Mediator werden – bloß wie? In einer Marktübersicht hat die Stiftung Warentest sich diesem Thema genähert. Selten gab es zu einem Artikel aus dem Bereich berufliche Weiterbildung so viele Reaktionen und Nachfragen wie dazu. So hielten viele Leser unsere Marktübersicht für einen Test und suchten nach klaren Bewertungen. Viele Anbieter stießen sich an den hohen Anforderungen, die die Weiterbildungsexperten der Stiftung Warentest für die Ausbildungen formuliert haben. Und einige Mediationsverbände fühlten sich und ihre Mitglieder nicht richtig dargestellt. Die Stiftung Warentest hat die Kommentare gesammelt und gibt hier Antworten auf die häufigsten von ihnen.
Behauptung 1: „Die Stiftung Warentest hat Ausbildungen zum Mediator getestet“
Das trifft nicht zu. Bei den Tabellen handelt es sich um eine Marktübersicht und nicht um einen Test. Warum nicht? Zum Zeitpunkt unserer Marktanalyse konnten die Tester etwa 300 Mediationsausbildungen mit einer Dauer von bis zu zwei Jahren identifizieren. Für einen Test schickt die Stiftung Warentest geschulte Testpersonen verdeckt in Lehrveranstaltungen. Sie nehmen von Anfang bis Ende an den Kursen teil und dokumentieren, was sie während der Ausbildung dort erleben. Zusätzlich begutachten Fachleute die Unterrichtsmaterialien.
Ein Test aller Angebote kam weder aus Zeit- noch aus Kostengründen infrage. Um Verbrauchern trotzdem eine Orientierungshilfe geben zu können, hat die Stiftung Warentest eine Marktübersicht erstellt. Dafür haben die Tester alle 300 Ausbilder angeschrieben und systematisch zu vielen Aspekten ihrer Ausbildung befragt. 145 antworteten und lieferten verwertbare Angaben.
Behauptung 2: „Die Stiftung Warentest darf sich nicht auf Angaben der Anbieter verlassen“
Um Informationen zu den Ausbildungen, ihren Inhalten und sonstigen Bestandteilen zu erhalten, hat die Stiftung Warentest einen ausführlichen Fragenkatalog erarbeitet. Die schriftliche Befragung ist eine übliche Methode der Datenerhebung. Natürlich kann bei dieser Vorgehensweise nicht ausgeschlossen werden, dass Anbieter Fragen falsch verstehen. In einigen Fällen ist das auch bei der „Marktübersicht Mediator werden“ geschehen. Wir haben die Rückmeldungen der betreffenden Mediationsausbilder geprüft. Waren sie berechtigt, haben wir, damit sie nicht benachteiligt werden, darauf reagiert, indem wir Artikel und Tabelle an den entsprechenden Stellen geändert haben.
Behauptung 3: „Der Artikel unterscheidet nicht klar zwischen Mitgliedschaft in einem Mediationsverband und der Anerkennung eines Mediators nach den Standards eines Verbands“
Diese Kritik ist leider berechtigt. In puncto Verbandszugehörigkeit existieren Begriffe, die ähnlich scheinen, aber nicht dasselbe meinen. Die Mitgliedschaft in einem Verband beispielsweise ist nicht dasselbe wie die Anerkennung eines Mediators durch einen Verband. Dabei legt dieser üblicherweise seine Ausbildungsstandards zugrunde. Diese beiden Sachverhalte wurden im Artikel der Stiftung Warentest leider nicht scharf genug voneinander abgegrenzt.
Das soll an dieser Stelle nachgeholt werden. Im Artikel zur „Marktübersicht Mediator werden“ haben die Weiterbildungsexperten das Beispiel des Bundesverbands Mediation (BM) gewählt, das beibehalten wird. Jeder, der beruflich mit Mediation zu tun hat und sich mit den Verbandsgrundsätzen einverstanden erklärt, kann für einen Jahresbeitrag von 200 Euro Berufsverbandsmitglied im BM werden. Weitere Anforderungen muss er dafür nicht erfüllen. Will er sich jedoch als Mediator vom BM anerkennen oder zertifizieren lassen, muss er bestimmte Voraussetzungen mitbringen – zum Beispiel eine Qualifizierung, die den Ausbildungsstandards des BM entspricht.
Jeder Verband hat eigene Richtlinien, das heißt jeder Verband definiert Anforderungen, die eine Ausbildung zum Mediator aus seiner Sicht erfüllen muss. Im Falle des BM setzen die Ausbildungsstandards unter anderem voraus, dass die Qualifizierung eine Dauer von 200 Zeitstunden umfasst und Supervision enthält. Außerdem muss der Mediator für eine Anerkennung beim BM vier Mediationsfälle vorweisen. Die kann er auch nach seiner Ausbildung absolviert haben.
Die Empfehlung der Tester ist dennoch: Falls ein angehender Mediator sich von einem Berufsverband anerkennen lassen möchte, sollte er schon bei der Wahl des Ausbildungsanbieters darauf achten, dass er am Ende des Lehrgangs möglichst alle Voraussetzungen für eine Verbandsanerkennung mitbringt. Fehlen ihm bestimmte Aspekte, zum Beispiel Supervisions-Stunden, muss er sich nämlich in diesen Bereichen nachschulen lassen – das kostet erneut Zeit und meist auch Geld.
Behauptung 4: „Die Online-Tabelle zeigt, von welchem Verband sich der Mediator anerkennen lassen kann“
Die Tabelle zeigt lediglich, ob Anbieter angeben, dass sie sich nach den Ausbildungsstandards eines Verbandes oder mehrerer Verbände richten – und wenn ja, nach welchen. An dieser Stelle ist Vorsicht geboten: Die Angabe eines Mediationsausbilders, er sei „am Standard des Verbandes XY orientiert“ oder er „richte sich nach den Vorgaben von...“, erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, dieser Lehrgang enthalte alle für die Erfüllung des Standards erforderlichen Voraussetzungen. Bei den Recherchen zur „Marktübersicht Mediator werden“ ist allerdings aufgefallen, dass das keineswegs immer der Fall ist: Teilweise haben die Qualifizierungen nicht die vom Verband als notwendig erachtete Dauer, oder die Supervision fehlt. Es ist also nicht immer drin, was drauf steht. Das sollte nach Ansicht der Tester aber der Fall sein. Im Artikel zur „Marktübersicht Mediator werden“ haben sie darauf hingewiesen.
Angehende Mediatoren sollten solche Versprechen von Anbietern also prüfen: Verlässlich eingehalten werden die Standards nur bei den von den Berufsverbänden ausdrücklich anerkannten Ausbildern oder Ausbildungsinstituten. Die sind beim Bundesverband Mediation (BM), bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) und dem Bundesverband Mediation in der Arbeitswelt (BMWA) zum Beispiel auf der jeweiligen Homepage zu finden. Ob Ausbilder, die damit werben, sich an den Ausbildungsrichtlinien bestimmter Verbände zu orientieren, das auch tatsächlich tun, wird von den Verbänden dagegen nicht zwingend geprüft. Das muss der Mediator in spe in solchen Fällen selbst übernehmen, indem er die Inhalte der Qualifizierung mit den Standards für Ausbildung und Anerkennung seines Wunschverbandes abgleicht. Das sollte er auch unbedingt tun, um zu vermeiden, dass er gegebenenfalls weitere, kostenpflichtige Module nachbuchen muss.
Behauptung 5: „Eine Ausbildung, die das Anforderungsprofil der Stiftung Warentest erfüllt, ist eine gute Ausbildung“
Eine Ausbildung, die das Anforderungsprofil im Punkt Lerninhalte erfüllt, bietet die Voraussetzungen für eine gute Qualifizierung angehender Mediatoren. Wie gut oder schlecht die Qualität der Ausbildung vor Ort ist, haben wir nicht untersucht. Die Marktübersicht ist kein Ranking im Sinne einer Hitliste der besten Anbieter von Mediationsausbildungen. Das „grüne Häkchen“ an der Stelle „Anforderungsprofil hinsichtlich der Lerninhalte erfüllt“ ist auch kein Qualitätsurteil. Die Tabelle sammelt an diesem Punkt lediglich die Anbieter, die formal die Kriterien der Stiftung Warentest an die Kursinhalte erfüllen. Das heißt: Die Dauer der Ausbildung sollte mindestens 200 Stunden umfassen und Supervision beinhalten. Die Teilnehmer müssen unserer Meinung nach außerdem mindestens einen Mediationsfall bearbeiten und dokumentieren. Außerdem sollten die Unterrichtsanteile von Fachwissen und Schulung persönlicher Kompetenzen (Soft Skills) relativ ausgewogen sein.
Das Kriterium „Anforderungsprofil hinsichtlich der Lerninhalte erfüllt“ ist somit ein Merkmal von vielen, das Interessenten für eine Mediationsausbildung bei ihrer Auswahl beachten sollten – aber bei weitem nicht das einzige. Die Online-Tabellen lassen sich nach vielen weiteren Kriterien wie Schwerpunkt, Region oder Preis sortieren – eben weil diese nicht minder wichtig sind.
Hinweis: Eine Orientierungshilfe, wie die Stiftung Warentest sie mit ihrer „Marktübersicht Mediator werden“ bietet, war und ist nach wie vor unverzichtbar. Die Qualifizierung zum Mediator ist noch ungeregelt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im März 2013 beispielsweise lag lediglich eine Beschlussempfehlung für die Aus- und Fortbildung „zertifizierter Mediatoren“ vor. Inzwischen existiert ein Entwurf für eine verbindliche Rechtsverordnung. Aktueller Stand (März 2014) ist, dass Länder und Verbände Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Auf deren Rückmeldungen hin wird die Verordnung überarbeitet, anschließend erlassen und verkündet. In Kraft tritt sie circa ein Jahr später. Das heißt: Würde die Verordnung beispielsweise im Juni 2014 verkündet, hätte die Ausbildungsordnung ab 1. Juli 2015 Gültigkeit. Momentan steht jedoch noch kein exaktes Datum fest. Bis auf Weiteres kann also jeder Verband eigene Standards entwickeln und jeder Anbieter seine Qualifizierungen nach seinen Vorstellungen gestalten.