beschriftung auf den Verpackungen. Dazu kommt oft eine wechselnde Form und Farbe der Tabletten, die eine Verwechselung noch sehr viel wahrscheinlicher machen.
@Klippenland: Auf welches Gesetz bzw. auf welchen Paragraphen beziehen Sie sich? (ak/cr)
Bei häufig genutzten Medikamenten müssen auf Grund gesetzlicher Vorgaben ständig die Hersteller gewechselt. Andere Verpackung, anderes Aussehen der Pillen, und oft auch eine andere Wirkung (obwohl letzteres ein Tabu Thema ist, weil ja angeblich der Inhalt gleich ist). Dazu kommt, nirgendwo steht auf der Verpackung, wofür, bzw. wogegen ein Medikament ist. Bestenfalls finden sich im endlos langen Beipackzettel Hinweise darauf. Die sind aber so klein und unverständlich geschrieben, das sie für eine Patienten im Regelfall wertlos sind. Das führt dazu, das eine fast identische Verpackung mal einen Blutdrucksenker und mal ein Schlafmittel enthalten kann. Nicht gut.