Als Pärchen getarnt ließen sich Redakteure inkognito in mehreren Fachgeschäften beraten. Den Testkunden wurden dabei viele falsche, aber verkaufsfördernde Argumente aufgetischt. Hier lesen, was von neun beliebten Verkaufsargumenten zu halten.
Testergebnisse für 11 Lattenroste 10/2015
„Jeder Zentimeter zählt“
Der Mehr-ist-mehr-Bluff: Oft werden dickere Matratzen als überlegen angepriesen. Ein Verkäufer sagte uns: „Jeder Zentimeter macht einen himmelweiten Unterschied.“ Gute Matratzen gebe es erst ab 20 Zentimeter Höhe.
Unsere Untersuchungen zeigen: Hohe Matratzen sind häufig besonders teuer. Die zusätzlichen Zentimeter erzielen sie oft mit Auflagen oder Schaumschichten, denen Hersteller besondere Qualitäten zusprechen. Notwendig für gute Liegeeigenschaften sind sie jedoch nicht. Matratzen brauchen eine Mindesthöhe, damit die Schulter tief genug einsinken kann. Auf den getesteten, zum Teil sehr weichen Matratzen sanken die Schultern – selbst schwerer Testpersonen – allerdings nie mehr als 13 Zentimeter ein. 16 bis 18 Zentimeter Gesamthöhe reichen für gute Liegeeigenschaften aus. In unseren Tests fanden wir sogar dünnere Modelle, denen das gelang.
„Das ist eine harte Matratze“
Die Härtegradbehauptung: Fest, H3 oder hart steht auf vielen Matratzen. Mitunter kosten harte Matratzen etwas mehr als die weicheren Varianten eines Modells.
Unsere Untersuchungen zeigen: Die Matratzen sind oft weicher oder sogar deutlich weicher als deklariert. Im aktuellen Test betrifft das alle Modelle – bis auf zwei, auf denen gar keine Härteangaben standen. Der Fachverband Matratzen-Industrie weist darauf hin, dass die Norm lediglich eine Skala mit Härtekennzahlen von 1 bis 10 vorgibt. Sie regele nicht, ab welcher Zahl eine Matratze weich oder sehr weich ist. Bei unseren Tests bestimmen wir die Härte nach einheitlichen Maßstäben. Große und schwere Personen liegen meist auf harten Unterlagen besser. Auf weicheren schwitzen sie womöglich in der Liegekuhle. Außerdem fällt das Hin- und Herwälzen schwerer. Weiche Matratzen eignen sich eher für leichte Personen. Solange Hersteller ihre Matratzen nicht mit vergleichbaren, verlässlichen Angaben kennzeichnen, bleibt Kunden nichts anderes übrig, als unsere Tests zu lesen und Probe zu liegen.
„Qualität hat eben ihren Preis“

Die Erlesenheitsverheißung: „Aus hochwertigen Komponenten gefertigt“ und „beste Materialien zusammengefügt.“ So preisen Hersteller ihre teuren Matratzen an. Die für den neuen Test gekauften Kaltschaummodelle kosten 600 bis 1 390 Euro.
Kartellamtsermittlungen zeigen: Das Bundeskartellamt untersucht seit 2011 das Zusammenspiel von Matratzenmachern und Händlern. Der Verdacht: Hersteller üben Druck auf Einzelhändler aus, damit die festgelegte, hohe Preise von den Kunden verlangen. Die Wettbewerbshüter konnten Fälle nachweisen, in denen Händler zum Beispiel mit Lieferverzögerungen auf Linie gebracht wurden, wenn sie Matratzen billiger verkauften. Gegen zwei Unternehmen verhängten sie Bußgelder: Branchenprimus Recticel Schlafkomfort GmbH, dem die Marken Schlaraffia und Swissflex gehören, musste 8,2 Millionen Euro im Jahr 2014 zahlen. Im Februar forderte die Behörde 3,38 Millionen Euro von der Metzeler Schaum GmbH. Gegen zwei Anbieter laufen die Verfahren noch. Ein Matratzenkartell gebe es nicht mehr, schrieb uns ein Hersteller. Die Verfahren bezögen sich auf die Zeit bis 2009. Wir haben die Preise von Matratzen aus dem aktuellen Test in Fachgeschäften und bei Onlinehändlern verglichen. Manche Modelle kosteten bei allen Anbietern der Stichprobe fast oder genau dasselbe. Ein Zufall? Nach Angaben des Fachverbands Matratzen-Industrie kostet die Herstellung einer 1 000-Euro-Matratze 200 bis 250 Euro – der Handel bekomme rund 350 bis 400 Euro (siehe Grafik oben), also den größten Anteil. Wenn die Handelsmarge 35 bis 40 Prozent beträgt – warum finden wir dann mitunter keine Händler, die eine teure Matratze deutlich günstiger anbieten?
Klar ist: Ein Indiz für Qualität ist ein hoher Preis nicht. Das belegen unsere Testergebnisse seit 2009.
Teuer ist nicht besser
Die Grafik zeigt Preise und Testurteile der 104 seit 2009 geprüften Matratzen, die es noch zu kaufen gibt. Mehrere der guten Matratzen kosten unter 300 Euro.

„Ein Schoner verhindert die Abnutzung“
Der Auf- und Unterlagenunsinn: Mehrere Verkäufer empfahlen im Beratungscheck Matratzenschoner und -auflagen. Ein Schoner liegt zwischen dem Lattenrost und der Matratze und sorgt angeblich dafür, dass sich die Matratze langsamer durch Reibung auf dem Lattenrost abnutzt. Auflagen sollen verhindern, dass Feuchtigkeit in den Matratzenkern gelangt.
Unsere Experten widersprechen: Schoner sind überflüssig. Extralagen können sogar schaden. Zwischen Schoner und Auflage kann die Matratze aufgenommene Feuchtigkeit schlecht abgeben, schlimmstenfalls schimmelt sie. Zudem verändern Auflagen die Liegeeigenschaften – zum Beispiel können Schulter- und Beckenzone ihre Wirkung verlieren. Sinnvoll sind nur Auflagen für Inkontinente. Für alle anderen genügt es, den Bezug regelmäßig zu waschen. Fast alle Bezüge der aktuellen Auswahl lassen sich sehr gut oder gut waschen.
„Gelschaum ist besser als Kaltschaum“

Die Spezialschaum-Erfindung: „Besser schlafen. Garantiert.“ Und: „Jeder schläft besser auf Matratzen mit Geltex Inside.“ Diese Sprüche hängen an Matratzen, die wir für den aktuellen Test gekauft haben.
Unsere Untersuchungen zeigen: Gelschaum ist eine Kaltschaum-Variante. Bessere Liegeeigenschaften als herkömmlicher Kaltschaum offenbart er im Test nicht. Der Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Berliner Charité, Ingo Fietze, sagt: „Es gibt keine Tests, die jemals nachgewiesen haben, dass Personen mit diesen Matratzen besser schlafen als mit anderen.“ Hersteller Recticel hat inzwischen gegenüber einem Konkurrenten eine Unterlassungserklärung abgegeben. Darin verpflichtet er sich, nicht mehr mit den zitierten Geltex-Versprechen zu werben. Viel Schaum geschlagen hat auch Breckle mit seiner „TopGel“-Matratze. Im Aprilheft von test schrieben wir, das Gel habe sich als Kaltschaum entpuppt. Das wollte uns die Firma vom Landgericht München verbieten lassen. Mit der Argumentation, die Matratze enthalte Gelschaum, konnte sie das Gericht nicht überzeugen. Auf dessen Anraten nahm Breckle den Antrag zurück.
Testergebnisse für 11 Lattenroste 10/2015
„Mobilisiert und schützt die Wirbelsäule“
Das Heilsversprechen: Einige Anbieter versprechen, ihre Matratzen und Lattenroste würden zu einem gesunden Rücken verhelfen. Mit der richtigen Unterfederung könne man Hohlkreuz und Rundrücken ausgleichen, heißt es in einem Werbevideo von Dormabell. Bei der Kaufberatung-Stichprobe empfiehlt uns der Verkäufer eine Matratze, auf der man morgens einen Zentimeter größer aufwachen würde, weil sich die Bandscheiben auf ihr optimal ausdehnen könnten. Die Firma Dunlopillo schreibt: „Die Dynamik von AquaLite beeinflusst positiv die Mobilisierung der Wirbelsäule. Die Bandscheiben nehmen (...) mehr Flüssigkeit auf und schützen somit die Wirbelsäule.“
Experten widersprechen: „Abends sind wir etwas kleiner als frühmorgens. Das hat nichts mit der Matratze zu tun“, sagt Bernd Kladny. Er ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Orthopädie-Chefarzt an der Fachklinik Herzogenaurach. „Das Phänomen ist ganz natürlich.“ Die Bandscheiben quellen im Liegen auf und nehmen Flüssigkeit und Nährstoffe auf. „Die Gesundheitsversprechen der Hersteller müssen kritisch hinterfragt werden, weil wissenschaftlich abgesicherte Studien fehlen“, so Orthopäde Kladny. „Eins ist sicher: Eine gute Matratze kann den Rücken abstützen, aber nicht heilen.“
„Der Lattenrost hat großen Einfluss“
Der Lattenrostbluff: Hersteller und Verkäufer bewerben teure Lattenroste damit, dass sie wesentlich zum besseren Liegen beitragen würden. „40 Prozent unserer Schlafqualität hängen vom Bettrahmen ab“, heißt es etwa auf der Website von Dormabell. Dick trägt Swissflex in einer Broschüre auf: „Für den vollkommenen Schlaf ist nichts elementarer als die Unterfederung Ihres Bettes.“ Schlafwelt.de schreibt: „Gebogene Lattenroste sind flexibler und atmungsaktiver als andere.“
Unsere Untersuchungen zeigen: Eine Matratze mit guten Liegeeigenschaften braucht keinen speziellen Lattenrost. Alle, auch teure Unterfederungen verschlechtern das Liegen teilweise sogar zum Test Lattenroste. Vor allem Rückenschläfer können bei den Unterfederungen zu stark mit dem Rumpf einsinken. Im Test schneidet ein selbstgebauter starrer Rost (zur Anleitung Lattenrostbau) in zentralen Prüfungen besser ab als die vielbeworbene federnde Konkurrenz. Die wichtigste Aufgabe des Lattenrosts ist es, für eine ausreichende Belüftung der Matratze zu sorgen. Das gelingt auch günstigen.
„Kaufen Sie besser ein abgestimmtes System“
Die Doppelpackthese: Nur zusammen mit einem passenden Lattenrost hole man das beste aus einer teuren Matratze heraus, behauptet der Verkäufer eines großen Berliner Bettengeschäfts. Hersteller Thomas wirbt: „Zusammen mit einer Matratze von Lattoflex, die speziell für diese hochflexible Unterfederung entwickelt wurde, wird das Lattoflex-Bettsystem zu einer Oase der Ruhe und Entspannung.“
Unsere Untersuchungen zeigen: Wir haben drei Matratzen jeweils doppelt geprüft – sowohl auf einer starren Spanplatte als auch auf einer vom Hersteller oder Händler empfohlenen Unterlage. Ergebnis: Eine Matratze bietet auf der Spanplatte sogar etwas bessere Liegeeigenschaften als auf dem angeblich optimalen Lattenrost. Die zweite Matratze ist auf der starren Spanplatte genauso gut wie im beworbenen System, die dritte nur minimal schlechter.
Tipp: Die Testergebnisse aller seit 2008 untersuchten Matratzen stehen im Produktfinder Matratzen auf test.de. Der Vergleich zeigt: Die zuletzt geprüften teuren Kaltschaummatratzen zu Preisen zwischen 600 und 1 390 Euro sind nicht besser als andere, die die Hälfte kosten – ja nicht einmal besser als Rollmatratzen von Aldi oder Lidl.
„Nach zehn Jahren ist der Rost durchgelegen“
Der Verschleißtrick: Nach etwa zehn Jahren seien Lattenroste durchgelegen oder weniger biegsam, hörten wir häufig im Bettengeschäft. In unseren Stichproben versuchte jeder Verkäufer, uns zur Matratze auch eine neue Unterfederung aufzuschwatzen. Einige Hersteller schränken gar die Garantie auf ihre Matratzen ein, wenn kein neuer Rost verwendet wird. In einer Lattoflex-Gebrauchsanweisung heißt es etwa, eine alte Unterfederung könne die neue Matratze beschädigen, wodurch Garantieansprüche verfielen.
Unsere Untersuchungen zeigen: Tatsächlich ist es selten notwendig, zur Matratze auch einen neuen Lattenrost zu kaufen. Alle Modelle im Test erweisen sich als äußerst haltbar. Sie überstehen es, 60 000 Mal mit einer 140-Kilo-Walze überrollt zu werden. Auch beim Crashtest, bei dem ein Gewicht auf die Latten kracht, bricht nichts. Sogar dem 12-Euro-Rollrost von Ikea können die Haltbarkeitsprüfungen nichts anhaben. Die verwendeten Matratzen blieben in der Untersuchung ebenfalls unbeschadet. Ähnliche Ergebnisse brachten frühere Untersuchungen. Fazit: Lattenroste überleben Matratzen bei weitem, oft werden sie viel zu früh ausgemustert. Erst wenn die Leisten durchgebogen oder beschädigt sind, wird es Zeit für einen neuen Rost.
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Nachdem ich mir eine neue Matratze (auch Testsieger) gekauft habe, merkte ich den negativen Effekt meines viel zu weichen Lattenrost (7-Zonen Flex, Blabla). Ich hatte fast das Gefühl, dass das Bett nicht ganz eben Stand.
Darauf habe ich mir jetzt diesen Lattenrost gebaut. Erstmal für eine Hälfte des Bettes (160x200).
Was für ein Unterschied. Endlich konnte ich vernünftig liegen. Der Einsinkeffekt ist jetzt richtig dosiert und nicht aufgrund eines zusätzlich nachgebenden Lattenrost zu übertrieben. Allerdings kostet das Material jetzt 70€ und nicht wie im Artikel angegeben 36€. Holz ist sehr teuer geworden.
In der nächsten Woche folgt dann der Rahmen für die zweite Betthälfte.
Übrigens kostet mittlerweile selbst ein günstiger Lattenrost mit Rahmen annähernd 90€.
Der Selbstbau lohnt sich also und das Ergebnis hat mich überzeugt.
Ich hab den Selbstbau Lattenrost ausprobiert. Ergebnis: Die Liegeeigenschaften verschlechtern sich erheblich.
Was bringen mir die besten Expertenmeinungen wenn ich nicht mehr schlafen kann und deutlich schlechter liege?
Den gleichen Gedanken wie 'immerdiesenutzernamen' hatte ich auch. Lattenroste kosten so ab 40 €, das DIY-Material kostet 35 € - der Eigenbau lohnt sich nicht wirklich, nur wenn man Lust am Handwerken hat. Mein Tipp: Nach dem Suchbegriff 'Starrer Lattenrost' suchen, und einen nehmen, der stabil wirkt, und die Kriterien von mind. 50% Durchlüftung erfüllt - seltsamerweise gibt es nämlich viele, die stärker geschlossen sind.
Hallo, weiß jemand, ob man so einen "Marke Eigenbau" Lattenrost nach der Empfehlung von Test.de irgendwo kaufen kann?
Mir ist klar, dass 35 EUR im Baumarkt super sind, aber wenn man einfach keine Zeit und Lust hat sich alles zu besorgen und aufzubauen muss es doch irgendwo einen absolut simplen Lattenrost zu kaufen geben, der von Stiftung Warentest empfohlen würde?? Hat jemand einen Tipp?
@Bre01: Ja, das ist korrekt. (Se)