Säure­blocker Dauer­anwendung kritisch hinterfragen

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Säure­blocker - Dauer­anwendung kritisch hinterfragen

Auch rezept­frei. Diese Säure­blocker sind ohne Rezept erhältlich; andere in höherer Dosierung und größeren Packungen müssen ärzt­lich verordnet werden. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Oft verschrieben, aber längst nicht bei jedem Magenleiden sinn­voll: Wer Säure­blocker wie Pantoprazol oder Omeprazol lang­fristig einnimmt, sollte den Einsatz prüfen.

Verordnungen auf hohem Niveau

Deutsche Ärztinnen und Ärzte verschrieben laut aktuellem Arznei­ver­ordnungs-Report im Jahr 2020 rund 3,7 Milliarden Tages­dosen Magen­schutz­mittel, sogenannte Protonenpumpenhemmer. Damit liegen die Verordnungs­zahlen um 70 Prozent höher als noch vor zehn Jahren, sind seit 2017 aber stabil.

Der tatsäch­liche Verbrauch dürfte noch größer sein: Denn die Wirk­stoffe wie Omeprazol, Pantoprazol oder Esomeprazol stehen teils auch rezept­frei zur Verfügung.

Protonenpumpenhemmer gelten als Alleskönner

Säureblocker unterdrücken die Bildung von Magensäure fast voll­ständig. Zwar nimmt die Zahl der Menschen zu, die an der Refluxkrankheit leiden, bei der Betroffene die Mittel oft einnehmen. Das allein kann die anhaltend hohe Zahl der Verordnungen aber nicht erklären. Es liegt wohl auch daran, dass die Mittel als Alleskönner gelten und selbst bei Magen­problemen ohne klare Diagnose oder Reizdarm einge­setzt werden.

Hinweise auf Risiken bei Dauer­anwendung

Generell sind die Wirk­stoffe gut verträglich. Bei Lang­zeit­einnahme gibt es jedoch aus Studien Hinweise auf Risiken – etwa auf ein erhöhtes Risiko für Speise­röhrenkrebs, Knochenbrüche, Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen, Lungen­entzündung sowie Darm­infektionen. Der säurelose Magen erleichtert den auslösenden Bakterien wohl den Eintritt in den Körper.

Studien­ergeb­nisse mit Unsicherheiten

Die Risiko­daten sind aber mit Unsicherheiten behaftet: Sie stammen über­wiegend aus Beob­achtungs­studien und können deshalb einen ursächlichen Zusammen­hang nicht sicher nach­weisen. Patienten, denen Säure­blocker verordnet werden, sind häufig älter oder kränker als Nicht­anwender.

Gefahr eines Vitamin-B12-Mangels

Bekannt ist außerdem, dass Magen­schutz­mittel lang­fristig einen Mangel an Vitamin B12 begüns­tigen können. Die Aufnahme des Vitamins aus der Nahrung erfordert Magensäure. Das gilt auch für Magnesium, Eisen und Kalzium.

Mangelt es an Kalzium, kann Osteoporose entstehen, was wiederum das bereits beschriebene Risiko für Knochenbrüche erhöht. Zudem können sich die Säure­blocker darauf auswirken, wie andere Arznei­mittel in den Körper aufgenommen werden.

Dauer­anwendung von Magen­mitteln über­prüfen

Ärztinnen und Patienten sollten die lang­fristige Einnahme von Säure­blockern kritisch prüfen: Ihr Nutzen ist zum Beispiel nicht belegt bei einer prophylaktischen Einnahme, um stress­bedingten Magen­schmerzen vorzubeugen.

Problematisch ist außerdem, dass Patienten bei einem Kranken­haus­auf­enthalt routine­mäßig ein Magen­schutz­mittel bekommen, das sie häufig ohne Grund nach der Entlassung weiter nehmen. Auch bei Verdauungs­beschwerden wie Druck in der Magen­gegend, Sodbrennen, Völlegefühl und Aufstoßen ist eine Dauer­anwendung nicht angebracht.

Tipp: Rezept­freie Magen­schutz­mittel gegen Sodbrennen sollten Sie ohne ärzt­lichen Rat höchs­tens dreimal im Jahr für maximal zwei Wochen nehmen.

Die Dosierung sollte möglichst nied­rig sein

Mediziner sollten Protonenpumpenhemmer nur gezielt bei zugelassenen Indikationen verordnen. Die Arznei­mittel­experten der Stiftung Warentest bewerten sie als geeignet bei anhaltendem Sodbrennen, Speiseröhrenentzündung sowie Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren.

Außerdem sind sie vorbeugend sinn­voll, wenn Patienten etwa bei Gelenk­erkrankungen lang­fristig Schmerz­mittel nehmen müssen, was Magen- und Zwölffingerdarm­geschwüre auslösen kann. Die Dosis ist möglichst nied­rig zu wählen und die Notwendig­keit regel­mäßig zu prüfen.

Tipp: Lassen Sie sich ärzt­lich beraten, ob die Einnahme eines Säure­blockers in Ihrem Fall noch sinn­voll ist. Vielleicht können Sie das Mittel weglassen oder die Dosis reduzieren. Wichtig ist, dass der Arzt dabei Ihre gesamte Medikation im Blick hat.

Magen­schutz­mittel nicht abrupt absetzen

Unüber­legt und abrupt sollten Patienten ein Magen­schutz­mittel nicht von ihrer Medikamenten­liste streichen. Sonst können nach längerer Anwendung Sodbrennen oder andere säurebe­dingte Magen­beschwerden stärker auftreten als vorher. Denn durch den Wegfall der Säure­blockade kommt es zu einer vermehrten Magensäure­produktion.

Tipp I: Reduzieren Sie in Absprache mit Ihrem Arzt die Dosis nach und nach: Halbieren Sie sie etwa für eine oder zwei Wochen. Oder nehmen Sie den Säure­blocker im Wechsel mit einem säurehemmenden Mittel. Die reduzierte Dosis können Sie dann eine weitere Woche nur noch jeden zweiten Tag nehmen. Schließ­lich können Sie versuchen, sie ganz wegzulassen.

Tipp II: Teilen Sie nicht einfach Tabletten oder Kapseln. Viele sind mit einem säure­stabilen Über­zug ausgestattet, damit sie sich nicht schon im Magen auflösen, sondern erst im Dünn­darm: Dort nimmt der Körper die Wirk­stoffe auf und trans­portiert sie über das Blut zu ihrem Wirk­ort. Wählen Sie statt­dessen nied­riger dosierte Kapseln oder Tabletten.

Eine Ausnahme sind sogenannte Multi-Unit-Pellet-Systeme – erkenn­bar an der Abkür­zung „MUPS“. Dabei ist der Wirk­stoff in kleine Kügelchen (Pellets) verpackt. Diese können Sie zer­brechen. Pellets aber nicht zerbeißen und kauen.

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ratiopharm am 10.03.2023 um 17:16 Uhr
Säureblocker Wasser

Jahrelang habe ich nach dem Abendessen regelmäßig nach einer halben Stunde oder länger brennen im Magen bekommen. Ich nahm lange Zeit Rennie auch mal nacheinander 2 Tabletten. Ich ahbe es auch mit kalter Milch probiert, die ich mit Todesverachtung hinunter schluckte. Eines Tages habe ich schluckweise kaltes Leitungswasser getrunken immer wieder bis das Brennen im Magen aufhörte. Das brauchte vielleicht ein volles Glas Wasser, dann wars vorbei. Irgenwann war es damit vorbei und wenn es mal wieder vorkommt, dann mach ich es wie gewohnt, aber es braucht kein volles Glas Wasser ein paar Schlucke reichen mir. Ich weiß aber nicht wann es das letzte Mal war, es muß schon lange her sein. Ursache muß eine klaffende Magenöffnung sein, denn es gibt Tage da habe ich eine belegte Stimme, weil bei Nacht die Magensäure in der Atemluft die Stimmbänder erreicht und meine Stimme dann dadurch belegt ist. Angeblich kann man durch Ingwer essen diese Öffnung wieder schließen, aber das gibt Durchfall bei m

silconer am 24.11.2019 um 16:09 Uhr
Antazida

Ich nehme nur noch selten PPIHemmer
und kann mir gut helfen mit den Magenpastillen von Zirkulin. Meines Erachtens die besten Antazida. Helfen sofort und bei Bedarf. Frei verkäuflich z.B. bei K u.K ,Rewe oder Rossmann.
Ich weiß wovon ich rede,habe eine Refluxösophagitis und einen Zwerchfellbruch!

schnellie am 04.09.2019 um 23:02 Uhr
Heilerde enthält Aluminium!

Da Heilerde oft ca. 4% Aluminium enthält, sollte man eine regelmäßige Einnahme stark überdenken und mit dem Arzt über die Risiken sprechen!
Kleiner Hinweis: Aluminium in Deos wollen viele nicht mehr haben, aber schlucken es mit "Heilerde" und Betonit direkt!

Mopsos1960 am 03.10.2018 um 17:40 Uhr
Heilerde als Säureblocker

Ich leide aufgrund einer kleinen Anomalie des Magenpförtners an Reflux, besonders abends und nachts, auch wenn ich weitestgehend auf schweres Essen verzichte. Nach einer gastroenterologischen, fachärztlichen Untersuchung erhielt ich Omeprazol, um mir bei Beschwerden, wegen der auch hier beschriebenen Risiken nicht dauerhaft!, Linderung zu verschaffen. Leider reagierte ich auf Omeprazol mit erhöhter Flatulenz und Durchfall. Alternativ probierte ich Luvos Heilerde extrafein: bei Sodbrennen 1 Messlöffel in einem Glas warmen Wasser verrührt. Damit habe ich keine Beschwerden oder Nebenwirkungen, Hausarzt und Gastroenterologe sind zufrieden - perfekt.

Gelöschter Nutzer am 17.08.2018 um 10:52 Uhr
@Stiftung_Warentest

Die 14 Tage stehen also im Beipackzettel, um zu verdeutlichen, dass längerandauernde Beschwerden einer ärztlichen Abklärung bedürfen. Die 3 x stammen von der SW, um diese Aussage nochmals zu unterstreichen.
Danke, diese Aussage ist nachvollziehbar und verständlich und jetzt kann ich sie auch einordnen.