Margarine im Test

„Natürliches Aroma“: Sechs Produkte fallen bei der Labor­analyse auf

46

Margarine im Test Testergebnisse für 19 Margarine und Streich­fette 08/2017 freischalten

Margarine soll ähnlich wie Butter schme­cken. Das machen erst Aromen möglich. Knapp jede zweite Margarine im Test enthält laut Zutaten­liste „natürliche Aromen“. Laut EU-Verordnung müssen solche Aromen in der Natur vorkommen, aus natürlichen Ausgangs­stoffen und mit natürlichen Verfahren gewonnen worden sein. Ob das zutrifft, haben wir im Labor über­prüft. Bei sechs Produkten rückten zwei Aroma­stoffe in den Fokus: Acetoin und delta-Dodecalacton. Sie entstehen auf natürliche Weise im Milch­fett oder beim Reifen der Butter. Sie lassen sich aber auch nach­bilden: auf natürlichem Weg etwa durch mikrobielle Fermentation, auf nicht natürlichem Weg durch chemische Synthese.

Moleküle: Eine Frage der Bauform

Beide Moleküle, Acetoin und delta-Dodecalacton, gibt es in zwei unterschiedlichen Bauformen. Die Formen lassen sich im Labor unterscheiden. In der Natur macht eine der Formen den größeren Anteil am Aroma­stoff aus. Diese Mengen-Konstellation müsste sich in einem natürlich gewonnenen Aroma­stoff wieder­finden. Dagegen führt synthetische Herstellung zu einer Kombination im Verhältnis von 1 : 1. Chemiker sprechen dann von einem race­mischen Gemisch.

Lidl und Land­krone: Abge­wertet

Bei Vita D‘or von Lidl und der Bio-Margarine Land­krone wiesen wir ein solches, nicht in der Natur vorkommendes Gemisch nach: race­misches delta-Dodecalacton. Wir fragten die Anbieter, wie sie diesen Aroma­stoff gewonnen haben. Details sind vertraulich. Sie benannten uns den natürlichen Ausgangs­stoff und das Herstellungs­verfahren, erläuterten aber nicht, wie daraus ein race­misches Gemisch entstehen soll. Das ist nach jetzigem Wissen­schafts­stand auch nicht nach­voll­zieh­bar.

Fazit: Wir bewerten den Aroma­stoff als nicht natürlich. Beide Produkte bekommen Abzüge im Prüf­punkt Deklaration und damit auch in der Gesamt­note.

Becel, Rama, Sanella und Provamel: Nicht bewertet

Auch im Bio-Streich­fett Provamel sowie in Becel Gold, Rama und Sanella von Unilever wiesen wir race­mische Gemische nach: Acetoin beziehungs­weise Acetoin­acetat. Wir fragten die Hersteller ebenfalls, mit welchen Verfahren sie das Aroma gewonnen haben. Der Anbieter von Provamel, Alpro, äußerte sich knapp und wenig über­zeugend. Unilever schickte uns viele Dokumente. Demnach sollen seine Fermentations­bedingungen zu dem race­mischen Gemisch führen. Dadurch entstünde ein von der Natur abweichendes Mengen­verhältnis der Moleküle. In der Theorie kann das sein. Unserer Einschät­zung nach bräuchte es dazu aber andere, nicht mehr natürliche Herstellungs­bedingungen wie einen nied­rigeren pH-Wert oder viel Energie. Andere Produkte im Test zeigen: Acetoin lässt sich in nicht-race­mischer Form gewinnen.

Fazit: Für uns bleiben Zweifel an der natürlichen Herstellungs­weise des Aromas von Provamel, Becel Gold, Rama und Sanella. Die Ausführungen der Anbieter über­zeugten uns nicht. Wir können nicht beweisen, dass es sich um kein natürliches Aroma handelt. Darum bewerten wir die Deklaration der Produkte nicht und vergeben keine Gesamt­note.

Übrigens: Unilever bietet Rama seit Juni mit neuer Rezeptur an. Sie kommt nach und nach in die Läden. Rama enthält jetzt weniger Fett als bisher. Und anstelle von „natürlichem Aroma“ steht in der Zutaten­liste nur noch „Aroma“.

46

Mehr zum Thema

46 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • PseudoAnonymerNutzer am 20.12.2021 um 15:54 Uhr
    Palmitinsäure

    @Stiftung_Warentest:
    Ich danke Ihnen für die Rückmeldung.
    "Doch bis auf die Palmitinsäure sind die gesättigten Fette vermutlich längst nicht so schädlich, wie lange Zeit behauptet wurde." Quelle: https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/ernaehrung/ernaehrung-welche-oele-sind-gesund-718681.html
    Palmitinsäure ist demnach schädlicher als andere gesättigte Fettsäuren.
    Mit freundlichen Grüßen
    PseudoAnonymerNutzer

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 06.12.2021 um 11:12 Uhr
    Palmitinsäure

    @PseudoAnonymerNutzer: Vielen Dank für Ihren Wunsch zukünftig den Anteil der Palmitinsäure in Margarine separat in der Testtabelle aufzuführen.
    Beim Margarine-Test wie auch bei den Tests von fetthaltigen Lebensmittel allgemein analysieren wir selbstverständlich auch den Gehalt an Palmitinsäure. Palmitinsäure kommt - wie der Name schon sagt - zu großen Anteilen im Palmöl vor, aber nicht nur. Auch z.B. in Olivenöl sind Gehalte von 10 bis 15% sehr häufig. Palmitinsäure zählt zu den gesättigten Fettsäuren, die sich generell ernährungsphysiologisch ungünstig auswirken und die nicht in größeren Mengen verzehrt werden sollten. Ob sich die Palmitinsäure in besonderem Maße aus den gesättigten Fettsäuren negativ hervorhebt, ist unseres Erachtens derzeit nicht klar. Daher haben wir bisher für die Bewertung jeweils die Summe der gesättigten Fettsäuren herangezogen, wodurch wir die Palmitinsäure auch mitbewertet hatten. Falls sich die Studienlage und die Einschätzung durch wissenschaftliche Fachgesellschaften ändern sollte, würden wir dies in Zukunft selbstverständlich berücksichtigen.

  • PseudoAnonymerNutzer am 05.12.2021 um 12:01 Uhr
    Erhebung von Palmitinsäure bei neuen Test

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    könnten Sie in einem etwaigen neuen Test den Anteil der Palmitinsäure (insb. aufgrund des Palmöls) mit erheben? Diese gesättigte Fettsäure ist gesundheitlich besonders mit Vorsicht zu genießen (am besten gar nicht). Das wäre sehr hilfreich.
    Mit freundlichen Grüßen
    AnonymerUser

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.12.2021 um 09:19 Uhr
    Natürliches Aroma

    @hubermax11: Es ist etwas komplizierter. Keinesfalls ist es so, dass ein racemisches Gemisch (also im Verhältnis 1:1) immer eine synthetische Herstellung anzeigt. Wie Sie völlig richtig schreiben, gibt es Fälle, in denen die Natur selbst für ein Racemat sorgt. Je nach dem welchen Naturstoff man betrachtet, gibt es allerdings auch Gegenbeispiele. Bei manchen Aromastoffen überwiegt in der Natur tatsächlich immer eines der beiden "Spiegelbilder" deutlich. Oft bleibt dieses Verhältnis auch nach der Aromastoff-Gewinnung noch so erhalten und ist analytisch messbar. Daher schauen wir uns jeden Einzelfall genau an und ziehen aktuelle Fachliteratur zu Rate, bevor wir ein racemisches Gemisch eines Aromastoffs als "nicht natürlich" bewerten.

  • hubermax11 am 01.12.2021 um 21:20 Uhr
    Natürliches Aroma

    Ich halte die Argumentation von Test für falsch. So ist es bei der Milchsäure schon ewig bekannt, dass verschiedene Bakterien unterschiedliche Mischungen herstellen. Lactobacillus acidophilus stellt ein Racemat her. Daher ist ein Racemat keinesfalls ein Hinweis auf synthetische Herstellung.