„Natürliches Aroma“: Sechs Produkte fallen bei der Laboranalyse auf
Margarine soll ähnlich wie Butter schmecken. Das machen erst Aromen möglich. Knapp jede zweite Margarine im Test enthält laut Zutatenliste „natürliche Aromen“. Laut EU-Verordnung müssen solche Aromen in der Natur vorkommen, aus natürlichen Ausgangsstoffen und mit natürlichen Verfahren gewonnen worden sein. Ob das zutrifft, haben wir im Labor überprüft. Bei sechs Produkten rückten zwei Aromastoffe in den Fokus: Acetoin und delta-Dodecalacton. Sie entstehen auf natürliche Weise im Milchfett oder beim Reifen der Butter. Sie lassen sich aber auch nachbilden: auf natürlichem Weg etwa durch mikrobielle Fermentation, auf nicht natürlichem Weg durch chemische Synthese.
Moleküle: Eine Frage der Bauform
Beide Moleküle, Acetoin und delta-Dodecalacton, gibt es in zwei unterschiedlichen Bauformen. Die Formen lassen sich im Labor unterscheiden. In der Natur macht eine der Formen den größeren Anteil am Aromastoff aus. Diese Mengen-Konstellation müsste sich in einem natürlich gewonnenen Aromastoff wiederfinden. Dagegen führt synthetische Herstellung zu einer Kombination im Verhältnis von 1 : 1. Chemiker sprechen dann von einem racemischen Gemisch.
Lidl und Landkrone: Abgewertet
Bei Vita D‘or von Lidl und der Bio-Margarine Landkrone wiesen wir ein solches, nicht in der Natur vorkommendes Gemisch nach: racemisches delta-Dodecalacton. Wir fragten die Anbieter, wie sie diesen Aromastoff gewonnen haben. Details sind vertraulich. Sie benannten uns den natürlichen Ausgangsstoff und das Herstellungsverfahren, erläuterten aber nicht, wie daraus ein racemisches Gemisch entstehen soll. Das ist nach jetzigem Wissenschaftsstand auch nicht nachvollziehbar.
Fazit: Wir bewerten den Aromastoff als nicht natürlich. Beide Produkte bekommen Abzüge im Prüfpunkt Deklaration und damit auch in der Gesamtnote.
Becel, Rama, Sanella und Provamel: Nicht bewertet
Auch im Bio-Streichfett Provamel sowie in Becel Gold, Rama und Sanella von Unilever wiesen wir racemische Gemische nach: Acetoin beziehungsweise Acetoinacetat. Wir fragten die Hersteller ebenfalls, mit welchen Verfahren sie das Aroma gewonnen haben. Der Anbieter von Provamel, Alpro, äußerte sich knapp und wenig überzeugend. Unilever schickte uns viele Dokumente. Demnach sollen seine Fermentationsbedingungen zu dem racemischen Gemisch führen. Dadurch entstünde ein von der Natur abweichendes Mengenverhältnis der Moleküle. In der Theorie kann das sein. Unserer Einschätzung nach bräuchte es dazu aber andere, nicht mehr natürliche Herstellungsbedingungen wie einen niedrigeren pH-Wert oder viel Energie. Andere Produkte im Test zeigen: Acetoin lässt sich in nicht-racemischer Form gewinnen.
Fazit: Für uns bleiben Zweifel an der natürlichen Herstellungsweise des Aromas von Provamel, Becel Gold, Rama und Sanella. Die Ausführungen der Anbieter überzeugten uns nicht. Wir können nicht beweisen, dass es sich um kein natürliches Aroma handelt. Darum bewerten wir die Deklaration der Produkte nicht und vergeben keine Gesamtnote.
Übrigens: Unilever bietet Rama seit Juni mit neuer Rezeptur an. Sie kommt nach und nach in die Läden. Rama enthält jetzt weniger Fett als bisher. Und anstelle von „natürlichem Aroma“ steht in der Zutatenliste nur noch „Aroma“.